Niemand hat die Absicht, Druck auszuüben – Merkel und die Lizenz für RT DE
von Arthur Buchholz
Angela Merkel vermittelt ja schon seit geraumer Zeit den Eindruck, neben Frank-Walter Steinmeier eher eine Art Parallelpräsidentin zu sein. Sie schwebt über den Dingen und lässt sich nur zu tagespolitischen Themen aus, wenn es nun wirklich nicht anders geht.
Beim Staatsbesuch in Moskau kam sie dann nicht umhin, sich auch mal etwas unbequemen Fragen zu stellen. So fragte ein Journalist von RT, warum denn die deutsche Regierung auf Luxemburg Druck ausgeübt habe.
Die Antwort der Kanzlerin ist natürlich so wahr, wie sie falsch ist. Klingt paradox? Nicht wirklich:
"Was RT anbelangt, so hat Deutschland – das haben wir Ihnen auch schon des Öfteren gesagt – keinerlei Druck auf Luxemburg ausgeübt, und auch die Entscheidung über die Zulassung in Deutschland wird unabhängig von der Regierung und schon gar von der Bundesregierung, aber auch von den Landesregierungen geführt. Dieser Prozess ist ja im Gange."
Wie zu lesen war, tauschten sich Beamte der luxemburgischen Medienaufsicht mit deutschen Kollegen aus, dabei waren auch deutsche Diplomaten und auch ein Vertreter der im Bundeskanzleramt angesiedelten Beauftragten für Kultur und Medien Monika Grütters. Auch die Geheimdienste schalteten sich dazu. Da war ja ganz schön was los in der Leitung.
Bestimmt fiel auch kein böses Wort. Denn "Druck ausüben" ist auch so ein hässlicher Begriff. Man kann doch einfach nur "Positionen austauschen" und "Empfehlungen abgeben". Und natürlich kam im Laufe des Gesprächs die luxemburgische Integrität nicht zu Schaden.
Die Luxemburger standen dem russischen Antrag wahrscheinlich eher emotionslos gegenüber. Schlussendlich konnte man sich elegant auf formale Details der in unnachahmlicher Beamtenpoesie geschriebenen "RICHTLINIE 2010/13/EU DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 10. März 2010 zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedsstaaten über die Bereitstellung audiovisueller Mediendienste" zurückziehen. So heißt es jedenfalls in dem Antwortschreiben an RT DE.
Damit geht der Antrag zurück an den Sender, oder besser gesagt an die Landesmedienanstalt Berlin-Brandenburg. Auch hier, man erinnert sich an die Worte der Kanzlerin, wird selbstverständlich kein Druck ausgeübt. Aber die Bewertungskriterien sind andere. In Luxemburg ist "Staatsferne" kein Ausschlussgrund. In Deutschland, und lassen wir uns das auf der Zunge zergehen, in Deutschland muss ein Sender "staatsfern" sein.
Deshalb gibt es diese absurde Konstruktion namens "Anstalt öffentlichen Rechts", auf der das Konglomerat aus ARD und ZDF basiert. Das hat zur Konsequenz, dass die Finanzierung dieser Anstalt eben nicht aus Steuern geregelt wird, sondern aus "Gebühren". Faktisch besteht zwischen diesen Modellen kein großer Unterschied. Als Euphemismus ist das Wort "Gebühren" der feuchte Traum jedes Intendanten.
Staatsferne – blanker Hohn angesichts der täglich im öffentlich-rechtlichen Rundfunk ausgestrahlten Einseitigkeit, die für sich beansprucht, "alle" Bevölkerungsgruppen zu repräsentieren. Die kürzlich vom MDR veröffentlichte Umfrage, dass die Mehrheit der Deutschen das nervige Gendern ablehnen, wird natürlich großzügig ignoriert, der ÖRR hat ja schließlich einen Bildungsauftrag, gell?
Wer dann noch journalistische Prinzipien wie Ausgewogenheit und Neutralität in diesem mit acht Milliarden Euro teuersten Sendergeflecht der Welt sucht, braucht gute Augen. In seiner Selbstwahrnehmung als moralischer Lehrmeister ist der ÖRR faktisch zum Ministerium für Wahrheit geworden, das wie die Regierung für jedes Land der Welt gute Ratschläge parat hat, abweichende Meinung und Diskussionen im eigenen Land aber mit Pauschalkategorien verunglimpft.
Natürlich ist es auch schön, eine Deutsche Welle im Ausland zu haben, die dort natürlich nur für unabhängigen Journalismus steht. Im eigenen Land verbittet man sich aber diese Form der Einmischung. Wenn nicht staatsfern, so sind der ÖRR und die dahinter stehende Politik zumindest realitätsfern. Und während RT DE die Lizenz für einen TV-Sender verweigert wurde, nahm der TV-Sender des Boulevardblatts Bild am Wochenende die Arbeit auf.
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