Alles nur wegen "Fehlinformationen"? – Fragen zum Vorgehen gegen RT DE-Kanäle
von Tilo Gräser
Videos von RT DE und Der Fehlende Part sind nicht mehr auf der zum Google-Konzern gehörenden Plattform Youtube zu sehen. Sie wurden am 28. September gelöscht, weil angeblich Regeln der Plattform verletzt wurden. Das geschah ohne Vorwarnung, während als Grund angebliche "schwere oder wiederholte" Verstöße gegen die Richtlinien der Plattform angegeben wurden.
Erst am 21. September, unmittelbar vor der Bundestagswahl am 26. September, hatte RT DE von Youtube einen sogenannten Strike bekommen. Dadurch konnten auf dem Kanal eine Woche lang keine Videos hochgeladen werden. Diese Sperre hätte am 29. September geendet, doch stattdessen wurde der Kanal von RT DE als auch der vermeintliche Ausweich-Kanal Der Fehlende Part gelöscht.
Beobachter sehen das in Verbindung mit dem Vorgehen der Plattform-Verantwortlichen, alle angeblichen falschen Informationen zu Impfstoffen aller Art aussperren zu wollen. Das wurde am 30. September von der Tochtergesellschaft von Google LLC angekündigt. Zuvor war nur im Zusammenhang mit der COVID-19-Impfkampagne verwarnt und gesperrt worden. Allerdings waren schon Kanäle alternativer Medien wie KenFM gelöscht worden.
Angebliche Falschinformation
Google LLC begründet das Vorgehen unter anderem seit Mai 2020 in einer "Richtlinie zu medizinischen Fehlinformationen über COVID-19": "Auf Youtube sind keine Inhalte in Bezug auf COVID-19 erlaubt, die ein ernsthaftes Risiko erheblicher Gefährdung mit sich bringen. Auf Youtube sind keine Inhalte erlaubt, die medizinische Fehlinformationen zu COVID-19 verbreiten, die im Widerspruch zu medizinischen Informationen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) oder lokaler Gesundheitsbehörden stehen."
"Wir haben stetig gesehen, wie falsche Behauptungen über Coronavirus-Impfstoffe sich ausdehnen zu Falschinformationen über Impfstoffe grundsätzlich", erklärte Youtube laut der Tagesschau der ARD.
"Wir sind jetzt an einem Punkt, an dem es wichtiger ist denn je, die Arbeit, die wir mit COVID-19 begonnen haben, auf andere Impfstoffe auszuweiten."
Um welche Art von "Fehlinformation" es sich handelt, zeigen die vier Podcasts von RT DE, die am 21. September von Youtube einen "Strike" bekamen. Es waren jeweils vertonte Beiträge, die in Textform von Februar bis August dieses Jahres bereits erschienen waren.
Korrekte Wiedergabe
Im ersten der betroffenen Podcasts wurde wiedergegeben, was der Epidemiologe Friedrich Pürner im Interview mit RT DE im Februar sagte. Pürner war Leiter des Gesundheitsamtes im bayrischen Aichach-Friedberg bei Augsburg. Nachdem er sich bereits im vergangenen Herbst zu einigen Punkten der Corona-Politik kritisch geäußert hatte, folgte ein unfreiwilliger beruflicher Wechsel zum Landesinstitut für Gesundheit in Oberschleißheim.
Im Text wurde darauf hingewiesen, dass der Arzt "alles andere als ein Corona-Leugner" ist: "Vielmehr übt er aus fachlicher Sicht Kritik am Umgang mit dem Virus. So sieht er beispielsweise für das offizielle Narrativ einer ‚dritten Welle‘ keine hinreichende Basis."
Pürner weiter: "Man muss wissen, dass die Grippewelle genau definiert ist. (…) Bei Corona haben wir das nicht. Wir testen die Menschen und die positiven Labormeldungen werden aufsummiert. Insofern gibt es keine klare Definition, was eine Welle ist bezüglich Corona. (…) Ich mag das Wort 'Welle' nicht. Das hat so etwas Dramatisches und verängstigt nur die Menschen."
Im weiteren Verlauf des Interviews machte der ehemalige Gesundheitsamtschef auf weiteres aus seiner fachlichen Sicht Kritikwürdiges aufmerksam. Dazu gehörte, dass Politikvertreter oftmals nur mit Vermutungen über die COVID-19-Pandemie und weniger mit Fakten an die Öffentlichkeit gingen. Pürner widersprach fachlich begründet offiziellen Erklärungen, auch zu der Impfkampagne gegen COVID-19: "Ich kann nur immer jedem Arzt empfehlen und raten: Bitte klärt die Leute gut auf, die ihr impft."
Deutliche Zweifel
Seine im Interview geäußerte Warnung davor, die Gesellschaft in "Geimpfte" und "Ungeimpfte" zu spalten, hat er inzwischen in dem Buch "Diagnose Panikdemie" bekräftigt. Was an seinen fachlich begründeten Aussagen "Falschinformationen" sind, müssten die Youtube-Verantwortlichen erklären.
Das gilt ebenso für den zweiten betroffenen Podcast auf Grundlage eines Beitrages von RT DE. In diesem wurde im Mai berichtet, der Geschäftsführer des größten griechischen Pharmakonzerns VIANEX S.A., Dimitris Giannakopoulos, wolle sich nicht gegen COVID-19 impfen lassen. Er hatte laut einem Bericht eines griechischen Magazins über Instagram mitgeteilt, dass er sich nicht impfen lassen will, weil er nicht möchte, dass seine DNA verändert wird.
Konkret schrieb Giannakopoulos in seinem Beitrag laut dem Magazin: "Viele fragen mich, ob ich geimpft bin und welchen Impfstoff ich bekommen habe. Nein, habe ich nicht und werde ich nicht. Nicht, weil ich Angst habe, sondern weil ich nicht will, dass meine DNA verändert wird."
Das hatte das deutsche Onlinemagazin Telepolis aufgegriffen, was dann von RT DE wiedergegeben wurde. "An mangelnder Expertise dürfte es nicht liegen", hieß es bei Telepolis zu den Aussagen des VIANEX-Geschäftsführers. "Er ist nicht der einzige Impfskeptiker aus dem griechischen Pharma-Sektor. Auch der Vize-Gesundheitsminister der ehemaligen Syriza-Regierung von Alexis Tsipras, Pavlos Polakis, gesellt sich in das Lager derer, die einer allgemeinen Impfpflicht skeptisch gegenüberstehen."
Journalistische Sorgfalt
Im RT DE-Beitrag und dem darauf aufbauenden Podcast wurden alle Angaben korrekt wiederholt – und es wurde auf die Quellen hingewiesen. Das entspricht der journalistischen Sorgfaltspflicht – während es sich für die Youtube-Wächter dabei angeblich um "Falschinformationen" handelt.
Nicht anders sieht es beim dritten Podcast aus, der im Juni dieses Jahres den Bericht über die 56. Sitzung der "Stiftung Corona-Ausschuss" wiedergab. Diese beschäftigte sich ein weiteres Mal mit den sogenannten Corona-Schutzimpfungen, wozu sich eine Reihe von Wissenschaftlern und Ärzten äußerte.
Auch in dem Fall wurden die Zitate von den Fachleuten korrekt wiedergegeben, die ihre Aussagen fachlich und sachlich begründeten. Zugleich wurden die jeweiligen Informationen – wenn möglich – mit Links zu weiteren Quellen versehen, damit sich die Leser selbst informieren können. Hierbei handelt es sich ebenfalls um eine korrekte journalistische Vorgehensweise. Aber vielleicht störte der Inhalt, der in der Überschrift "Corona-Ausschuss: 'Nehmt das Zeug vom Markt'." deutlich zusammengefasst wurde.
Fundierte Kritik
Das kann ebenso im vierten Fall vermutet werden, bei dem ein Podcast den Anlass für einen Youtube-"Strike" gab. Hier wurde ein Beitrag über Aussagen des Schweizer Immunologen Beda Stadler wiedergegeben. Die basierten auf Interviews und Beiträgen des renommierten Wissenschaftlers in Schweizer Medien, in denen dieser unter anderem erklärte, der PCR-Test sei kein "Test, um Infektionen nachzuweisen".
Stadler begann frühzeitig, die Schweizer Corona-Politik als unverhältnismäßig zu kritisieren, was er bis heute tut – auch nach seiner überstandenen COVID-19-Erkrankung. Die war nach seinen Aussagen die Folge eines Krankenhausaufenthaltes wegen schwerer Hirnoperationen mit künstlichem Koma. Der Immunologe gehört nun zu den Genesenen und mischt sich wieder in die öffentliche Debatte ein.
Er ist wie eine Reihe anderer Kritiker der Corona-Politik kein Gegner der sogenannten Impfungen, ganz im Gegenteil. Aber er schrieb auch: "Im Normalfall ist man gegen einen pathogenen Keim besser geschützt, wenn man die Krankheit durchgemacht hat, als wenn man bloß geimpft ist." Im RT DE-Beitrag zu Stadlers Äußerungen wurde daneben aber auch über Kritik an dieser Sichtweise berichtet.
Fragwürdige Gründe
Dabei wurde auf eine große Gruppe von Schweizer Medizinern und Wissenschaftlern hingewiesen, die sich "für eine ehrliche Wissenschaft und für transparente Information" einsetzen. Sie fordern "wissenschaftliche und medizinische Verhältnismäßigkeit und Wahrheit". Sie sprechen sich außerdem für "einen sofortigen Stopp der unsicheren Impfstoffe" aus, "da sie aufgrund aktueller wissenschaftlicher Erkenntnisse unsicher, unwirksam und unnötig sind".
War es das, was aus Sicht der Inhaltskontrolleure bei Youtube angeblich die "Falschinformationen" waren, mit denen gegen die Plattform-Regeln verstoßen worden sein soll? Das lässt sich nur vermuten, weil der Grund für die "Strikes" am 21. September nicht ausführlich und mit konkreten Angaben beschrieben wurde. Fakt ist, dass alle anscheinend willkürlich ausgewählten und angemahnten Beiträge die Anforderungen an die journalistische Sorgfaltspflicht erfüllen, wie sie der Deutsche Presserat in seinem Pressekodex beschrieben hat.
Welche Gründe die Verantwortlichen der Onlineplattform Youtube tatsächlich zu ihrem Vorgehen gegen RT DE und andere alternativen Medien bewogen haben, kann nur vermutet werden. Manches deutet auf Interessen bei Politikern und bei konkurrierenden Medien hin, die wie Google LLC und dessen Muttergesellschaft Alphabet Inc. längst Teil des Netzwerkes der Macht sind.
Mehr zum Thema - Berufung eingelegt: RT DE und DFP gehen gegen Youtube-Sperre vor
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Information:
Das Virus SARS-CoV-2 löst laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) die Atemwegserkrankung COVID-19 aus. Am 11. März 2020 hat die WHO eine Pandemie ausgerufen. Grundlage dafür ist die weltweit starke Ausbreitung einer Infektionskrankheit mit hohen Erkrankungszahlen und in der Regel auch mit schweren Krankheitsverläufen. Nach offizieller Einschätzung handelt es sich um ein gefährliches Virus sowie um eine Krankheit, die vor allem für sogenannte Risikogruppen tödlich ausgehen kann. Generell gilt, dass neben Impfungen Corona-Maßnahmen wie Kontaktbeschränkungen und die AHA+A+L-Regeln – Abstand halten, Hygieneregeln beachten, Alltag mit Maske, die Nutzung der Corona-Warn-App und regelmäßiges Lüften – essentiell sind. Auch die regelmäßige Verwendung von PCR-Tests, um potenziell infizierte Personen zu identifizieren, damit diese sich in Quarantäne begeben können, wird von den Behörden als sinnvoll erachtet, um die Ausbreitung des SARS-CoV-2-Erregers zu ermitteln. Die Erklärungen der WHO und des für Deutschland zuständigen Robert Koch-Institutes zum Virus und zur Pandemie finden Sie hier und hier.
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