Ist das Haus Gottes noch ein Zufluchtsort? Eine unterdrückte Rede zu kirchlicher Ausgrenzung

Wenn christliche Gemeinden am Heiligen Abend andächtig "Stille Nacht" anstimmen, werden sie das Klopfen ihrer ungeimpften Brüder und Schwester an der Kirchenpforte hören, die um Einlass flehen. Eine nicht-gehaltene Rede zur dammbrechenden Entscheidung des Berliner Erzbistums, in der Advents- und Weihnachtszeit nur noch Geimpfte und Genesene zu Exklusivgottesdiensten zuzulassen.
Ist das Haus Gottes noch ein Zufluchtsort? Eine unterdrückte Rede zu kirchlicher AusgrenzungQuelle: www.globallookpress.com © Christian Ditsch via www.imago-i

von Prof. Dr. Kai-Alexander Schlevogt

Nach dem heutigen Gottesdienst in der Herz-Jesu-Kirche in Berlin-Zehlendorf sprach mich eine verzweifelte Frau mit den folgenden Worten an: "Ich bin 82 Jahre alt und an Krebs erkrankt. Ich darf mich nicht impfen lassen. Ich habe der Kirche im Ehrenamt jahrzehntelang treu gedient. Jetzt, am Ende meines Lebens, darf ich selbst am Heiligabend nicht mehr in die Messe gehen. Was soll ich bloß tun?" Danach brach die alte Dame vor der mächtigen Kirchenpforte in herzzerreißende Tränen aus. Ich nahm sie in den Arm und tröstete sie.

Eigentlich wollte ich nach der Mitteilung des Berliner Erzbistums, unter dem Kürzel "2G" in der Advents- und Weihnachtszeit nur noch Geimpfte und Genesene zu Exklusivgottesdiensten zuzulassen, eine Stellungnahme in der Gemeinde Herz-Jesu-Zehlendorf abgeben. Eine im Kirchenvorstand tätige Frau, die sonst immer für die "Demokratisierung" kirchlicher Strukturen geworben hat, verweigerte mir aber diese Gelegenheit.

Daraufhin baten mich kritisch denkende Gemeindemitglieder um den Wortlaut meiner Rede, die hier in gekürzter Form abgedruckt wird, da sie auch von grundsätzlicher gesellschaftlicher und kirchenpolitischer Bedeutung sein könnte:

"Liebe Brüder und Schwestern,

da der Papst grundsätzlich eine größere Beteiligung des Kirchenvolkes angeregt hat, möchte ich eine kurze Stellungnahme zum 2G-Beschluss des Berliner Erzbischofs, Dr. Heiner Koch, abgeben. Ich habe mich nach reiflicher Überlegung zu diesem Schritt entschlossen, weil es wohl für lange Zeit das letzte Mal sein wird, dass wir alle gemeinsam an einem Ort versammelt sein werden und die Geimpften einen Fürsprecher der Ungeimpften hören können.

Mein Name ist Kai-Alexander Schlevogt. Ich war unter anderem Professor für strategische Führung an der St. Peterburger Universität mit einer Spezialisierung in Krisenmanagement – einem Fach, das in der derzeitigen Corona-Apokalypse von besonderer Bedeutung ist.

Gerade an dem heutigen Christkönigsfest verkündet die Kirche, dass sie dem Staat in vorauseilendem Gehorsam zuvorkommen möchte und diskriminierende Zwangsmaßnahmen ergreifen wird, die noch über die staatlich verordneten drastischen Freiheitsbeschränkungen hinausgehen und einen kirchenpolitischen Dammbruch darstellen.

Jesus ist zu den Aussätzigen des Alten Bundes gegangen, hat sie getröstet, hat sie befreit. Die heutige Kirche aber, die zur Christusnachfolge aufgerufen ist, grenzt selbst ihre eigenen Brüder und Schwester aus. Sie möchte ihnen den Zugang zum Tisch des Herrn verweigern – und dies, obwohl diese Brüder und Schwestern gesund sind.

Die meisten von Ihnen sind vollständig geimpft. Wovor haben Sie dann Angst, wenn der Impfstoff doch so wirksam ist? Wenn man aber glaubt, dass der Impfstoff nicht ausreichend schützt, warum übt man dann enormen Druck auf Ungeimpfte aus, sich impfen zu lassen? Man muss sich entscheiden – glaubt man an die Wirksamkeit des Vakzins oder nicht – und dann die logischen Konsequenzen daraus ziehen.

Die Ungeimpften sind Ihre Brüder und Schwestern – sie sind keine Schädlinge, Volksfeinde oder einheimische Terroristen! Es sind Menschen, die nach sorgfältiger persönlicher Risikoabwägung entschieden haben, sich zurzeit nicht mit genbasierten, nur bedingt zugelassenen Experimentalimpfstoffen impfen zu lassen, für die die Pharmaindustrie selbst jegliche Haftung ablehnt und deren langfristigen Nebenwirkungen nicht bekannt sind. Sie möchten keine Präparate in ihren Körper einspritzen lassen, die mit den sterblichen Überresten abgetriebener kleiner Menschen entwickelt worden sind. Es ist möglich, dass die Präventivmaßnahmen schlimmere Folgen zeitigen werden als die Krankheit selbst.

Die Ungeimpften sind gesunde Menschen – dennoch will die Kirchenführung die Türen vor ihnen verschließen und Exklusivgottesdienste für die neuen Auserwählten abhalten. Dass vereinzelt noch 3G-Gottesdienste angeboten werden sollen – von denen in den schriftlichen Mitteilungen der Gemeinde nichts zu lesen war – ändert nichts an der Tatsache, dass Brüder und Schwestern von bestimmten Gottesdiensten einfach ausgeschlossen werden. Und zum Zwecke der Überprüfung sollen sogar Personalausweisdaten registriert werden – solch eine einschneidende Kontrollmaßnahme hätte es noch nicht einmal in der DDR gegeben. Nach diesem Dammbruch ist es lediglich eine Frage der Zeit, bis nur noch 2G-Gottesdienste angeboten werden, denn es ist unlogisch, einerseits aufgrund der angeblichen Dringlichkeit der epidemischen Lage auf 2G umzustellen, aber gleichzeitig noch weiter 3G-Gottesdienste zu feiern.

Wenn man befürchtet, dass die Ungeimpften mit dem Coronavirus infiziert sein könnten, dann kann man sie doch vor dem Gottesdienstbesuch testen. Dann müsste man allerdings auch alle Geimpften testen, denn diese – so argumentieren namhafte Virologen – könnten genauso ansteckend sein wie die Ungeimpften (und ebenso schwere Krankheitsverläufe erleiden, wie man unter anderem an den Todesstatistiken in Bezug auf Vollgeimpfte erkennt). Folgt man dieser Logik, wäre konsequentes Testen aller Personen unter Pandemieschutzgesichtspunkten effektiver als der ausschließliche und unterschiedslose Einlass aller geimpften und genesenen Personen. Die 2G-Regel wäre unter diesen Annahmen hinsichtlich der Seuchenbekämpfung überflüssig und somit sinnlos. Als einziges Motiv für die 2G-Selektion bliebe dann nur noch, durch Bestrafung Druck auf Ungeimpfte auszuüben, was aber sicherlich nicht Aufgabe der Kirche (und auch nicht des Staates oder anderer Akteure) ist. Oder glaubt man etwa nicht an die Validität der unterschiedlichen COVID-19-Tests? Wenn diese Tests aber nicht valide sind, dann wird das gesamte Corona-Narrativ unlogisch und widersinnig.

Wie werden sich Menschen im Gottesdienst fühlen, deren ungeimpfte Familienmitglieder nicht mehr an der Messe teilnehmen können? Dann wird der Ehemann einsam auf der Kirchenbank sitzen, während die Ehefrau zu Hause bleiben und sich einen Fernsehgottesdienst anschauen muss, ohne die Möglichkeit zur Kommunion zu haben, auf die sie ein Anrecht hat!

Wie werden Sie sich fühlen, wenn ab nächstem Sonntag der Platz neben Ihnen, auf dem jahrelang ein treues Kind Gottes saß und Ihnen den Friedensgruß gab, leer bleiben wird – wie damals, als plötzlich in der Universität und anderswo der Platz von Samuel und Aaron leer blieb? Wer ein komplexes Problem ungerechtfertigterweise vereinfacht und eine hilflose Minderheit als Sündenbock für das Problem verantwortlich macht und verfolgt, der handelt ungerecht. Dumme Menschen, so heißt es, suchen Schuldige, kluge Menschen dagegen suchen Lösungen.

Wie werden Sie sich fühlen, wenn Sie am 24. Dezember 2021 andächtig und ehrfürchtig "Stille Nacht" in Herz-Jesu anstimmen und gleichzeitig das verzweifelte Klopfen der Ungeimpften an den Kirchenpforten hören werden? Wie werden Sie reagieren, wenn Sie andere Gemeindemitglieder in der kalten, schneeumwirbelten Winternacht inständig flehen hören: "Lasst uns herein! Wir wollen die Geburt Christi – mit unseren Brüdern und Schwestern zusammen – feiern"? Wie wird Gott über sein Volk denken, wenn er von seiner Himmelswarte dieses unsägliche Trauerspiel auf Erden sehen wird?

Ich stelle mir die Frage: Wohin sollen die Ausgegrenzten überhaupt noch gehen, an wen sollen sie sich noch wenden, wenn selbst die Kirche ihre mächtigen Pforten, die rund zwei Jahrtausende lang den Verfolgten aus aller Herren Ländern Schutz geboten haben, vor ihnen zuschlägt? 

Mit dem 2G-Beschluss schafft ausgerechnet die Kirche eine Zweiklassengesellschaft in ihren eigenen Reihen – unter uns Menschen, die wir vor Gott alle gleich sind. Sie spaltet friedvolle Gemeinden und sät Zwietracht. Die Geimpften sollten daran denken, dass auch sie einmal in der verfolgten Minderheit sein könnten!

RT DE bemüht sich um ein breites Meinungsspektrum. Gastbeiträge und Meinungsartikel müssen nicht die Sichtweise der Redaktion widerspiegeln.

Autorenzeile: Der Autor, Prof. Dr. Kai-Alexander Schlevogt (Ph.D. Oxford; Univ.-Prof. SPbU a. D.) ist Experte für strategische Führung und Krisenmanagement. Er war u.a. Professor an der Sankt Petersburg State University, National University of Singapore und Peking University. Er arbeitete auch als Unternehmensberater für McKinsey & Co. in Großchina und fungierte als Berater des malaysischen Premierministers hinsichtlich des Aufbaus einer "elektronischen Regierung" (electronic government). Prof. Schlevogt ist Autor von sechs Büchern, darunter "The Art of Chinese Management" (Oxford University Press), "The Innovation Honeymoon" (Pearson Prentice Hall) und "Brave New Saw Wave World" (Pearson/FT Press). Webseite: www.schlevogt.com; Telegram-Kanäle: https://t.me/profkai (in deutscher Sprache) und https://t.me/profkaiglobal (in englischer Sprache).

Information: Sicherheit und Wirksamkeit der Corona-Impfstoffe sind umstrittene Themen. Zahlreiche Experten in Wissenschaft, Politik und Medien schätzen diese als sicher und effektiv ein, da sie das Risiko einer schweren COVID-19-Erkrankung stark verringern und die Vorteile einer Corona-Impfung deren Risiken und Nebenwirkungen überwiegen. Langzeitnebenwirkungen der Impfungen sind generell nicht bekannt. Nebenwirkungen wie der ADE-Effekt (antibody dependent enhancement, auf Deutsch: infektionsverstärkende Antikörper) wurden bisher bei weltweit Milliarden verabreichter Impfstoff-Dosen nicht berichtet. Auch dass Gensequenzen von beispielsweise mRNA-Vakzinen in die menschliche DNA eingebaut werden, gilt unter zahlreichen Experten als ausgeschlossen. Stellungnahmen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und der bundesdeutschen Ständigen Impfkommission (STIKO) beim Robert Koch-Institut (RKI) lassen sich hier und hier nachlesen.

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