Meinung

Q-Force – die neue Zeichentrickserie von Netflix: Willkommen bei der LGBTQ-CIA

Vergangene Woche hat Netflix seine neue Zeichentrickserie Q-Force herausgebracht – Spionagegeschichten, mit dem gewissen Etwas. Die Prämisse lautet: Ein schwuler Superspion und seine ruppige LGBTQ-Truppe kämpfen darum, sich dem Geheimdienst zu beweisen, von dem sie grob unterschätzt werden. Q-Force ist ein mieser Versuch, den Sicherheitsstaat queer-freundlich erscheinen zu lassen.
Q-Force – die neue Zeichentrickserie von Netflix: Willkommen bei der LGBTQ-CIA

von Tom Secker

Q-Force dreht sich um einen schwulen James-Bond-Typen namens Steve Maryweather – von seinem homophoben Chef immer nur "Mary" genannt. Er arbeitet für eine kaum verschleierte Version der CIA – namens "American Intelligence Agency" (AIA). Aber Maryweather und sein Team werden aufgrund institutioneller Vorurteile gegen Homosexuelle in ein schmuddeliges Garagenbüro in West-Hollywood gesteckt.

Die Reaktionen auf die Show waren gemischt. PinkNews, das britische Zentralorgan der LGBT-Bewegung, bezeichnete Q-Force vorhersehbar als "eine lustige, animierte queere Spionageserie, von der wir nicht wussten, dass wir sie brauchen". Die Reaktionen der Zuschauer waren ansonsten überwiegend negativ. Der Guardian, normalerweise eine Bastion progressiver Tugendhaftigkeit, gab Q-Force einen dicken Daumen nach unten und fasste zusammen: "Eine Flut an queeren Kulturklischees, überholte Referenzen auf Ally McBeal und Brokeback Mountain und – entscheidend – das Fehlen von Lachern, sorgen für einen stereotypischen Stinkstiefel einer Animation."

Sicherlich haben sich die Macher der Show eindeutig für eine Mischung aus The Simpsons und Mission: Impossible entschieden, mit Zugaben von etwas Priscilla, Queen of the Desert. Am Ende jedoch war es eher so, dass American Dad! auf Spy Kids trifft, nur in 3D.

Maryweather und seine fröhliche Bande von Multisexuellen sind allesamt flammende Stereotypen, vom der sexuell ambivalenten Hackerin vom Typ Das Mädchen mit der Drachen-Tätowierung über die dicke schwarze lesbische Mechanikerin und der Drag Queen, eine Spezialistin für verdeckte Operationen, namens – seufz – Twink. Maryweather sondert Sätze ab, die Augenrollen verursachen, wie etwa: "Ich freue mich darauf, meinem Land mit meinem ganzen großen schwulen Herzen zu dienen", während sein bigotter Chef genauso grob ist und sagt, dass er Q-Force keine echten Missionen geben kann, weil: "Was ist, wenn sich jemand sein Pronomen verrenkt?"

Dadurch entsteht eine Dynamik, bei der die Mitglieder der Q-Force ausgerechnet Bestätigung von dem System suchen, das sie marginalisiert und ablehnt, was – wie jeder Psychologe bestätigen wird – einfach nicht gesund ist. Es ist auch politisch fragwürdig. Warum sollte eine Gruppe von Menschen, die an den Rand gedrängt und von einer Institution in ihren Rechten systematisch verletzt wird, sich ausgerechnet innerhalb ebendieser Institution beweisen wollen? Q-Force wird vom Geheimdienst behandelt wie von einem gewalttätigen Ehepartner, aber Twink und der Rest kommen immer wieder zurück, um noch mehr abzukriegen.

Dies liegt zum Teil an einer Reihe von queer-freundlichen Einstellungen, wie zum Beispiel in der Eröffnungsepisode, in der das Team in einer Schwulen-Bar eine Anti-Terror-Operation durchführt, oder in einer anderen Episode, in der sie den "Eurovision Song Contest" infiltrieren müssen. Das Serienfinale findet sogar auf einem riesigen Pride-Festival statt.

Trotzdem ergibt die Handlung überhaupt keinen Sinn. Der Direktor der AIA, Dirk Chunley, ist offen queerphobisch, beauftragt daher einen knallharten Macho-Agenten, die Q-Force zu beaufsichtigen, und sagt ihm noch, er solle "die Sodomiten babysitten gehen". Warum sollte jemand mit so offensichtlichen Vorurteilen ein spezielles Team einstellen, das aus einem schwulen Captain America und einer Litanei von Kumpanen mit zweideutigen Identitäten besteht?

Das Ergebnis dieses klaffenden Abgrundes in der Plausibilität der Handlung und vieler schlechter Drehbücher ist eine Zeichentrickserie, die gleichzeitig predigend und anachronistisch daherkommt, als ob die Autoren die meisten ihrer Ideen aus Tumblr-Memes von 2009 übernommen hätten. Zu alldem wird der progressive Anspruch der Serie durch die Tatsache untergraben, dass jeder einzelne Charakter in der Serie weißer Hautfarbe ist, mit Ausnahme der oben erwähnten großen schwarzen lesbischen Mechanikerin. Die einzige nicht-weiße Stimme ist die abgedroschenste von allen.

Noch wichtiger ist, dass Q-Force von einem Trend profitiert, der sich sowohl in der Popkultur als auch in der Mainstream-Politik etabliert hat, bei dem sich der Sicherheitsstaat und die autoritäre Regierungspolitik mit progressiver Symbolik schmücken wollen. Einfach ausgedrückt, die Serie wäscht die CIA, den MI6 und die anderen Buchstaben-Agenturen mal eben "queer", indem sie den Anschein erwecken will, dass LGBTQ-Leute diese Institutionen befürworten, sich von ihnen Sicherheit versprechen oder sogar für diese Institutionen arbeiten wollen, selbst wenn sie wie Dreck behandelt werden.

Wir haben diesen Trend in der ganzen Diskussion über die Möglichkeit gesehen, ob ein weiblicher, schwarzer, schwuler oder transsexueller die Rolle des James Bond nach Daniel Craig übernehmen könnte. Ein Großteil des Druckes, den Bond-Charakter zu überarbeiten, kam von Fürsprechern und Aktivisten. Aber dieses Denken ist völlig fehlgeleitet. Bond war schon immer als Propaganda-Ikone für die postkoloniale Ära konzipiert, basierend auf dem Archetyp des britischen Abenteuermannes, der den Eingeborenen zeigte, wo der Bartel den Most holt. Er ist der Standard-Psychopath einer Regierung, die auf ihrem Weg zur Demokratie und in die Freiheit serienmäßig auf der ganzen Welt tötet.

Warum also sollten Schwarze oder Braune James Bond sein wollen? Sie werden in den Originalromanen schrecklich dargestellt, mit endlosen Bemerkungen darüber, wie seltsam sie riechen oder Beschreibungen, die auf ihre Körper fixiert sind. Auch die jüngsten Bond-Verfilmungen bewahrten diese sehr "weißen", geradlinigen und englischen Oberklasse-Werte der Originalvorlagen.

Wie trägt die Darstellung einer sexuell aggressiven Lesbe, die ungestraft nordkoreanische Sicherheitskräfte tötet, dazu bei, die Rechte von Schwulen zu fördern oder grundlegende Stereotype und Vorurteile gegenüber lesbischen Frauen in Frage zu stellen? Wenn überhaupt, würden sie – ähnlich wie die Charaktere in Q-Force – einfach verstärkt werden.

Die "United Colors" der Amerikanischen Einzigartigkeit

Dies ist nicht nur ein kulturelles Phänomen, denn auch die CIA ist auf den Zug nur aufgesprungen, um ihren Ruf als eine auf Folter und Drohnenmorde spezialisierte Agentur reinzuwaschen. Sie ist natürlich immer noch auf diese Dinge spezialisiert, aber jetzt stellt sie während des Pride-Monats Regenbogenbilder in die sozialen Medien ein – also kann sie wohl nicht so schlimm sein, nicht wahr?

Um das Jahr 2017 herum luden sie beispielsweise den Comic-Autor Brian M. Bendis in ihr Hauptquartier nach Langley ein. Ein paar Jahre später erklärte Bendis in einem Interview:

"Ich durfte dort vor ein paar Jahren über eine Welt sprechen, die jetzt anders ist. Sie machten sich Sorgen über die Probleme mit der Vielfalt, die sie damals hatten. Marvel Comics hingegen florierte gerade dank dem Thema, also fragten wir sie, wie wir helfen könnten. Sie ließen mich kommen, um über verschiedene Möglichkeiten zu sprechen. Und ja, sie haben den Weißen kommen lassen, um über Vielfalt zu sprechen, aber ich bin Jude."

Die CIA nahm die Empfehlungen an, indem sie sich dem Hype um Black Panther anschloss, um Marvels ersten Film mit überwiegend schwarzen Superhelden. Sie veröffentlichte Artikel auf ihrer Webseite, in denen die Technologien der CIA mit den im Film gezeigten verglichen wurden und twitterten ihre Unterstützung für den Film, als er für die Oscars nominiert wurde.

In ähnlicher Weise wurde US-Präsident Joe Biden weithin dafür gelobt, dass er die vielfältigste nationale Sicherheitsstruktur aufgebaut hat, die jemals in den USA existierte. Das Fachmagazin Defense News schreibt:

"54 Prozent des nationalen Sicherheitsapparates – vom Pentagon über das Außenministerium bis hin zur Agentur für Internationale Entwicklung – sind Frauen, 40 Prozent Farbige und mindestens 7 Prozent identifizieren sich als LGBTQ. Allein im Pentagon sind 55 Prozent der politisch berufenen Personen Frauen, etwa 46 Prozent Farbige und mehr als 10 Prozent identifizieren sich als LGBTQ."

Es überrascht vielleicht nicht, dass dieses vielfältige Team nichts tut, um das Drohnenprogramm zu demontieren, die Guantanamo Bay Naval Base zu schließen, das Militärbudget zu kürzen, die Massenüberwachung zu regulieren oder dem Zyklus der ewigen Kriege ein Ende zu setzen. Ganz zu schweigen von der Beendigung von Dingen wie dem "Programm 1033", mit dem "überzählige" militärische Ausrüstung im Wert von Milliarden von US-Dollar an die inländischen Polizeibehörden übergeben wird.

Daher kam die Veröffentlichung von Q-Force zum richtigen Zeitpunkt und fängt den Höhepunkt der Welle der Umbenennung derselben alten neurotischen, grausamen, feindseligen Praktiken über das verschwommene Konzept der sogenannten Vielfalt auf. Die Serie zeigt, wie unsere Charaktere töten, in die Privatsphäre von Menschen eindringen, lügen, betrügen und stehlen – aber das ist alles in Ordnung, weil sie ja LGBTQ sind. Wenn die Regierung unsere E-Mails hackt und unsere private Korrespondenz mit unseren Lieben liest, ist es dann nicht beruhigend zu wissen, dass man dafür möglicherweise eine lesbische Migrantin eingestellt hat?

Also: Wenn man es mag, dass ein animierter Spionage-Comic laue Witze bringt, aber mit viel Vielfalt-Gedöns, wie zum Beispiel "Hetero Männer sind nur Lesben mit längeren Shorts, weniger Fähigkeiten und Bösem im Herzen", dann ist Q-Force die passende Serie. Wenn man es jedoch satt hat, staatliche Verbrechen in Ordnung zu finden, solange sie von einem diversen Team, das ganz Amerika repräsentieren soll, angeordnet oder begangen werden, dann schlage ich vor, diese Serie wie einen kulturellen Durchfall zu behandeln – was sie sicherlich ist – und sich von ihr fern zu halten.

RT DE bemüht sich um ein breites Meinungsspektrum. Gastbeiträge und Meinungsartikel müssen nicht die Sichtweise der Redaktion widerspiegeln.

Übersetzt aus dem Englischen.

Tom Secker ist ein britischer investigativer Journalist, Autor und Podcaster. Seine Arbeit kann man über seine Webseite Spy Culture sowie seinen Podcast ClandesTime verfolgen.

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