2021: Odyssee in der Blockchain – Bitcoin, NFTs und die Fiat-Inflation
von Alexander Pałucki
An finanziellen Um- und Durchbrüchen ließ das Jahr 2021 nicht missen. Aufgrund der weltweiten Krise, die von der COVID-19-Pandemie fortlaufend angetrieben wird, sahen sich die U.S. Federal Reserve (US-amerikanische Zentralbank) und die Europäische Zentralbank (EZB) zu einer in ihrem Ausmaß historisch einzigartigen, expansiven Geldpolitik berufen, die von allen betroffenen Regierungen dankend begrüßt wurde. Im Zuge dessen sind zahlreiche US-Dollar- und Euro-Einheiten neu erschaffen worden, die offiziell der Bewältigung der wirtschaftlichen Krise dienen sollten: u. a. Übergangsgelder, Finanzierung der enormen Impfkampagnen oder Linderung der Sozialsystem-Überlastung.
Bis Januar 2020 wurden vier Billionen neue US-Dollar gedruckt. Eine Zahl, die bis Oktober 2021 auf zwanzig Billionen US-Dollar anstieg. Dies hatte eine direkte Auswirkung auf die nationalen Staatsschulden der USA, die Ende November 2021 28,9 Billionen US-Dollar betrugen. (Zum Vergleich: Die US-Bundesverschuldung belief sich am Ende des Finanzjahres 2018/19, also zum 30. September 2019, auf 22,7 Billionen US-Dollar.)
Selbst in den etablierten Medien ist mittlerweile die Rede von einer 'drohenden Hyperinflation' mit historischen Vergleichen zur Weimarer Republik, obgleich die monetäre Verantwortung der Regierenden bisher eher seltener unterstrichen wird.
Die staatlichen Finanzeinrichtungen stehen unter Druck und setzen sich diesem teils gegenseitig aus: Der neue Bundesbank-Chef Joachim Nagel mahnte neulich Christine Lagarde (EZB) wegen der zu hohen Inflationsrate in der Eurozone, während die U.S. Federal Reserve am 12. Januar 2022 einen neuen 'Inflationsbericht' veröffentlichte, der die bisherige, großzügige Geldschöpfung und den damit rapiden Ankauf von Staatsanleihen nun noch zeitiger als angekündigt abwürgen soll. Die Märkte Anfang 2022 – glatte zwanzig Jahre nach der Einführung des Euro – sind vorsichtig bis ehrfürchtig den kommenden Diktaten der Zentralbanken gegenüber.
Bitcoin wütet einem Bullen gleich
Anders gesagt: Die erste Kryptowährung der Welt erreichte im Jahr 2021 drei signifikante Allzeithochs: zum einen am 13. April, mit einem Preis von 63.503 US-Dollar. Zum anderen am 20. Oktober, mit 65.992 US-Dollar, und zu guter Letzt am 8. November, als der Bitcoin einen Wert von 67.566 US-Dollar erzielte.
Diesen Höhepunkten folgten jeweils steile Korrekturen nach unten, die vielen Tradern auf dem Markt großes Trübsal bescherten. Denn viele ihrer gegensätzlichen Einsätze wurden liquidiert und so gingen Unmengen an gewettetem Geld verloren. Allein für den ersten Bitcoin-Absturz im April zeigten Hochrechnungen Liquidationen im Wert von insgesamt weit über zehn Milliarden US-Dollar.
Noch genauer: In der zweiten Aprilhälfte fiel der Bitcoin innerhalb von zwölf Tagen erst um 22,8 Prozent, also auf 49.004 US-Dollar. Genau einen Monat später korrigierte die Kryptowährung dann um insgesamt 45,2 Prozent, also weiter runter auf 34.770 US-Dollar. Der Tiefpunkt des Jahres von 29.807 US-Dollar (also 53 Prozent gerechnet von dem Allzeithoch im April) wurde im Juli erreicht. Wer aber all die Zeit über brav seine Coins gehalten hat, blieb von dieser Achterbahn (finanziell) unbehelligt und wurde im Herbst wieder für seinen Langmut belohnt.
Zwar bleibt der Bitcoin als moderne Anlage kurz- bis mittelfristig stets stark schwankend, aber im historischen Gesamtbild gibt es bisher wenige andere Vermögenswerte, die einem das eigene Kapital eindringlicher vor den Tücken der Inflation schützt als eben Bitcoin. Dennoch, die Debatte ist bisher immer noch rege im Gange, inwieweit sich das für die Zukunft bestätigen lässt.
Säbelrasseln aus dem verträumten Land des Fiats
So hat US-Finanzministerin Janet Yellen Anfang letzten Jahres zugegeben, dass sie den Einfluss von Kryptowährungen zurückdrängen möchte. Wie würde sie das gerne angehen wollen? Indem sie sich energisch dafür einsetzt, die Kapazitäten des Internationalen Währungsfonds (IWF) weiter auszubauen: Der IWF wird nämlich von zahlreichen Finanzexperten als zukünftiger Aussteller einer neuen, weltweiten, digitalen und zentralisierten Währung angesehen. Zur ähnlichen Zeit erklärte der derzeitige Vorsitzende der U.S. Federal Reserve (FED), Jerome Powell, vor dem Kongress, dass die FED die Ausgabe eines 'digitalen Dollars sorgfältig prüft', und bezeichnete dies als 'ein Projekt von hoher Priorität für uns'. Obwohl Powell auch leicht gegensätzliche Aussagen trifft und so die Finanzmarktteilnehmer in neue Ungewissheit führt.
Dennoch, eine unverkennbare Mühe und Sorgfalt hinter dem Projekt eines 'digitalen US-Dollars' ist da und ähnelt der, die man bei Powells chinesischen Amtskollegen beobachten kann. Auch in Peking ist nämlich die Rede von einem "digitalen Yuan". Berichten zufolge sind beide Projekte – Stand Anfang 2022 – ihrem Ziel noch viel weiter gekommen.
Entgegen einer eher offensiven Strategie aus der staatlichen US-Finanz knickte die einflussreiche, multinationale Investmentbank Goldman Sachs, die enge Beziehungen zu den mächtigsten Regierungen der Welt unterhält, im vorigen Jahr endlich ein. Sie kündigte im März 2021 ein 'umfassendes' Investitionsangebot für Kryptowährungen, einschließlich Bitcoin, für ihre Privatkunden an. Das kam, nachdem die Firma über Jahre hinweg Bitcoin als unseriösen Finanz-Schwindel abtat.
Ein ähnlich großer Mitstreiter von Goldman Sachs, die multinationale Investmentbank Citi, sorgte mit ihrem 2021er-Papier namens 'Bitcoin: At the Tipping Point' (zu Deutsch: 'Bitcoin: Am Wendepunkt') für eine weitere frische Brise: Der dort ausgelegten Analyse zufolge könnte sich der Bitcoin innerhalb nur weniger Jahre zur bevorzugten Währung im internationalen Handel entwickeln.
NFTs erobern den Mainstream
Was aber sind eigentlich NFTs? Ein 'non-fungible Token' (zu Deutsch: ein 'nicht ersetzbarer Token') ist ein einzigartiges Objekt (zum Beispiel ein Bild), das auf der Blockchain existiert und kodiert ist. Es ist deswegen einzigartig, weil es eine nur auf der Blockchain ermöglichte Signatur erhält, die unwiederholbar fortbesteht. Die kryptografische Technologie ermöglicht es sozusagen, eine 'digitale Prägung' zu vollziehen, die das NFT einzigartig macht und anschließend als Einzelstück zum Verkauf beziehungsweise Handel freigeben kann.
Im Jahr 2021 hat der Kunstmarkt allein in den ersten Monaten 10 Prozent seiner Einnahmen über den NFT-Verkauf verwirklicht, was bereits nach einem halben Jahr weltweit auf eine Gesamt-Verkaufssumme von 2,5 Milliarden US-Dollar anstieg.
Der berühmte Philosoph Walter Benjamin würde sich womöglich erstaunt im Grabe wenden, wenn er erfahren würde, dass seine These der 'technischen Reproduzierbarkeit' (1935) eine zumindest zeitweilige Anfechtung erfährt. In seinem berühmten Aufsatz untersuchte Benjamin die Frage, inwieweit die damals noch neuartige, massenhafte Reproduzierbarkeit eines Kunstwerkes durch die damaligen Newcomer 'Tonfilm' und 'Fotografie' die kollektive Wahrnehmung augmentieren. So wie man sich die 'Sixtinische Madonna' kopieren, ausdrucken und an den Kühlschrank hängen kann, so kann man sich natürlich auch eine Kopie eines originalen NFTs machen. Aber so wie es nur einen Ur-NFT gibt, so gibt es nur eine einzige 'Madonna in Dresden'.
Vorsätzliche Kopien können natürlich vom NFT-Autor veranlasst werden, aber auch diese kann er auf eine beliebige Anzahl kryptografisch prägen und begrenzen.
Durch das allseits wütende NFT-Fieber wird also versucht, 'das Kunstwerk' nun mit einer neuartigen, digital-kryptografischen Einzigartigkeit zu versehen, sie somit auch monetär 'einmalig' zu machen oder in der absoluten Anzahl zu begrenzen. So wurde erstmals die Möglichkeit gegeben, das 'Besitzrecht' über ein digitales Objekt auf der Blockchain zu übertragen. Ob dieser Ansatz langfristig gelingt, hängt von der weiteren Adaption ab.
Der ehemalige US-Schwergewichtsweltmeister im Boxen, Mike Tyson, überquerte diese neue Schwelle letztes Jahr und gab insgesamt eine Kollektion von 528 NFTs auf der Plattform OpenSea.io zum Verkauf frei.
Auch die US-amerikanischen Musiker Aphex Twin, Eminem und Snoop Dogg sprangen auf den schon ratternden Blockchain-Zug und erstellten ihre eigenen NFT-Sammlungen.
Im deutschsprachigen Raum sind mit ihren NFT-Werken besonders die Musiker Kool Savas und Kollegah oder der NFT-3D-Künstler Memo Barutcu aufgefallen.
Wer es glaubt, wird selig
Aller Skeptik der letzten Dekade zum Trotz beweist der Bitcoin ein ums andere Mal mehr, dass es sich hier um eine neue Technologie handelt, die eine wichtige Nachfrage anfing effektiv anzugehen: finanzielle Selbstbestimmung, individuelle Souveränität und eine Chance für dezentrale Netzwerke, die abseits der Kontrolle weniger Mächtiger funktionieren können. Diejenigen, die am frühesten überzeugt waren und investierten, wurden am großzügigsten belohnt – ein Prinzip aber, das sich bis heute noch erprobt, da neue Krypto-Projekte in hoher Frequenz erscheinen und einige von ihnen die technischen Giganten der Zukunft stellen werden.
So zeigte sich die Blockchain-Innovation als weitestgehend erfolgreich, vor allem durch das jüngste Steckenpferd der NFTs.
Das Phänomen des 'Internets der Werte' (das, was die Blockchain de facto ausmacht) expandiert zügig in andere Lebensbereiche und ist verdrahtet mit der 'Vierten Industriellen Revolution', dem 'Internet der Dinge', dem 'Internet der Körper', genauso wie mit dem jüngst angekündigten 'Metaverse'. Themen, die wir in zukünftigen Artikeln im Detail verfolgen und beleuchten werden.
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