Meinung

Debatte um Baerbocks Hochschulabschluss: "Haltungsjournalismus" in Hochform

Kürzlich gab es einige Aufregung um die akademischen Abschlusszeugnisse der grünen Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock. Bei der Debatte, die eigentlich keine ist, fällt auf, wie vehement einige Vertreter der Mainstream-Medien Baerbock verteidigen.
Debatte um Baerbocks Hochschulabschluss: "Haltungsjournalismus" in HochformQuelle: www.globallookpress.com © Andreas Gora/Keystone Press Agency

von Daniel Schrawen

In den sozialen Medien hat es in den letzten Tagen einige Diskussionen um den Hochschulabschluss der Kanzlerkandidatin der Partei Bündnis 90/Die Grünen, Annalena Baerbock, gegeben. Nach eigenen Angaben hatte Baerbock von 2000 bis 2004 im Diplomstudiengang Politikwissenschaften mit dem Nebenfach Öffentliches Recht an der Universität Hamburg studiert und mit einem "Master of Laws" an der renommierten London School of Economics (LSE) abgeschlossen. Doch einem Blogger fiel in Baerbocks Lebenslauf einige Ungereimtheiten auf, da Baerbock ihr Studium in Hamburg nicht abgeschlossen hatte.

Fälschlicherweise hatten zahlreiche Medien in den vergangenen Jahren Baerbocks Bachelorabschluss erwähnt, darunter sogar die Süddeutsche Zeitung und die Grünen-nahe Heinrich-Böll-Stiftung. Mittlerweile hat die Süddeutsche den Artikel mit einem Hinweis versehen. Auch die Heinrich-Böll-Stiftung korrigierte den Eintrag und entschuldigte dies mit einem "Übersetzungsfehler". Doch damit stellte sich natürlich die Frage, wie Baerbock ohne Bachelorabschluss zu einem zweisemestrigen Masterstudiengang in London zugelassen wurde, da sie in Hamburg nur ihr Grundstudium mit einem Vordiplom der Note 1,3 abgeschlossen hatte. Doch auch dies klärte sich recht schnell: Aus einem älteren Internetauftritt der LSE geht hervor, dass sich deutsche Studenten auch das Vordiplom als Zugangsvoraussetzung anerkennen lassen können.

Damit bleibt allerdings die Frage offen, ob sich Annalena Baerbock als "Völkerrechtlerin" bezeichnen darf. Der Blogger und Experte für Wissenschaftsbetrug Hadmut Danisch erklärte gegenüber exxpress.at, dass die Behauptung, Baerbock habe einen "Master of Laws", irreführend sei. Dabei bestehe die Gefahr, dass man dies mit einem regulären deutschen Studiengang verwechsle. Es wäre eine "Anmaßung eines akademischen Grades", den Titel einfach ins Deutsche zu übersetzen und als "Master in Völkerrecht" anzugeben. Auch der Rechtswissenschaftler Wolfgang Lipps bezeichnete Baerbocks Bezeichnung als Völkerrechtlerin als "Etikettenschwindel", da sie keine Volljuristin sei und damit etwas darstelle, was sie nicht sei.

Eigentlich wäre das Ganze kein großes Thema und damit weitestgehend erledigt gewesen, doch es ist erstaunlich, wie vehement einige Mainstream-Medien die Falschaussagen um Annalena Baerbock verteidigen. Selbst Andreas Kappeler, der Wahlkampfsprecher der Partei Bündnis 90/Die Grünen, hielt es für nötig, Auszüge aus Baerbocks akademischen Zeugnissen zu veröffentlichen, um die Ungereimtheiten aufzuklären. Neben dem Tagesspiegel griff auch das Redaktionsnetzwerk Deutschland das Thema auf und stellte klar, dass sie keine Juristin sei.

"Das hat sie auch nie behauptet."

Dummerweise findet man auf web.archive.org die frühere Version von Baerbocks Lebenslauf und dort steht unter dem Punkt "Ausbildung und Berufliches" ziemlich eindeutig "Politik- und Jurastudium, Universität Hamburg (2000–2004)".

Dass das Thema in den sozialen Medien hochkocht, hat sich Baerbock auch selbst zuzuschreiben: Man erinnere sich daran, dass Baerbock selbst auf prätentiöse Art ihre akademische Ausbildung betonte und im Interview mit dem Norddeutschen Rundfunk erklärte, dass sie "vom Völkerrecht" komme. Ihr Parteivorsitz-Kollege Robert Habeck dagegen, der ebenfalls als Kanzlerkandidat zur Auswahl stand, würde sich "vom Hause her" eher mit "Hühnern, Schweinen und Kühe melken" auskenne.

Erstaunlich ist zudem, dass einige Vertreter der Mainstream-Medien davon ausgehen, dass die russische Regierung angeblich ein Interesse haben soll, Baerbock als Kanzlerkandidatin zu verhindern. Im Tagesspiegel-Artikel wird behauptet, dass neben "rechten Netzwerken" auch "prorussische, teils sogar staatlich finanzierte Akteure" ein Interesse daran hätten, im Netz Falschmeldungen über Baerbock zu verbreiten. "Aus dieser Ecke" sollen, so der Tagesspiegel, auch die jüngsten Vorwürfe gekommen sein. Offensichtlich soll auf diese Weise suggeriert werden, dass russische Medien hinter den "Falschmeldungen" über Baerbocks akademischen Lebenslauf stecken.

Ironischerweise behauptet der Tagesspiegel zudem, dass "Falschmeldungen" über Baerbocks akademische Zeugnisse verbreitet werden, betrachtet es später jedoch als notwendig, den Artikel mit folgendem Hinweis zu versehen: In einer früheren Version des Artikels hieß es, Baerbock habe an der Universität Hamburg abgeschlossen. Dies habe man inzwischen "präzisiert", da sie eine Diplom-Vorprüfung mit der Note 1,3 abgeschlossen habe. Da stellt sich natürlich die Frage, wer hier wirklich Falschmeldungen verbreitet.

Vielleicht sollte man an dieser Stelle einmal deutlich machen, dass es eigentlich die Aufgabe von Journalisten ist, solche Dinge zu hinterfragen. In diesem Zusammenhang sei nur an die Plagiatsaffären von Karl-Theodor zu Guttenberg, Annette Schavan und – etwas aktueller – Franziska Giffey erinnert. Doch für die grüne Kanzlerkandidatin gelten diese Ansprüche anscheinend nicht. Wie es um die Neutralität der Medien in Deutschland bestellt ist, sieht man beispielsweise an einem (mittlerweile gelöschten) Tweet der Tagesschau:

Auch der Volksverpetzer griff das Thema auf: Wenig erstaunlich ist, dass die "Faktenchecker" Baerbock verteidigen und Russland beschuldigen, die Verbreitung von Fake News zu unterstützen. Im Blogbeitrag heißt es diesbezüglich:

"Dabei scheint auch das russische Regime ein Interesse daran zu haben, Frau Baerbock als zukünftige Kanzlerin verhindern zu wollen und unterstützt die Verbreitung von Fake News."

Dabei ist man sich nicht einmal zu schade, zumindest indirekt die Bild-Zeitung als Quelle zu nutzen. Ein als Quelle verlinkter Artikel des Guardian bezieht seine Informationen wiederum auf die Bild, in der erneut die übliche Hetzkampagne gegen Russland gefahren wird. Ausgerechnet die Bild als Quelle zu verwenden, die vom seriösen Journalismus ungefähr so weit entfernt ist wie Annalena Baerbock von einer Rede ohne Versprecher, ist selbst für den Volksverpetzer peinlich.

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