Experten kritisieren Impfstoff-Zulassung von AstraZeneca und Bharat Biotech in Indien
In Indien haben die Impfstoffe der britisch-schwedischen Firma AstraZeneca sowie des indischen Pharmaunternehmens Bharat Biotech die Notfallzulassung erhalten. Unter Indiens Gesundheitsexperten sorgt dies jedoch für Irritationen: Sie fragen sich, warum gerade diese Impfstoffe die Notfallzulassung erhielten, während andere Kandidaten wie der russische Impfstoff Sputnik V oder der BioNTech/Pfizer-Impfstoff anscheinend vernachlässigt wurden.
Kritisiert wird unter anderem, dass es bisher kaum Daten zur Wirksamkeit des von Bharat Biotech entwickelten Impfstoffs gibt. Und auch die von der indischen Regierung proklamierte Effektivität des AstraZeneca-Impfstoffs von 70 Prozent ist zumindest irreführend. Bei der Wirksamkeit des Impfstoffs von AstraZeneca handelt es sich nämlich nur um die durchschnittliche Wirksamkeit zwischen zwei Versuchsgruppen.
Laut der Studien des Pharmakonzerns, die in der Fachzeitschrift The Lancet eingereicht wurden, beträgt die durchschnittliche Wirksamkeit etwa 70 Prozent. Doch bereits seit die Daten im November letzten Jahres veröffentlicht wurden, gibt es Unklarheiten über die Effizienz des Vakzins von AstraZeneca.
Bei Teilnehmern der Impfstoffstudie, die zwei Standarddosen des Impfstoffs erhalten hatten, lag die Wirksamkeit des Impfstoffs nämlich bei 62 Prozent. Bei Probanden, die zuerst eine niedrige Dosis des Vakzins und später eine Standarddosis bekamen, lag die Wirksamkeit bei 90 Prozent. Debkishore Gupta, Mikrobiologe und Leiter der Infektionskontrolle der CK Birla Krankenhausgruppe in Indien, hält die Angaben mit Blick auf die Impfstrategie Indiens für irreführend.
"Da in Indien möglicherweise das Schema mit zwei vollen Dosen verwendet wird, hätte die Wirksamkeit mit 62 Prozent angegeben werden müssen. Die Erwähnung der 'Gesamtwirksamkeit' bei 70 Prozent ist in diesem Fall irreführend."
Ein weiterer Nachteil des AstraZeneca-Impfstoffs ist, dass dieser nur ein einfacher Vektorimpfstoff ist. Das heißt, er beinhaltet nur einen Teil des genetischen Materials aus der Hülle des Coronavirus, der in ein humanes Adenovirus eingebaut ist. Der russische Impfstoff Sputnik V nutzt hingegen zwei verschiedene Vektoren:
"Außerdem verwendet AstraZeneca ein und dieselbe Komponente für beide Impfungen, während der russische Impfstoff zwei verschiedene Komponenten in zwei separaten Impfungen verwendet. Die Verwendung des letzteren Ansatzes könnte sich als effizienter erweisen, um eine länger anhaltende Immunantwort zu erreichen."
Auch Ashish Bharadwaj, Jurist und Dekan der Jindal School of Law, fordert, dass trotz der logistischen, finanziellen und administrativen Herausforderungen dem Impfstoffkandidaten mit der höchsten nachgewiesenen Wirksamkeit und der geringsten Wahrscheinlichkeit für schwerwiegende Nebenwirkungen der Vorrang gegeben werden muss. AstraZenecas Produkt zeigt unter den Top-Kandidaten, die zur Auswahl standen, die niedrigste Effizienz.
Gajendra Singh, Experte für öffentliche Gesundheit, meinte, dass die beiden zugelassenen Impfstoffe zwar die Massenimpfungen ins Rollen bringen werden. Langfristig wäre die Zulassung der Impfstoffe von BioNTech/Pifzer und Sputnik V, die ebenfalls in der Warteschlange stehen, ebenfalls angebracht. Auch eine Kombination des Impfstoffs Sputnik V und des AstraZeneca-Vakzins, bei dem die Effizienz des Impfstoffs von AstraZeneca auf über 90 Prozent steigen könnte, wäre äußerst vielversprechend.
Kritik gibt es auch am "heimischen" Impfstoff namens Covaxin von Bharan Biotech, denn bei diesem "Totimpfstoff", bei dem ein inaktives Coronavirus eine Immunantwort des menschlichen Körpers anregen soll, ist die Datenlage alles andere als klar, wie Gagandeep Kang, Vizepräsidenten der Koalition für Innovationen in der Epidemievorbeugung CEPI, im Interview mit der Times of India erklärte.
Bharat habe zwar Daten zur Verfügung gestellt, bisher sei allerdings noch völlig unklar, wie es um die Wirksamkeit des Vakzins bestellt ist. Es sei auch unwahrscheinlich, dass der Konzern die entsprechenden Daten bereits habe, denn die klinischen Studien der Phase drei begannen erst im November. Für die Reputation des indischen Impfstoffs sei dies "alles andere als erfreulich". Dass die Zusammensetzung des für die Beratung zuständigen Expertenkomitees nicht öffentlich gemacht wurde, ist in ihren Augen ebenfalls "Wasser auf den Mühlen von Impfgegnern".
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Auch der indische Gesundheitsexperte Aman Gupta äußerte sich im Exklusiv-Interview mit RT International verwundert über die Impfstrategie der indischen Regierung und fände es naheliegend, für die Impfung der 1,3 Milliarden großen Bevölkerung Indiens den russischen Impfstoff Sputnik V zu verwenden. Die beiden zugelassenen Vakzine sind nach Ansicht des Experten nicht besonders effektiv. Die Entscheidung der Regierung würde er zwar nicht direkt als Fehler bezeichnen, aber sie sei zu früh getroffen worden.
"Es ist vielleicht nicht der beste Impfstoff für Indien. Es ist vielleicht nicht die beste Entscheidung im Interesse Indiens."
Es sei aber nicht gerade der beste Beschluss gewesen, da man in Indien immerhin 1,3 Milliarden Menschen impfen müsse. Gupta vermutet, dass die Entscheidung unter dem Druck zustande kam, zu Beginn des neuen Jahres eine positive Botschaft zu senden und der Bevölkerung Hoffnung zu geben. Die meisten Menschen sind sich außerdem nicht über die Wissenschaft hinter den Impfstoffen im Klaren. Wenn sie hören, dass die Impfstoffe verfügbar sind, wollen sie diese auch und hinterfragen die Wirksamkeit nicht. Doch dies sollte in der Öffentlichkeit besser kommuniziert werden.
Ihm selbst sei noch unklar, warum sich die indische Regierung für eine Impfstrategie entscheidet, bei der jeder zwei volle Dosen des Impfstoffs erhalten soll. Er hofft jedoch, dass in den nächsten Tagen die Gründe für diese Entscheidung öffentlich werden. Im Interview räumt Gupta auch ein, dass Massenimpfungen für ein Land wie Indien natürlich eine Herausforderung sind:
"1,3 Milliarden Menschen im ganzen Land zu impfen, die alle eine unterschiedliche Bereitschaft und Kenntnis zeigen, ist keine einfache Aufgabe."
Prinzipiell habe man sich durch Testläufe gut vorbereitet. Ihm sei auch bekannt, dass AstraZeneca bereits Impfstoff auf Vorrat produziert habe. Allerdings werde auch Sputnik V in Indien produziert, von daher sei es umso verwunderlicher, dass es bisher noch keine Zulassung des russischen Impfstoffs gebe.
Es wäre laut Gupta am besten, erst einmal zu beobachten, wie die Massenimpfungen anlaufen. Doch man sollte sich schon bald um die Zulassung anderer Impfstoffkandidaten kümmern. Wie der Gesundheitsexperte erklärte, sei auch klar, dass Indien für den Impfstoff von BioNTech/Pfizer, der bei minus 70 Grad Celsius gekühlt werden muss, nicht die richtige Infrastruktur habe. Er vermutet, dass auch der Preis ein entscheidender Faktor sei für die Entscheidung der Expertenkommission sei:
"Sputnik wäre für Indien jedoch eine großartige Wahl. Man hätte ihm zusammen mit den anderen beiden Impfstoffen die Zulassung erteilen sollen. Die Wissenschaft hinter Sputnik V ist definitiv besser. Wenn die Expertenkommissionen in einigen Wochen wieder tagen, könnte Sputnik V die erste Wahl für Indien werden."
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