Das Schlachtfeld im Handelskrieg, auf dem China den USA einen schweren Schlag versetzen könnte
Ein Kommentar von Tom Fowdy
Anfang letzter Woche trafen die Außenminister von Saudi-Arabien, Kuwait, Oman und Bahrain sowie der Generalsekretär des Golf-Kooperationsrats (GCC) zu einem viertägigen Besuch in Peking ein, um die wirtschaftlichen Beziehungen zu China zu erörtern. Ganz oben auf der Agenda stand ein geplantes Freihandelsabkommen (FTA) zwischen den Golfstaaten und China. Die Gespräche darüber wurden bereits 2004 aufgenommen, stagnierten jedoch seither. Man hoffte nun, dass das Abkommen durch das jüngste Treffen in Peking, das von der Global Times als "beispiellos" bezeichnet wurde, neuen Schwung bekommen wird. Dieses Treffen fand nur wenige Wochen statt, nachdem die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) ein Geschäft über den Kauf von F-35-Kampfflugzeugen mit den Vereinigten Staaten fallen ließen. Washington hatte versucht, den Verzicht der VAE auf Geschäfte mit dem chinesischen Anbieter von Telekommunikation Huawei als Bedingung für einen Vertragsabschluss zu machen.
Da alle Golfstaaten versuchen, ihre Volkswirtschaften weg vom Erdöl zu diversifizieren, und China darauf bedacht ist, so viele Freihandelsabkommen wie möglich abzuschließen, um den Bemühungen der USA zur Eindämmung Chinas entgegenzuwirken, scheint die Zeit reif für eine Vertiefung der Beziehungen zwischen den Golfstaaten und China. Wie das Debakel rund um Huawei zeigt, ist es offensichtlich, dass die USA ihren Einfluss, den sie gegenüber den Golfstaaten ausüben und die seit langem enge Beziehungen zu Washington unterhalten, falsch eingeschätzt haben. Peking hingegen bietet diesen Staaten wirtschaftliche und politische Sicherheit, und zwar auf eine Weise, die von den USA nicht angeboten wird, was dazu führt, dass die Golfstaaten ihren Blick zunehmend nach Fernost wenden.
Die Golfstaaten sind reich gewordene Monarchien, die ihre jeweiligen Regime und Privilegien mit der Unterstützung der USA und ihrer Verbündeten in einem "Schirmherr und Schützling"-System festigten und im Gegenzug Amerikas strategische und wirtschaftliche Interessen im Nahen Osten unterstützten.
Nach der Auflösung des Osmanischen Reichs nach dem Ersten Weltkrieg und dem Vordringen europäischer Mächte – insbesondere Großbritannien und Frankreich – in den Nahen Osten und in die Golfregion wurde die Vereinbarung getroffen, im Austausch gegen Öl die politische Unabhängigkeit der Araber zu unterstützen – wenn auch vor dem Hintergrund willkürlich gezogener Grenzen und gebildeter Staaten. Im Laufe der Zeit übernahmen die USA die Rolle des Garanten dieser Vereinbarung. In den 1930er Jahren hatte sich das Königreich Saudi-Arabien konsolidiert, während in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts eine Reihe kleinerer Staaten aus britischen Protektoraten hervorgingen, darunter Oman, die Vereinigten Arabischen Emirate, Bahrain und Katar. Der Abmachung war simpel: "Versorgt uns mit Öl, kauft unsere Waffen und wir werden euch beschützen."
Diese autokratischen Staaten wurden in der Folge zum Dreh- und Angelpunkt der Opposition gegen revolutionäre postkoloniale Staaten, die sich gegen die Präsenz des Westens in der Region stellten, darunter Ägypten unter Präsident Gamal Nasser, Irak unter Saddam Hussein, Syrien unter Hafiz al-Assad sowie Iran nach der Machtergreifung durch Ajatollah Khomeini. Dies hat die Golfstaaten zu wichtigen Märkten für den militärisch-industriellen Komplex der USA gemacht.
Die Welt jedoch verändert sich – wenn auch nicht auf eine Weise, die den USA gefällt. Zunächst einmal gibt es jetzt einen wesentlich größeren Markt für Erdöl jenseits von Amerika und seinen Verbündeten. Der Aufstieg Chinas, einem Land mit rund 1,4 Milliarden Einwohnern, hat es zum weltweit größten Energieverbraucher gemacht, eine Abwägung, die unweigerlich zu einer ausgedehnten Handelsbeziehung zwischen Peking und den Golfstaaten geführt hat.
Zudem können die Golfstaaten angesichts des immer näher rückenden Zeitalters der erneuerbaren Energien nicht ewig auf ihr Erdöl angewiesen bleiben und versuchen, ihren seit langem angehäuften Reichtum in Neues zu investieren, um somit ihre Volkswirtschaften zu diversifizieren. Ein besonderes Beispiel dafür ist der Staatsfonds von Saudi-Arabien, der kürzlich den englischen Fußballclub Newcastle United aufgekauft und zudem in China investiert hat. Die Golfstaaten sehen offensichtlich den größten Verbrauchermarkt der Welt als wichtigen Teil ihrer wirtschaftlichen Strategie. Aber vor allem sehen sie in China auch einen politisch verlässlichen Partner, der trotz einer völlig anderen politischen Ideologie als der des autokratischen Islam mit seiner Politik der Nichteinmischung eher die nationalen Souveränitäten anderer Länder respektiert als der liberal-evangelikale Westen.
Es ist somit kein Wunder, dass die Golfstaaten Chinas Xinjiang-Politik bei den Vereinten Nationen geschlossen unterstützen. Dies ist ein Bereich von gemeinsamen Interessen, in dem die USA, obwohl sie im Allgemeinen ihr Bestes tun, um die Menschenrechte in den Golfstaaten zu übersehen, nicht mithalten können.
Die USA zeigen sich selbstverständlich alarmiert über die Wende der Golfstaaten hin zu Fernost und haben Ende vergangenen Jahres versucht, die Beziehungen zwischen China und den Vereinigten Arabischen Emiraten zu untergraben. Erst kam aus Washington die Forderung, ein Geschäft mit Huawei fallen zu lassen, und danach die Beschuldigung in Richtung China, eine geheime Militärbasis im Hafen von Khalifa errichtet zu haben. Doch diese Versuche blieben weitgehend erfolglos, und obwohl Abu Dhabi das Projekt im Hafen von Khalifa auf Eis legte, um die USA zu beschwichtigen, ließ es gleichzeitig auch das Geschäft mit den F-35-Kampfflugzeugen fallen und brandmarkte die Forderungen der USA als inakzeptablen Verstoß gegen die nationale Souveränität.
Dies hätte die USA daran erinnern sollen, dass die Golfstaaten keine "Verbündeten" sind, so wie die europäischen Staaten, sondern Partner, die zur Förderung ihrer eigenen Interessen die USA und andere Nationen nutzen. Und jetzt erkennen diese Partner allmählich, dass ein erheblicher Teil ihrer Interessen von China besser bedient werden kann. Die Golfstaaten glauben keiner von den USA angeführten Propaganda über eine vermeintliche chinesische Bedrohung. Und als autoritäre Staaten kann man ihnen auch nicht das Argument verkaufen, sich gemeinsam mit den USA einem globalen Kampf für Demokratie anzuschließen oder dass Peking eine Bedrohung für ihre eigenen Regime darstellt.
Und nicht nur die USA machen diesen Fehler. Liz Truss, Großbritanniens polarisierende Außenministerin, traf sich Ende vergangenen Jahres ebenfalls mit den Außenministern der Golfstaaten und versuchte dabei, wenn auch indirekt, Chinas Belt and Road Initiative (BRI) mit einer "Finanzierung ehrlicher und zuverlässiger Infrastruktur im Ausland" zu kontern. Ein eindeutig lächerlicher Versuch, Großbritannien als praktikable Alternative zu China zu positionieren.
In diesem Fall sollte schon jetzt klar sein, dass eine der wichtigsten Prioritäten Chinas im Jahr 2022 der Abschluss eines Freihandelsabkommens mit den Golfstaaten sein wird. Bisher war das geplante Abkommen ins Leere gelaufen, weil die Golfstaaten mit ihren riesigen Handelsüberschüssen, erzielt durch den Export von Energie, kein solches Freihandelsabkommen brauchten, um wirtschaftlich zu gedeihen.
Aber die Zeiten sind jetzt anders, und diese Staaten wollen in Chinas Einzelhandels- und Dienstleistungsmärkte vordringen und ihre eigenen Spezialitäten wie Textilien, Kunsthandwerk und Lebensmittel dorthin exportieren. Da China Freihandel als seine primäre Strategie gegenüber den USA ansieht, die Golfstaaten keine Industrienationen sind und somit auch keine Herausforderung für die chinesische Industrie darstellen – aber große Importeure und fleißige Verbraucher sind –, sollte es für Peking ein Leichtes sein, alle notwendigen Zugeständnisse zu machen, um das Freihandelsabkommen durchzusetzen.
Die politischen Folgen daraus werden gewaltig sein: Angesichts des Streits um Huawei wird den USA die Botschaft gesendet, dass sie nicht mehr dieselbe absolute Macht über die Golfstaaten haben, die sie einst hatten, und dass sie nicht alle zwingen können, sich gegen China zu wenden. Die Golfstaaten bleiben zwar weiterhin offen für eine positive Zusammenarbeit mit Washington und London. Aber ihre Botschaft ist deutlich: Eine Zusammenarbeit zu ihren Bedingungen und China ist ihre Absicherung.
Schließlich sollte auch daran erinnert werden, dass die Vereinigten Arabischen Emirate, Saudi-Arabien, Kuwait und die anderen Golfstaaten in jedem Fall – und das gilt für Peking genauso wie für alle anderen – weniger als Freunde aber mehr als Geschäftspartner zu betrachten sind.
RT DE bemüht sich um ein breites Meinungsspektrum. Gastbeiträge und Meinungsartikel müssen nicht die Sichtweise der Redaktion widerspiegeln.
Übersetzt aus dem Englischen.
Tom Fowdy ist ein britischer Autor und Analytiker für Politik und internationale Beziehungen mit Schwerpunkt Ostasien. Er twittert unter @Tom_Fowdy
Mehr zum Thema - Warum die EU mit Chinas Belt and Road Initiative niemals in Konkurrenz treten kann
Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.