Maria Wladimirowna, danke für das Gespräch.
Wir sind erst am Anfang. Vielleicht wollen Sie mir später nicht mehr danken.
In den deutschen Medien wird derzeit sehr intensiv die Verlegung russischer Streitkräfte an die Grenze zur Ostukraine und auf die Krim diskutiert.
Ungeheuerlich.
Erst heute haben wir vom russischen Verteidigungsminister Herrn Schoigu gehört, dass die Truppen jetzt zu ihren ständigen Stützpunkten zurückkehren. Womit hängt das Ihrer Meinung nach zusammen? Und wenn es ein Signal an den Westen ist, ist es ein Signal der Stärke oder ein Signal der Schwäche?
Ich habe den Eindruck, dass unsere westlichen Partner voller Phantasien sind. Ich habe den Eindruck, dass sie etwas sehen, was nicht da ist und etwas nicht sehen, was da ist. Es ist eine erstaunliche Fähigkeit, in einer Welt der Illusionen zu leben. Mein Eindruck ist, dass der kollektive Westen, wie wir ihn nennen, in solch einer Welt der Illusionen lebt. Ich erinnere mich ein paar Jahre zurück, als Obama noch US-Präsident war und John Kerry Außenminister, wie der in einer Sitzung des UN-Sicherheitsrates saß und genau diesen Satz sagte: "Ich verstehe nicht, in was für einer Welt ich mich befinde." Sie ist für viele US-Politiker, und nicht nur für US-Politiker, zu einem Meilenstein in ihrer Haltung gegenüber Russland und der modernen Welt geworden. Ich glaube, sie verstehen wirklich nicht, was hier eigentlich vor sich geht. Übungen sind Übungen. Jedes Land führt geplante Übungen durch.
Manöver.
Bitte, Sie können es "Manöver" nennen. Auf Russisch heißt das "geplante Übungen". Wir haben das Recht, wie auch jeder andere Staat auf der Welt, geplante Übungen durchzuführen. Wir führen sie auf unserem Boden durch. Wir unterscheiden uns da in keiner Weise von anderen souveränen Staaten, die das auch tun. Warum wird unseren Militärübungen so viel Aufmerksamkeit geschenkt? Ich denke, die Antwort liegt auf der Hand: weil der Westen – allen voran Washington und die Brüsseler Strukturen – seit vielen Jahren einen Diskurs entzünden und erfinden, dass Russland ein Aggressor sei. Wenn man viele Jahre lang den eigenen Bürgern und dem internationalen Publikum in den Medien erzählt, indem sie Berichte, Reportagen und alarmistische Inhalte veröffentlichen, dass Russland sogleich jemanden angreifen werde, dann fürchten sie sich natürlich sogar vor Militärübungen. Aber das sollten sie nicht. Das sind Übungen.
Wenn das Übungen sind: Normalerweise werden Übungen doch geplant, es gibt einen Starttermin und einen Endtermin. Warum erfahren wir heute so plötzlich, dass die Übungen beendet sind? Gestern wussten wir noch nicht, dass die Truppen zu ihren Stützpunkten zurückkehren.
Weil das Übungen sind. Sie finden jeweils nach unserer internen Agenda statt. Je nachdem, wie sie geplant sind. Das kann sehr verschieden sein. Es sind Übungen, wissen Sie? Aber es geht nicht um diese Frage, warum wir Übungen auf unserem Boden durchführen. Dies ist unser Land, dies ist unser Territorium. Und wir tun nichts Illegales innerhalb unserer Grenzen. Die Frage ist eine ganz andere: Warum ist es ihnen egal und warum ist es der westlichen Welt egal, dass ihr seit vielen Jahren das Konzept einer nicht existierenden russischen Gefahr aufgedrängt wird? Ich möchte Ihr Publikum daran erinnern, vielleicht hat es auch Ihr Publikum vergessen: Unsere westlichen Partner betonen immer wieder, wir würden aggressiv handeln. Sie gehen davon aus, dass wir schon immer aggressiv gehandelt hätten. Ich will Sie daran erinnern, dass Russland – sei es die Russische Föderation oder die Sowjetunion oder das Russische Reich – niemals einen Weltkrieg begonnen hat, weder den Ersten noch den Zweiten. Wir haben auch nie einen internationalen Zusammenbruch, ein globales Unglück provoziert. So etwas hat es von uns nicht gegeben. Andere Länder haben dies sehr wohl getan. Dies haben Länder getan, die jetzt aus irgendeinem Grund uns einen Aggressor nennen, die historische Aggressoren. Aber das ist ein Fake, das ist nicht wahr.
Lassen Sie uns nicht zu tief in die Geschichte eintauchen.
Das wird gar nicht gehen.
Sie haben Recht, aber wir haben dafür keine Zeit.
Ich habe eine Menge Zeit. Und Sie haben eine Menge Zeit.
Maria Wladimirowna, ja, auch ich. Ich kenne mich auch aus. Ich interessiere mich sehr für Geschichte. Aber ich habe eine konkrete, die Gegenwart betreffende Frage: Vergangene Woche in Berlin hat Andrei Melnyk, der ukrainische Botschafter in Deutschland erklärt, dass – falls sein Land nicht in die NATO aufgenommen wird – die Ukraine ihre eigenen Atomwaffen entwickelt. Mich würde interessieren, wie das russische Außenministerium diese Aussage kommentiert.
Ich denke, dass sich Vertreter Ihres Landes dazu äußern sollten. Sie sind aus Deutschland und repräsentieren Deutschland. Denn es ist nicht seine erste extravagante Äußerung, um es milde auszudrücken. Er gibt eine Menge sehr seltsamer Äußerungen von sich, die jenseits der Grenzen der diplomatischen Praxis liegen. Übrigens wird er dafür von deutschen Behörden aus irgendeinem Grund nicht oft korrigiert oder gemaßregelt. Was die Atomwaffen betrifft, so möchte ich mich dazu gar nicht ernsthaft äußern. Denn dann müssten wir wirklich tief in die Geschichte und in das Völkerrecht einsteigen. Ich möchte ganz einfach antworten: Ich finde, dass die Ukraine eher über die Impfung ihrer eigenen Bevölkerung nachdenken sollte. Es wäre großartig, wenn sie anstelle von Atomwaffen einen eigenen Impfstoff entwickeln würden. Die Menschen in der Ukraine brauchen einen Impfstoff. Aber Sie haben Recht in Bezug auf die NATO. Denn Ihre erste Frage bezüglich unserer Manöver – wie Sie sie genannt haben – und des ukrainischen Strebens nach einem NATO-Beitritt, sind in der Tat miteinander verflochten.
Die Hysterie, die sowohl die Ukraine als auch der Westen entfachen, ist tatsächlich mit dem bevorstehenden NATO-Gipfel verbunden. Tatsache ist, dass die Verfassung der Ukraine durch das Ziel eines NATO-Beitritts ergänzt wurde. Dieser Schritt wurde zum Ende der Amtszeit von Präsident Poroschenko gemacht. Er ließ dies auch in die relevanten Programmdokumente der Ukraine einfließen. Nun muss die Ukraine diesen Doktrin-Dokumenten folgend der NATO beitreten. Bald steht ein NATO-Gipfel an. Um sich als Opfer darzustellen, um die Idee zu verbreiten, dass jemand die Ukraine angreife und um den sogenannten Aktionsplan zum NATO-Beitritt zu bekommen – also diese von der NATO vorgesehene Programmstufe zu erreichen –, hat die Ukraine die Geschichte erfunden, dass die russischen militärischen Manöver keine militärische Übung seien, sondern fast schon die Absicht, die Ukraine anzugreifen. Und das löste eine regelrechte weltweite Hysterie aus. Präsident Selenskij reiste umher und traf sich mit Staatsoberhäuptern, beschwerte sich über uns, gab Erklärungen ab. Aber nicht nur das. Er wurde natürlich auch von den westlichen Medien unterstützt, die behaupteten, Russland stehe kurz vor einem Angriff. Russische Panzer seien bereits auf dem Territorium der Ukraine! Dann stellte sich aber heraus, dass es doch eine Falschmeldung war. Unter anderem brachte CNN Filmmaterial, das es als Bilder von russischen Panzern auf ukrainischem Gebiet ausgab. Später stellte sich heraus, dass es ukrainische Panzer waren, auf einer ukrainischen Eisenbahn. Die ganze Geschichte wird nur für eines gebraucht: Um den NATO-Beitritt der Ukraine zu stimulieren. Wird es ihnen Stabilität bringen? Wird es ihnen inneren Frieden im Staat bringen? Ich bezweifle sehr, dass dies der Fall sein wird. Die Antwort ist nein. Und ich weiß auch warum. Ich kann es Ihnen sagen, falls Sie danach fragen sollten.
Ich bitte darum.
Weder mit Atomwaffen noch durch eine NATO-Mitgliedschaft können sie das eigene Volk vereinen. Die Menschen in der Ukraine sind gespalten. Bedauerlicherweise hassen sich die Menschen seit vielen Jahren gegenseitig. Und sie tun es nicht, weil die Ukrainer ein aggressives Volk sind. Es ist so, weil ihr politisches Establishment, ihre Politiker – die Leute, die an die Macht gekommen sind – das Volk spalten. Das Volk ist entzweit. In der Ostukraine befinden sich die Menschen im Krieg miteinander. Dies ist ein echter Bürgerkrieg. Noch vor zehn Jahren waren es Menschen, die durch ihre Familien und ein gemeinsames Land geeint waren. Auf die eine oder andere Weise war es ein geeinter multikultureller Raum. Doch genau diese Politiker, die heute das Land in die NATO drängen, von Atomwaffen und von einer angeblichen russischen Aggression sprechen, haben ihr Volk gespalten. Und sie tun es weiter.
Das einzige, was die Ukraine tun muss, ist, sich zusammenzureißen, um die nötige Kraft und den Willen zu finden. Und vielleicht noch einmal den Spruch "Ruhm der Ukraine" aufsagen, wie sie es dort gerne tun. Die Ukraine sollte die Minsker Vereinbarungen erfüllen und dann zum Hauptanliegen kommen: die eigene Bevölkerung zusammenzubringen, wieder zu vereinen. Aber nicht mit Gewalt, nicht durch Einschüchterung mit Atomwaffen oder mit irgendwelchen Säuberungen von Territorien, Umsiedlungen oder Vertreibungen jener Menschen, die die Helden der sogenannten neuen Ukraine, Bandera und Schuchewitsch, nicht befürworten. Eine wirkliche Einigung der Menschen ist notwendig. Die Suche nach einer Idee, die in der Lage sein wird, das Land zu einen. Natürlich ist auch ein Kampf gegen den Nationalismus und gegen die nationalistische Ideologie erforderlich, nicht einfach eine Ablehnung. Dort muss man die nationalistische Ideologie nicht einfach aufgeben, sondern einen Kampf gegen sie führen. Es gibt außerdem noch viele weitere Erfordernisse.
Maria Wladimirowna, lassen Sie uns noch etwas über das politische Establishment in meinem Land, in Deutschland, sprechen. Für Bedenken sorgt nicht nur das, worüber Herr Melnyk gesprochen hat. Auch Nord Stream 2 ist ein Sorgenkind. Erst vergangene Woche hat der US-Präsident Biden sich erneut gegen das Projekt ausgesprochen. Inzwischen spekulieren immer mehr deutsche Journalisten über die Beerdigung dieses unvollendeten Projektes in der Ostsee. Teilen Sie diese Sorgen?
Ich habe nur eine Sorge. Und diese ist, wie ich finde, wesentlich globaler als das, wonach Sie fragen. Ich habe nur eine Frage. Die europäischen Länder … oder besser die EU-Länder, denn wenn wir über "europäische Länder" reden, ist Russland doch auch ein europäisches Land. Daher wäre es wahrscheinlich besser, mich klarer auszudrücken. Also die EU-Länder und die NATO-Länder: Inwieweit haben sie ihre Souveränität und Unabhängigkeit noch nicht vollständig verloren, wenn sie so wichtige Entscheidungen für sich selbst treffen müssen? Was internationale Entscheidungen betrifft, schmerzt es, so etwas zu hören. Es tut weh. Wenn ich zum Beispiel mit französischen Abgeordneten, Vertretern politischer Parteien und sozialer Bewegungen der EU-Länder spreche, sehe ich, dass es für sie schmerzhaft und unangenehm ist, meine Bestätigung zu hören, dass sie als Land beim Treffen von Entscheidungen internationaler Tragweite bereits einen Teil ihrer Souveränität verloren haben. Aber es geht jetzt um etwas anderes: Haben die EU-Länder noch das Recht und die Möglichkeit, ihre Souveränität aufrechtzuerhalten, wenn sie interne Entscheidungen treffen, die den globalen nationalen Interessen ihres Staates entsprechen? Daher ist dies wahrscheinlich eine allgemeine, globalere Frage. Aber genau darauf muss man antworten. Wenn morgen ...
Das heißt, Sie interpretieren Nord Stream 2 unter dem Aspekt der Souveränität der EU-Länder, der Europäischen Union?
… eine Entscheidungsfindung zu den größten …
Entscheidungsfindung?
Entschuldigung, aber das ist ein riesiges Projekt. Dies ist ein existenzielles Projekt für Deutschland. Ich habe das von deutschen Vertretern gehört. Ich habe die Analysen deutscher Experten gelesen. Sie bezeichnen dieses Energieprojekt als existenziell. Dies ist ein Geschäftsprojekt. Es hängt nicht mit der Politik zusammen, sondern mit der inneren Entwicklung Deutschlands. Und in diesem Zusammenhang muss man sich fragen: Was ist, wenn der US-Präsident – egal, ob Biden, Obama, Trump oder sonst jemand – morgen Deutschland befiehlt, nicht mehr zu atmen? Wird Deutschland gehorchen und zu atmen aufhören? Oder wird Deutschland begreifen, dass es ohne Atmen nicht existieren kann? Nein, das ist eine sehr wichtige Frage. Weil jeder Angst hat, darauf zu antworten. Jeder vermeidet es, diese Frage zu beantworten. Aber das ist eine prinzipielle Frage: Behält jeder Staat im heutigen EU-Raum die Fähigkeit, seine Interessen zu verteidigen? Anhand dessen, was ich jetzt sehe und was wir alle zusammen beobachten, lautet die Antwort "nein". Das gilt auch für die Impfstoffe.
Zum Thema Impfstoff kommen wir noch zurück.
Ja, bitte.
Ich hätte noch eine Frage zu Nord Stream 2. Hier gibt es noch einen weiteren Punkt. Es sind ja nicht nur die Vereinigten Staaten, die gegen dieses Projekt vorgehen und die Teilnehmer unter Druck setzen. Es gibt auch in Deutschland eine sehr mächtige deutsche, also rein deutsche, Lobby, die sogenannte transatlantische Lobby, die den Abbruch des Projekts zum Ziel hat.
Erklären sie denn, wie sich Deutschland ohne das entwickeln wird?
Nun, sie haben ihre eigenen Argumente ...
Welche?
Die behaupten immer wieder, dass wir dieses Gas nicht brauchen, da wir sowieso "grüne" Energie haben werden, und dann ... ich möchte das hier alles gar nicht kommentieren...
Nun, sie handeln genauso wie einst jene Lobby, die gegen die Entwicklung der Kernenergie war.
Jede Lobby hat ihre eigenen Argumente, ihre eigenen Gründe. Und jeder versucht, seine Position zu verteidigen. Aber ich möchte Folgendes wissen: Falls Deutschland trotzdem unter dem Druck der Amerikaner und seiner eigenen Lobby dieses Projekt doch noch aufgeben sollte, also die Leitung nicht zu Ende baut, verfügt Russland da über einen sogenannten "Plan B"?
Das könnte Ihnen wahrscheinlich auch seltsam vorkommen, aber ich frage einfach diejenigen in Deutschland, die gegen dieses Projekt arbeiten: Haben sie denn einen "Plan B"? Womit werden sie heizen? Wie werden sie sich entwickeln?
Grüne Energie… Für uns ist das ... das Argument ist wirklich so...
Unser Projekt ist nicht ideologisch, nicht politisch, es ist ein Wirtschaftsvorhaben. Russland fungiert als Partner, wir erfüllen unsere partnerschaftlichen Verpflichtungen. Wir haben uns entschieden, an diesem Projekt teilzunehmen, und wir werden es umsetzen. Wir gehen von der Prämisse aus, insbesondere wenn wir uns auf westliche Staaten konzentrieren, die ihr kapitalistisches System nie geändert haben und sich immer für freie Märkte, Marktbeziehungen und Verträge eingesetzt haben, dass die Partner, wenn sie einen Vertrag unterzeichnet haben, genau das auch erfüllen und nicht zurückrudern. Oder sie treffen wichtigere Entscheidungen.
Und wenn es dennoch trotzdem gestoppt werden sollte…
Nein, darüber reden wir nicht.
Nord Stream 2 ist ja am Ende ein Schweizer Projekt, auch wenn Gazprom dahintersteht. Wird das Schweizer Unternehmen, also die Tochtergesellschaft von Gazprom, im Fall eines Baustopps rund 10 oder 12 Milliarden von den westlichen Ländern fordern?
Sie fragen mich etwas, worüber wir nicht einmal das Recht haben, mit Ihnen zu sprechen. Wir sind keine Futurologen. Wenn ich Künstlerin oder Dichterin wäre, könnte ich wahrscheinlich dazu spekulativen Äußerungen machen. Doch wir sind Repräsentanten. Ich bin eine Vertreterin der Exekutive. Wir als Vertreter der Exekutive haben grundsätzliche, staatliche Verpflichtungen gegenüber dem Projekt. Wie könnten wir mit ihnen besprechen, was geschehen solle, wenn nicht gebaut würde? Wir müssen alles tun, damit weitergebaut wird. Im Rahmen bestehender Verträge und Verpflichtungen. Und wir gehen davon aus, dass die Partner in dem Geschäftsprojekt ihren Beitrag leisten werden.
Es gibt noch eine Berührungsstelle zwischen unseren Ländern. Das ist Alexei Nawalny.
Nun ist es sehr interessant. Sie sagen, einen Berührungspunkt. Dies impliziert einen Standpunkt, einen ähnlichen Blickwinkel.
Entschuldigung, das sind meine mangelnden Russischkenntnisse. Ich bezog mich auf den Punkt der Konfrontation.
… den Siedepunkt.
Siedepunkt, genau. Berlin verfolgt Nawalnys Schicksal im Straflager weiterhin sehr genau. Was denken Sie, wie stark beeinflusst das die Gestaltung der Beziehungen zwischen Berlin und Moskau?
Das ist sehr seltsam. Das ist sehr seltsam, denn niemand kann die Frage beantworten, warum Deutschland nur genau einen Sträfling auf der ganzen Welt beobachtet. Warum wurde diese Person ausgewählt? Es gibt eine große Anzahl von Menschen, die Unterstützung benötigen, einschließlich jener unter Obhut der Bundesregierung in Deutschland selbst. Wir sehen, wie jeden Tag Menschen in Deutschland in den Städten auf die Straße gehen. Und sie fordern, dass die Bundesregierung ihnen etwas Aufmerksamkeit schenkt. Sie fühlen sich schlecht, sie haben Probleme. Sie haben ungelöste Probleme. Und die Bundesregierung ignoriert sie hartnäckig, verteidigt aber gleichzeitig die Interessen eines bestimmten Bürgers eines anderen Landes. Es gibt noch eine Frage. Da gibt es tatsächlich eine Person von Weltbedeutung einen Mann, der viel für die Welt getan hat, für die Wahrheit, für den Kampf gegen Fakes, für den Kampf gegen Lügen: Das ist Julian Assange. Dies ist eine Person, die sich tatsächlich in das Buch der Geschichte eingetragen hat, ob man ihn mag oder nicht. Sein Zustand ist wirklich kritisch, weil man an ihm Experimente durchgeführt hat. Für viele Jahre, nicht Monate, für viele Jahre wurde ihm jede menschliche Existenz genommen. Und das haben die britischen Behörden gemacht, ihn bewusst aus den abgeschirmten vier Wänden nicht herausgelassen. Sie haben gesehen, in welchem Zustand er vor einigen Jahren dieses Gebäude betreten hat. Und Sie haben gesehen, wie er praktisch aus diesem Gebäude herausgetragen wurde. Aber sein Leben könnte ebenfalls verfolgt werden.
Ich weiß, aber sein Schicksal wird bei uns auch verfolgt.
Ich möchte sagen, dass vielleicht auch sein Schicksal verfolgt wird, aber sie tun es schweigend. Es gibt so viele Äußerungen auf allen Ebenen aus Deutschland, Frankreich, anderen Ländern und Länderverbänden, den G7. Aber haben Sie zum Beispiel gesehen, dass die G7 eine besondere Erklärung zu Assange abgegeben hat? Ich nicht. Deutschland gehört zu den G7. Dies bedeutet, dass es diese Erklärung unterstützt hat. Warum unterstützen sie die Erklärung zu Assange nicht? Vielleicht, weil er ein Gefangener Großbritanniens ist? Er wurde als Geisel gehalten, schlimmer als eine Geisel gehalten, und Deutschland selbst gehört der G7 an. Und Deutschland ist es nicht genehm, sich selbst zu kritisieren. Ich möchte Ihnen sagen, dass das US-Justizministerium 2019 einen Bericht herausgegeben hat, einen riesigen Bericht, in dem es über die Lage in Gefängnissen in bestimmten Bundesstaaten der Vereinigten Staaten ging, insbesondere im Bundesstaat Alabama. Als ich diesen Bericht las, wurde mir grausig. Es ist nicht nur so, dass den Menschen dort keine Aufmerksamkeit geschenkt wird oder dass Hilfe auf dem falschen Niveau geleistet wird. Wenn Menschen dort sterben, wird das von der Gefängnisverwaltung nicht einmal bemerkt. Auf dem Boden liegen Leichen, die nicht wahrgenommen werden. Das sage nicht ich, hier spricht das US-Justizministerium. Wo ist denn die gesamte zivilisierte Gemeinschaft? Sie sind auch alle in der G7. Warum achten sie im Rahmen der G7 nicht darauf? Dieser Hilferuf einer Gesellschaft kam aus den USA.
Kommen wir daher zu Ihrer Frage zurück. Das ist Politisierung. Alexei Nawalny wurde medizinisch versorgt. Im Netz tauchen Aufnahmen der Bedingungen auf, unter denen er lebt. Sie können es selbst sehen. Sie können ihn sehen, Sie können seine Zelle sehen, Sie können alles sehen. Man soll nichts erfinden, was nicht existiert. Aber es gibt diese wichtige Frage einer ungeheuerlichen Geschichte, die auf dem Territorium Deutschlands im Zusammenhang mit seiner angeblichen Vergiftung inszeniert wurde. Dies ist ein äußerst ernster Punkt. Und dieser hat den bilateralen Beziehungen wirklich großen Schaden zugefügt. Weil es um Anschuldigungen gegen unser Land wegen eines angeblichen Einsatzes chemischer Waffe geht. Darüber hinaus habe ich in diesen Tagen viele Äußerungen westlicher Vertreter gehört, dass der aktuelle Gesundheitszustand Alexei Nawalnys vermeintlich auf die Tatsache zurückzuführen sei, dass er damals angeblich mit einer chemischen Waffe vergiftet wurde. Wissen Sie, dass wir über unsere Strafverfolgungsbehörden etwa vier offizielle Anfragen und drei Briefe nach Deutschland geschickt haben? Und wir erhielten keine einzige verständliche Antwort. Was wir hauptsächlich wollten, war, Daten darüber zu erhalten, womit genau er aus deren Sicht vergiftet worden sein soll und was die Analysen erbracht hatten. Ich habe eine Frage: Wenn sich der Westen heute so sehr um Nawalnys Gesundheit sorgt, warum haben sie dann seit mehr als sechs Monaten nicht das bereitgestellt, wozu sie verpflichtet sind? Wie kann man einem ganzen Land etwas vorwerfen, ohne etwas vorzulegen?
Wie kann ein Land für schuldig befunden werden, ohne Beweise vorzulegen? Aber wir haben nicht einmal über Beweise gesprochen. Wir haben nur über eine Sache gesprochen. Wir haben genau darüber gesprochen, was bei der Bundeswehrklinik angeblich auf dem Tisch liegt: die Analysen. Was könnte einfacher sein? Warum haben wir bisher nichts erhalten, und warum sind deutsche Beamte heute an seiner Gesundheit interessiert, obwohl uns nichts zugesandt wurde?
Nun, in unseren Medien wird als Grund genannt, dass Russland nicht wissen soll, über welche wissenschaftlichen Möglichkeiten der Westen verfügt. Wisseschaftliche Analysen. Das ist der offizielle Standpunkt. Das ist die eine Seite.
Das heißt, dass Deutschland chemische Waffen hat?
Nein. Es geht um Möglichkeiten der Analyse. Sie wollen nicht offenlegen, in welchem Umfang man in der Lage ist, Stoffe und chemische Substanzen zu analysieren.
Nein, Moment mal bitte. Wir bitten sie doch nicht, das Verfahren preiszugeben. Wir fragen nicht nach Chemikalien.
Ich kann nur das wiederholen, was ich gelesen habe.
Ich verstehe. Und genau darauf antworte ich. Wir haben es ebenfalls gelesen. Und Lawrow, Sergei Lawrow, hat dies viele Male kommentiert. Das bleibt eine Frage. Wir fragen nicht nach der Technologie. Wir bitten sie zu zeigen, was in seinen Analysen ist. Angesichts der Tatsache, dass die derzeitigen westlichen Vertreter hinsichtlich seines Gesundheitszustands Bedenken äußern und sich auf eine angebliche Vergiftung beziehen. Wissen Sie, eine direkte Kommunikation wäre doch logisch. Warum lassen sie dies nicht zu?
Letzte Frage in diesem Zusammenhang. Sehen Sie einen Ausweg aus der Situation um Nawalny?
Ja, natürlich.
Hängt das nur vom Westen ab oder auch von Ihnen?
Nein, absolut nicht. Es gibt für unsere westlichen Partner eine ganz vernünftige Möglichkeit, endlich zur Rechtsstaatlichkeit zurückzukehren: Indem sie das Gesetz, die Demokratie und die Freiheit wirklich so sehr respektieren, wenn sie so sehr für Gesetzlichkeit eintreten und vom Vorrang des Rechts vor der Ideologie sprechen. Wenn sie tatsächlich dazu stehen, dass sich die Politik nicht in die Rechtsprechung einmischen darf, dann sollten sie genau diesen Weg gehen und aufhören, sich politisch in Gerichtsentscheidungen einzumischen.
Das heißt, Sie sehen die Gegenseite im Ballbesitz, also am Zug?
Wir sehen es überhaupt nicht als ein Spiel an. Ehrlich gesagt sieht es nicht nach einem Spiel aus. Es ist kein Spiel, und es ist schon lange kein Spiel mehr. All das, was vor sich geht und was sie tun. Außerdem erkennen wir genau, dass sich immer das gleiche Szenario abspielt. Erinnern Sie sich an Sawtschenko? Sie war eine Heldin in Deutschland, so kam es mir vor. Ganz Deutschland fühlte mit Nadja Sawtschenko. Aber nur solange, wie in Russland gegen sie ermittelt wurde. Als sie auf das Territorium der Ukraine zurückkehrte, dort verhaftet und dann in einem ukrainischen Gefängnis festgehalten wurde, äußerte kein einziger deutscher Beamter – weder die Regierung noch das Kanzleramt oder sonst jemand – irgendwelche Bedenken. Dies ist kein Spiel. Dies ist nicht einmal mehr Doppelmoral. Dies ist die Zerstörung des Rechts als solches. Nicht nur des Völkerrechts, sondern eine abwertende Haltung gegenüber jeder Gerichtsbarkeit, gegenüber dem Recht. Das gleiche Szenario wurde auch bei Senzow abgespult.
Erinnern Sie sich: Sie machten einen Mann, der an der Planung eines Terroranschlags beteiligt war und mit Sprengstoff in seinem Besitz festgenommen wurde, zu einem weltberühmten Filmregisseur. Er hat in seinem Leben keinen einzigen Film gedreht, der irgendwie einem künstlerischen Genre zuzurechnen wäre. Er wurde mit Hilfe der Medien und mit politischer Unterstützung im Westen zu einem "großen Regisseur" gemacht, der angeblich aus ideologischen und politischen Gründen auf russischem Territorium verfolgt wird. Er hatte Sprengstoff in seiner Tasche. Was für eine Art politische Figur ist das? Assange ist eine politische Figur. Assange war nicht derjenige, bei dem Sprengstoff in der Tasche gefunden wurde. Assange war derjenige, der terrorisiert und gefoltert wurde. Er wurde einfach niedergemacht. Senzow wurde verhaftet und vor Gericht gestellt. Er wurde nicht gefoltert, er bekam zu Essen und zu Trinken. Er wurde von einem Arzt untersucht. Später wurde er an die Ukraine übergeben. Das war's.
Lassen Sie uns in die Zukunft schauen. Im September finden in Deutschland Bundestagswahlen statt.
Oh, dürfte ich bitte nicht in die Zukunft der deutschen Wahlen blicken müssen? Wir haben genug von unseren.
Die Ära Merkel wird zu Ende gehen. Sie kandidiert nicht mehr. Höchstwahrscheinlich werden die Grünen in der neuen Regierung sein. Ihre neue Führungsperson Annalena Baerbock ist dafür bekannt, dass sie sich wiederholt gegen Nord Stream 2 ausgesprochen hat. Überdies fordert sie von Deutschland, ich zitiere, "die Unterstützung des korrupten Regimes in Russland einzustellen".
Ja, und in anderen Ländern.
Ich habe zwei Fragen. Wie sieht das Außenministerium allgemein die Entwicklung der bilateralen Beziehungen nach Merkel zwischen Moskau und Berlin? Und insbesondere: Wie werden Sie ihre Beziehung zu einer Politikerin wie Annalena Baerbock gestalten?
Wissen Sie, Sie gehen ein Risiko ein. Das Risiko ist, dass Ihr Sender in Deutschland so überhaupt nicht arbeiten kann. Stellen Sie sich vor, ich würde jetzt Ihre Frage beantworten, und dann wird Ihnen mitgeteilt, dass der Fernsehsender Russia Today zusammen mit der offiziellen Vertreterin des russischen Außenministeriums die bevorstehenden Wahlen in Deutschland besprochen und damit in diese eingegriffen habe. Damit die Wahl des Publikums beeinflusst habe. Und dass dies das Kräfteverhältnis deutlich verändert hätte. Brauchen Sie das? Ich glaube nicht. Ich möchte mich nicht in diese Wahlen einmischen. Ich möchte an den Wahlen meines Landes teilnehmen, die interessieren mich. Ich bin ehrlich gesagt weder als Bürgerin der Russischen Föderation noch als Diplomatin am Kräfteverhältnis im politischen Leben Deutschlands interessiert. Unsere Spezialisten, die sich mit Deutschland befassen, studieren das tatsächlich. Weil sie Germanisten sind, interessieren sich dafür. Sie sind sozusagen intellektuell in dieses Thema involviert. Weil sie das Land beobachten, denn dieses Land ist für sie von Interesse. Ich halte es nicht für nötig, mich auf eine solche politische Beschreibung der Zukunft einzulassen. Dies ist eine Frage für Medien, Analysten, Experten und wahrscheinlich für einige Technologen. Aber es geht definitiv nicht um eine offizielle Einschätzung des Außenministeriums. So ist das.
Die Antwort gefällt mir. Trotzdem noch eine Frage zu Deutschland. Ich denke, darauf werden Sie eine Antwort haben. Kürzlich hat die Commerzbank die Konten des Senders RT DE, also früher RT Deutsch, geschlossen. Damals sind Sie persönlich recht harsch und offen gegenüber Deutschland aufgetreten. Eine konkrete Frage: Wird Moskau spiegelbildliche Maßnahmen ergreifen, die auch deutsche Medien in Russland betreffen können?
Ja, werden wir.
Können Sie das weiter ausführen?
Ja, das kann ich. Wenn ein Sender – sei es Russia Today oder ein anderer russischer Sender oder gar kein Sender, sondern ein anderes russisches Medienunternehmen, oder einfache Journalisten – im Ausland Probleme bekommen, die eindeutig politischer Natur sind – ich meine solche, die aus irgendwelchen politischen Gründen entstanden sind, sei es Druck, politische Erpressung oder Verfolgung aus politischen Gründen –, so werden wir die Rechte unserer Journalisten verteidigen. Wir werden sie verteidigen. So wie wir es in Bezug auf unsere Journalisten in Deutschland getan haben, indem wir ihre Rechte in einem normalen Dialog mit dem deutschen Außenministerium, unseren Partnern, verteidigt haben. Wir erklärten, dass im Falle unserer Journalisten mit zweierlei Maß gemessen wurde, dass ungerechte Entscheidungen getroffen wurden und so weiter. Damals wurden wir angehört.
Wenn wir aber sehen, dass Entscheidungen gegen unsere Journalisten ungerecht und politisch motiviert sind, und unsere deutschen Partner nicht mit uns zusammenarbeiten wollen und nicht versuchen, die Situation zu normalisieren oder auch nur irgendeinen Schritt in diese Richtung zu machen, dann werden wir spiegelbildlich handeln. Wir haben darüber mit deutschen Journalisten gesprochen. Es war ein sehr offenes und kein einfaches Gespräch. Ich würde sagen, dass die deutschen Journalisten sich anfangs nicht ganz ehrlich verhalten haben. Sie haben versucht, sich als Personen zu geben, die gar nicht verstanden, was man ihnen sagt. Aber dann ist es uns doch gelungen, beiderseitiges Verständnis zu finden. Sie haben uns verstanden. Wir haben sie angehört. Aber gleichzeitig kann ich noch einmal betonen, dass wir nicht immer spiegelbildlich handeln werden, jedoch adäquat und symmetrisch, ja.
Apropos spiegelbildliche Maßnahmen. Tschechien hat 18 russische Diplomaten des Landes verwiesen. Außerdem fordert Prag von den anderen EU- und NATO-Ländern, ihre russischen Diplomaten ebenfalls auszuweisen. Können Sie mit einem Wort sagen, wie Sie auf solche Handlungen seitens Prag reagieren?
Sie haben das bekommen, was sie wollten. Ich würde es sogar anders formulieren: Sie haben sogar das bekommen, wovon sie nie geträumt haben. Ich denke, als sich Prag auf dieses Abenteuer eingelassen hat, haben sie die entsprechenden Konsequenzen nicht berücksichtigt.
Ich glaube, sie haben anfangs nicht verstanden, was sie da unterschrieben haben, in was sie von ihren westlichen Mentoren hineingezogen wurden. Dann haben sie es offenbar doch noch verstanden, aber da war es schon zu spät. Es gab für sie kein Zurück mehr. Dies ist auch der Grund für diese absurden Handlungen und sehr widersprüchlichen Aussagen. Sie haben immer wieder etwas anderes behauptet, sowohl in Bezug auf die Explosionen als auch auf die Anschuldigungen gegen Russland. Es gab die ganze Zeit lang Unstimmigkeiten, ständig gab es unterschiedliche Bewertungen, auch in Bezug auf die Diplomaten. Das war offensichtlich. Und schließlich haben sie – Sie erwähnten heute das Wort "Parität" – das haben sie auch bekommen. Sie waren schockiert. Aber sie haben diese Parität bekommen.
Kommen wir zum Schluss zum Impfstoff zurück.
Das heißt, Sie wollen mit etwas Positivem abschließen?
Ganz genau. Das deutsche Gesundheitsministerium weigerte sich vor einiger Zeit, die Politisierung von Sputnik V zu bestätigen oder auszuschließen.
Das nennt sich "Grundhaltung".
Ja. Glauben Sie noch immer an eine Möglichkeit, Vereinbarungen über die Impfstoffzulassung zu erzielen?
Ich glaube an Gott. Ich ziehe es vor, an die anderen Dinge nicht so sehr zu glauben, sondern darauf hinzuarbeiten, sie zu verwirklichen oder sie zu verhindern. Es ist keine Frage des Glaubens. Es ist eine Frage der Arbeit. Und es ist eine Frage der Analyse, der Pragmatik, der Suche nach dem Weg zum Ziel innerhalb der zur Verfügung stehenden rechtlichen Mittel. Wir waren vom ersten Tag an offen für einen Dialog, als die Entwicklung des Impfstoffs angekündigt wurde. Russland war das erste Land, das einen Impfstoff entwickelt hat. Und wir haben sofort umfassende Möglichkeiten zur Zusammenarbeit angeboten, vom Informationsaustausch über eine gemeinsame Forschung bis hin zur gemeinsamen Produktion in Zweit- und Drittländern. Das Angebot haben wir jedem gemacht. Doch es begann eine heftige Kampagne, auch die von Alexei Nawalny. Das ist in Deutschland wahrscheinlich kaum bekannt. Alexei Nawalny hat an die Russen appelliert und gesagt, dass die russische Regierung lügt und dass es keinen Impfstoff gibt. Ich denke, dass viele Menschen in Deutschland und im Westen, die seine Figur für politische Zwecke nutzen, leider auf ihn gehört haben. Und sie haben viele Unternehmen und Menschen dazu gebracht, auf ihn zu hören, indem sie ihn für eine wichtige Persönlichkeit ausgaben.
Es war ein spezieller Appell, dass es keinen Impfstoff gebe, dass die russische Regierung lüge, dass nicht einmal die WHO sich auf einen Deal mit Russland einlassen und bestätigen konnte, dass es diesen Impfstoff gibt. Sie können sich diesen Appell anhören, man kann ihn im Internet finden. Es gab also eine sehr weitreichende Kampagne gegen unseren Impfstoff und gegen das, was wir der Welt angeboten haben. Aber wir haben auch das überlebt. Leider haben viele Länder – auch die EU-Staaten – Zeit verloren. Die lateinamerikanischen Länder haben zum Beispiel keine Zeit verloren. Sie haben Selbstständigkeit und Willenskraft bewiesen. Sie haben begonnen, den Impfstoff zu kaufen und sie haben sogar mit der Produktion begonnen. Viele Länder haben den Impfstoff unter anderem in Form einer Erprobung erhalten, andere haben ihn sofort gekauft. Die EU bestraft sich also leider wieder selbst. Genau wie Prag es im Fall unserer Diplomaten gemacht hat.
Fairerweise muss man sagen, dass es in Deutschland Befürworter und Gegner von Sputnik V gibt. Die Zahl der Befürworter wächst sogar ständig. Es gibt Bestellungen aus Sachsen und auch Bayern hat konkrete Investitionspläne. Wie stehen die Chancen, dass Sputnik doch irgendwann in Deutschland eingesetzt wird?
Anknüpfend an das, was Sie sagen: Ich kenne die Anfragen seitens der deutschen Bundesländer sehr gut. Und es gibt nicht nur Interesse, sondern auch konkrete Kaufabsichten. In Prozent kann ich es Ihnen nicht sagen, ich gehe da nicht so sehr ins Detail. Wir betreiben ja keine Handelsgeschäfte, das liegt in der Verantwortung des Direktinvestitionsfonds. Aber jener Sprung, den unser Impfstoff innerhalb von vier Monaten gemacht hat, spricht von einem enormen Interesse, und dieses Interesse kann nicht gestoppt werden. Eine andere Sache ist, seien wir ehrlich, dass die EU Zeit verloren hat. Die EU könnte sowohl bei den Impfungen als auch bei der Herstellung von Impfstoffen ganz vorne liegen. Aber dem ist nicht so. Warum? Weil ihnen aufgrund der Politisierung die Hände gebunden sind. EU-Beamte haben ihnen die Hände gebunden, sowohl den industriellen als auch den Handelsunternehmen, aber vor allem der Bevölkerung! Sie handelten nicht im Interesse ihrer eigenen Länder. Das ist die objektive Realität. Ich weiß nicht, ob man darüber in der EU sprechen darf, aber dies ist eine Tatsache. Genau wie die Tatsache, dass COVID-19 sowie das Jahr 2020 enorme Probleme in der EU und allgemein im Westen aufgedeckt haben: Die Unfähigkeit, einer globalen Katastrophe entgegenzutreten, wie sie die Welt noch nie erlebt hat.
Okay, die Welt hat den Stillstand des Flugverkehrs und die Grenzschließung in einem solchen Ausmaß wahrscheinlich noch nicht erlebt. Aber die Welt war auch schon früher mit Pandemien konfrontiert. Und es stellte sich heraus, dass jene Machthaber, die sich als internationale Machthaber bezeichnen, keine Machthaber sind. Das ist nur Wichtigtuerei. Es stellte sich heraus, dass vor allem die EU, Deutschland, Frankreich und viele weitere Länder – und auch die USA – der Welt kein Modell zur Pandemiebekämpfung anbieten konnten. Sie haben es leider nicht geschafft. Weder wirtschaftlich noch gesellschaftlich noch in Bezug auf die Entwicklung und Einführung von Impfstoffen, wie es ein tatsächlicher Machthaber tun würde. Ich höre sehr oft aus Brüssel, dass die EU ein internationales Musterbeispiel sei. Dass die europäische Zivilisationsagenda Verbreitung finden sollte. Dass ihre Erfahrung von Land zu Land gehen sollte. Dass sich die restlichen Länder von den westlichen Werten leiten lassen sollten. Dass westliche Werte geschützt und bewahrt werden sollten. Dass sie – der Sonne gleich – das Licht der Welt seien. Als aber das Jahr 2020 kam, haben wir die "westlichen Werte" in Aktion gesehen. Diese Werte, die dem Westen eine Führungsrolle garantieren sollen, gibt es nicht. Es gibt sie nicht. Dies ist ein Mythos, er gehört der Vergangenheit an. Das ist leider wahr.
Lassen Sie uns damit das Gespräch beenden. Vielen Dank, Maria Wladimirowna.
Danke.
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