Üben für die NATO-Ostfront – Bundeswehr heuert in Sachsen-Anhalt Leiharbeiter als Komparsen an

Krieg kennt keinen Corona-Lockdown: In Sachsen-Anhalt sucht die Bundeswehr über eine Leiharbeitsfirma billige Laiendarsteller für NATO-Übungen. Geprobt wird dort unter anderem für die personelle Aufrüstung der NATO-Speerspitze in Osteuropa.
Üben für die NATO-Ostfront – Bundeswehr heuert in Sachsen-Anhalt Leiharbeiter als Komparsen anQuelle: www.globallookpress.com © Sascha Steinach via www.imago-images.de

von Susan Bonath

Noch hängt der Arbeitsmarkt am Kurzarbeiterhilfen-Tropf. Noch blieb der Run auf Hartz IV aus – vermutlich auch, weil komplizierte Antragsverfahren sogar manch hoch Studierten überfordern. Doch während das mittelständische Kapital schwer corona-kriselt, boomen nicht nur die Hightech-Konzerne. Auch das Kriegsgeschäft bleibt hoch im Kurs und hält den einen oder anderen Job bereit: Zum Beispiel können sich geschasste Lohnabhängige als Komparsen auf dem modernsten Truppenübungsplatz Europas in der sachsen-anhaltischen Altmark nun ein kleines Zubrot verdienen. Gut bezahlt wird das zwar nicht, doch gegen Lockdown-Langeweile hilft es allemal. Und es könnte eine Never-Ending-Story werden.

Niedriglöhner als Test-"Kanonenfutter"

Die Bundeswehr sucht allerdings nicht selbst nach Laiendarstellern. Sie hat das Geschäft an die Leiharbeitsfirma AZV-Altmark Zeitarbeit Vogel GmbH & Co. KG ausgelagert. Mit den gesuchten Kriegsstatisten möchte das Unternehmen "gemeinsam erfolgreich wachsen" und wolle berufliche Perspektiven geben, "die sich Ihrer Lebenssituation anpassen".

Bei einer Großübung vom 20. bis 29. Juli sollen die Komparsen die neu gebaute Übungsstadt Schnöggersburg "als Cafébesitzer oder Spaziergänger zum Leben erwecken". Weitere Einsätze im Zweimonatsrhythmus sind bereits geplant. Das Einkommen liegt allerdings im Niedriglohnbereich: Drin sei ein Stundenlohn "ab 10,45 Euro", heißt es in der Anzeige. Beruhigend: Auf dem Truppenübungsplatz in der Altmark wird nur mit Lasertechnik "geschossen".

Millionenteure Kriegsübungsstadt wird eingeweiht

Mit der für Juli geplanten Großübung will die Bundeswehr ihre neue NATO-Kriegsübungsstadt mit dem Namen Schnöggersburg vollständig einweihen. In dem gut sechs Quadratkilometer große Geister-Arreal mit 550 Gebäuden, Straßen, Autobahn, Flugplatz, U-Bahntunneln, Brücken, Gefängnis inklusive Wachtürmen, einem künstlichen Fluss, Brücken und eigenem Umspannwerk stecken nach offiziellen Angaben rund 140 Millionen Euro. NATO- und Bundeswehr-Truppen sollen dort für Einsätze in Großstädten ausgebildet werden.

In diesem Jahr werde Schnöggersburg vom Land Sachsen-Anhalt als Bauherr komplett an die Bundeswehr übergeben, sagte der Presseoffizier des Gefechtsübungszentrums (GÜZ), Alexander Helle, der regionalen Tageszeitung Volksstimme. Die ersten Pilotübungen fanden auf bereits fertiggestellten Abschnitten schon 2018 statt – sechs Jahre nach der Grundsteinlegung.

Säbelrasseln gegen Russland

Laut Helle wurden in Schnöggersburg bereits knapp 2.000 Soldaten aus Deutschland, den Niederlanden und Norwegen auf ihren Einsatz als NATO-Speerspitze vorbereitet. Die Kampftruppe wird in diesem Jahr von der Türkei angeführt. Vor allem an der Ostgrenze des NATO-Gebietes soll sie die EU vor einer angeblichen "russischen Expansionspolitik" schützen.

Dass Bundeswehr und NATO mit angeheuerten Laiendarstellern ihre Schlachtfeld-Orgien proben, ist nicht neu. Auch die US-Armee sucht in Deutschland regelmäßig nach Laiendarstellern, die sich als Taxifahrer oder Krankenpfleger schon mal zum Schein erschießen lassen sollen – wie etwa 2019 in der Oberpfalz.

Private Rüstungskonzerne als GÜZ-Betreiber

Zum GÜZ Heer in der Altmark, nördlich von Magdeburg gelegen, gehört der laut Bundeswehr "modernste Truppenübungsplatz Europas". Dieser erstreckt sich über eine Fläche von mehr als 230 Quadratkilometern. Seit 2012 der zuvor geheim beschlossene Bau von Schnöggersburg bekannt geworden war, gab es zahlreiche Demonstrationen und Protestcamps dagegen – ohne Erfolg.

Ende 2019 übernahm der schwedische Rüstungskonzern SAAB den technischen Betrieb des GÜZ als Dienstleister. Von 2020 bis 2026 soll dies den Steuerzahler 120 Millionen Euro kosten. SAAB löste damit die deutsche Rüstungsschmiede Rheinmetall als langjährige Betreiberin ab.

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