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USA vs. China ­­– Trumps Handelskrieg als Teil einer größeren Agenda gegen das Reich der Mitte

Zölle und Gegenzölle – die Eskalationschraube im Handelsstreit zwischen den USA und China dreht sich weiter. Das wachsende internationale Gewicht Chinas bedroht die Position der Weltmacht Nummer 1 USA. Das Konfliktpotenzial geht über einen Handelskrieg hinaus.
USA vs. China ­­– Trumps Handelskrieg als Teil einer größeren Agenda gegen das Reich der MitteQuelle: Reuters

Im Juli 2018 hat US-Präsident Donald Trump Zölle auf chinesische Produkte in Höhe von 50 Milliarden US-Dollar erlassen. Diese Woche drehte Trump die Zollschraube weiter auf zusätzliche 200 Milliarden US-Dollar an Zöllen gegen Waren aus China. Die chinesische Regierung antwortete mit Gegenzöllen im Umfang von 60 Milliarden US-Dollar. Trump wiederum hatte für den Fall chinesischer Gegenmaßnahmen angekündigt, eine erneute Steigerung der Zölle um zusätzliche 267 Milliarden US-Dollar vorzubereiten. Die USA sind damit auf dem Weg in einen veritablen Handelskrieg gegen China, mit weltweiten Auswirkungen. So betrifft ein solcher Handelskrieg infolge der extremen Verflechtungen transnationaler Lieferketten insbesondere Deutschland als "Exportweltmeister" (genauer Exportüberschussweltmeister). Durch die starke Präsenz der deutschen Exportindustrie sowohl in den USA als auch in China droht Deutschland – wie auch die EU insgesamt – zwischen die Fronten dieses Handelskonfliktes zu geraten.

Donald Trump rechtfertigt diese Maßnahmen als nötigen Schritt gegen unfaire Praktiken Chinas, denn diese bedeuteten

eine ernsthafte Bedrohung für die langfristige Gesundheit und den Wohlstand der Wirtschaft der Vereinigten Staaten.

(a grave threat to the long-term health and prosperity of the United States economy.)

Doch bei diesen Maßnahmen geht es letztlich nicht um Handel und Wirtschaft, sondern um die "totale Kapitulation" Chinas, so die Einschätzung von Experten wie dem ehemaligen Leiter der China-Abteilung beim Internationalen Währungsfond (IWF) Eswar Prasad gegenüber der Washington Post:

Es ist schwierig zu sehen, was die Vision der Regierung von einem Endspiel anderes bedeuten könnte als die totale Kapitulation Chinas vor allen Forderungen der USA.

(It is difficult to see what the administration’s vision of an end game might be other than total capitulation by China to all U.S. demands.)

Die Vereinigten Staaten gehen damit direkt gegen China und seinen Aufstieg zu einer globalen Großmacht vor. Hinter dem derzeitigen Handelskrieg steht gleichwohl die gesamte militärische Macht der USA. Das heißt, der derzeitige Handelskrieg Washingtons gegen Peking kann durchaus der Vorlauf für einen militärischen Konflikt, einen echten Krieg zwischen beiden Mächten sein. Der langjährige Auslandskorrespondent von La Vanguardia, Rafael Poch, beleuchtet auf CTXT aktuell die Hintergründe des heraufziehenden Konflikts und benennt als zentralen Punkt:

Mit der sogenannten 'Neuen Seidenstraße' (One Belt one Road) gewinnt die chinesische Politik in jeder Hinsicht an Gewicht und Prestige in der Welt.

Nicht zuletzt die Ausfälle und Unberechenbarkeit des US-Präsidenten bewirkten, dass sein chinesischer Gegenpart Xi Jinping in der Rolle eines ernsthaften und verlässlichen Staatsmanns von Weltrang erscheint. Verstärkt wird dieser Effekt noch durch die US-amerikanische "Diplomatie" eines "entweder Du bist für uns oder gegen uns".

Dagegen ist die 'Neue Seidenstraße' als einzigartiges Projekt offen, integrierend und universalistisch und beruht insofern nicht auf der derzeitigen Logik des Rechts des Stärkeren,

schreibt Poch und schildert weiter, was das genau bedeutet. Demzufolge sei die "Neue Seidenstraße" für die Volksrepublik China die dritte große Entwicklungsphase seit ihrer Gründung. Auf dem Fundament der Revolution Mao Zedongs folgte als zweite Phase die wirtschaftliche Modernisierung unter Deng Xiaoping und seinen Nachfolgern. Dabei galt in internationalen Angelegenheiten Zurückhaltung, um sich voll und ganz auf die innere Entwicklung und Stabilisierung während dieser schwierigen Etappe zu konzentrieren. Mit Xi Jinping trete China in die dritte große Phase ein, in der es darum gehe, die Rolle Chinas in der Welt zu definieren und zu bestätigen. Der kontinuierliche Aufstieg Chinas sei nunmehr begleitet von direkter Einmischung des Landes in internationale Angelegenheiten, und zwar über die bloße Absicherung und Garantie der Versorgung und Auslastung seiner Produktionskapazitäten hinaus.

Aus der Sicht der Beziehungen zwischen den Großmächten hat China mit dieser dritten Phase den ersten Schritt in Richtung der Übernahme einer Rolle als Supermacht eingeleitet. Die Imperative dieses 'chinesischen Aufstiegs', der bis vor kurzem Diskretion erforderte, erfordern nun eine stärkere Intervention in der Welt", so Poch.

Zwei verschiedene Modelle für die Gestaltung der Zukunft

Bei der im September 2013 gestarteten "Neuen Seidenstraße" handele es sich um ein Großprojekt zur wirtschaftlichen Integration Asiens, Afrikas und Europas über gigantische Investitionen in entsprechende Infrastrukturen: Energie- und Kommunikationsnetze, Transportkapazitäten über Land- und Seewege, finanzielle Integration – all dies ausgerichtet auf Ausbau, Wachstum und Sicherung der globalen Wirtschaft (im Rahmen der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit, SOZ, wird diese Integration sogar noch durch eine sicherheitspolitische Komponente ergänzt). Mit einer mittelfristigen Perspektive für die kommenden drei Jahrzehnte umfasse dieses Projekt rund 70 Länder – von denen viele vor allem mit den chinesischen Investitionen kalkulieren – und damit etwa 70 Prozent der Weltbevölkerung, 55 Prozent des weltweiten Bruttoinlandproduktes und 75 Prozent der bekannten globalen Energievorräte. Poch beschreibt als grundlegende Prinzipien dieser Initiative die Offenheit für alle Länder, den integrierenden Charakter basierend auf dem Respekt der jeweiligen Besonderheiten und Entwicklungsmöglichkeiten jedes einzelnen Landes sowie die Regeln eines gemeinsamen Marktes. Dementsprechend seien auch die Folgen globale, und drastische:

Das implizite Ergebnis dieser Initiative ist die Schaffung eines neuen geopolitischen Paradigmas. In Washington betrachten sie es als eine echte Herausforderung für die Vereinigten Staaten und ihre dominierende Rolle in Eurasien und in der Weltwirtschaft. Und sie sind nicht bereit, dies zuzulassen. Wenn das alles funktioniert, kann Chinas Aufstieg nur durch Krieg gestoppt werden.

Was augenblicklich als Handelskrieg beginnt, berge demnach Potenzial für einen weit größeren Konflikt. Die militärische Dynamik dessen zeigt sich bereits sehr konkret im sogenannten "pivot to Asia" (der Orientierung großer Teile der militärischen Kapazitäten der USA gen China) und den Spannungen im geostrategisch bedeutenden Südchinesischen Meer. Die Reaktion Xi Jinpings sei genau darauf ausgerichtet: auf eine turbulente Phase mit militärischen Spannungen oder schlimmstenfalls offenen kriegerischen Konflikten, wofür sich die chinesische Führung mit der Schaffung eines Sicherheitsgürtels wappne.

China suche allerdings keine offene Herausforderung der weltweiten militärischen US-Dominanz. Dies würde China überfordern, es wäre schlichtweg irreal und extrem gefährlich. Vielmehr gehe es darum, Zweifel unter den US-Militärs zu säen, inwieweit die USA aus einer regionalen militärischen Auseinandersetzung im Südchinesischen Meer, auf das sich der "pivot to Asia" vor allem richtet, tatsächlich als Sieger hervorgehen würden. Demnach konzentriere sich die chinesische Marinestrategie darauf, die Allianzen der Vereinigten Staaten in Ostasien und im Westpazifik zu schwächen. Statt auf eine Logik aus den Zeiten des Kalten Krieges vertraue China dabei auf sein gewachsenes wirtschaftliches Gewicht in der Region, das mittlerweile größer ist als das der USA. Gleichzeitig baue China sein militärisches Potenzial, insbesondere das der Luftwaffe und Marine, aus. Poch beruft sich in seiner Einschätzung auch auf den Premierminister Australiens Kevin Rudd, der als einer der wenigen westlichen Führer die chinesische Sprache versteht. Rudd zufolge hat Xi Jinping die Struktur und die Doktrin des chinesischen Militärs radikal verändert, mit dem konkreten Ziel,

Zweifel an der Fähigkeit der USA [zu säen], einen militärischen Konflikt mit China in der Region um die umstrittenen Inseln zu gewinnen und Taiwan zu verteidigen.

Sehr bald schon, resümiert Poch, könne China die regionale (nicht die globale) militärische Dominanz der Vereinigten Staaten herausfordern. Die ersten Salven eines solchen Krieges bestünden aus "wirtschaftlicher" Munition, doch man solle sich nicht täuschen:

Dieser Krieg hat nichts mit Handel zu tun, sondern mit zwei Modellen für die Gestaltung der Zukunft.

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