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Flüchtlinge in der Ägäis: Bundespolizei soll sich an illegalen Pushbacks beteiligt haben

Frontex-Einheiten stoppen wiederholt Flüchtlingsboote und übergeben sie anschließend an die griechische Küstenwache. Ein internes Dokument deutet nun an, dass Horst Seehofer offenbar eine illegale Zurückweisung von Flüchtlingen gedeckt haben soll.
Flüchtlinge in der Ägäis: Bundespolizei soll sich an illegalen Pushbacks beteiligt habenQuelle: Reuters © Umit Bektas

Ein internes Dokument legt nahe, dass die Bundespolizei in der Ägäis in eine illegale Zurückweisung von Flüchtlingen verwickelt gewesen ist. Im Auftrag der EU-Grenzschutzagentur Frontex patrouillierten die deutschen Einsatzkräfte am 10. August in der Ägäis, nur wenige Hundert Meter von der griechischen Insel Samos entfernt. Dabei entdeckten sie ein Schlauchboot mit 40 Flüchtlingen an Bord. Auftragsgemäß hielten sie an, nahmen die Menschen von dem völlig überfüllten Boot allerdings nicht an Bord.

Stattdessen warteten sie mehr als eine halbe Stunde, bis die griechische Küstenwache das Schlauchboot übernahm. Wenig später fanden sich die Flüchtlinge in türkischen Gewässern wieder. So beschreiben es interne Dokumente der EU-Grenzschutzagentur Frontex, die dem Spiegel vorliegen. Die türkische Küstenwache musste die 40 Migranten später retten. Die Menschen sollen von den griechischen Grenzschützern illegal zurückgedrängt worden sein. Eine Sprecherin von Bundesinnenminister Horst Seehofer war sichtlich nervös, als sie sich Ende November den Fragen der Journalisten zu dem Pushback der Flüchtlinge stellen musste. "Ich weiß nicht, wie Sie zu der Einschätzung kommen, dass es sich hierbei um einen illegalen Pushback gehandelt hat", sagte sie damals.

Seit Juni recherchierte das Hamburger Magazin mit der Medienorganisation Lighthouse Reports und dem ARD-Fernsehmagazin "Report Mainz" und dokumentierte, wie die griechischen Pushbacks ablaufen: Die Küstenwache fängt die Migranten meist noch auf dem Meer ab. Manchmal zerstört sie laut diesen Berichten die Außenbordmotoren der Schlauchboote, um diese manövrierunfähig zu machen. Dann werden die Schutzsuchenden mit gefährlichen Manövern Richtung Türkei zurückgedrängt. Griechische Grenzschützer sollen die Geflüchteten mit Waffen bedrohen, nicht selten würden Schüsse fallen. Die New York Times berichtete bereits im November über die Grenzbehörde der Europäischen Union, die an illegalen Pushbacks von Migranten und deren Zurückdrängung in die Türkei beteiligt gewesen sein soll.

Frontex-Einheiten stoppen wiederholt Flüchtlingsboote und sollen sie sie anschließend an die griechische Küstenwache übergeben haben. Seit Anfang März soll das so gehandhabt werden. Die Einsatzkräfte von Frontex, darunter deutsche Bundespolizisten, unterstehen in der Ägäis der griechischen Küstenwache.

"Das Innenministerium scheint sich zum Komplizen der Griechen zu machen. Dazu müssen sowohl Frontex als auch Innenminister Seehofer dem Bundestag Rede und Antwort stehen", sagte Frank Schwabe, menschenrechtspolitischer Sprecher der Sozialdemokraten. Auf Anfrage teilte das Innenministerium mit, dass eine abschließende Bewertung des Sachverhaltes aufgrund der vorliegenden Informationen nicht möglich sei. Die Bundespolizei habe sich jedenfalls nicht an illegalen Pushbacks beteiligt, hieß es.

Auch SPD-Vize Kevin Kühnert schaltete sich in die Debatte ein. Durch die schriftlich festgehaltenen Erkenntnisse der eigenen Beamten festige sich der Eindruck, dass es in der Ägäis in der Tat zu Pushbacks komme, erklärte er. Deshalb müsse Seehofer nun politisch reagieren. Neben Seehofer gerät auch Frontex-Chef Fabrice Leggeri durch die Beobachtungen der deutschen Polizisten in Erklärungsnot. Bis heute beteuert Leggeri, dass sich seine Grenzschützer weder an Pushbacks beteiligen noch von diesen wissen. Daran zweifelt aber inzwischen selbst die EU-Kommission. Der Chefredakteur der Wiener Wochenzeitung Falter hatte bereits im Oktober über illegale Pushbacks von Flüchtlingen berichtet.

Die EU-Kommission wirft Leggeri in einem Brief irreführende Aussagen vor. In dem Streit geht es um den Einsatz von Beobachtern für die Einhaltung der Menschenrechte. Eigentlich hätte Frontex bis spätestens 5. Dezember 40 Mitarbeiter einstellen sollen, die darauf achten, dass die Rechte von Migranten an Europas Grenzen gewahrt werden.

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