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"Verbannt mich wie Trump!" – Serbiens Präsident Vučić legt sich mit Twitter an

Etliche serbische Medien wurden jüngst von Twitter als "staatsnah" gekennzeichnet. Das Vorgehen des Kurznachrichtendienstes wurde als unbegründet bezeichnet. Serbiens Präsident rief Twitter gar dazu auf, ihn wie den Ex-US-Präsidenten Trump zu verbannen.
"Verbannt mich wie Trump!" – Serbiens Präsident Vučić legt sich mit Twitter anQuelle: AFP © Jure Makovec

Bei rund einem Dutzend serbischer Medien heißt es ab sofort auf ihren Profilen beim Kurznachrichtendienst Twitter in serbischer Sprache und kyrillischer Schrift: "Medium, das mit der Regierung Serbiens kooperiert" (zu Serbisch: Медиј који сарађује са владом Србија). Mit diesem Label versehen sind unter anderem die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten RTS und RTV, die Nachrichtenseite B92, die Online-Auftritte der Zeitungen Politika, Informer oder Srpski Telegraf, die inzwischen private Nachrichtenagentur Tanjug oder etwa die privaten Fernsehsender Prva, Pink oder Happy TV.

Twitter hatte bereits im August 2020 in Vorbereitung auf die US-Präsidentschaftswahlen damit begonnen, Medien als "staatsnah" zu kennzeichnen. In dieser Woche wurde die Kennzeichnung auf Serbien ausgeweitet, und aus der Formulierung "staatsnah" wurde auf Serbisch "kooperiert mit Regierung".

Offiziell heißt es zu dem Kennzeichnen bei Twitter unter "Regeln und Richtlinien": "Die Labels werden auf den Profilseiten der jeweiligen Twitter Accounts sowie in den Tweets angezeigt, die von diesen Accounts gesendet und geteilt werden. Sie informieren über das mit einem Account verbundene Land und darüber, ob dieser von einem Regierungsvertreter oder einem staatsnahen Medienunternehmen betrieben wird." Laut Twitter bedeutet diese Formulierung "staatsnah" Folgendes:

"Staatsnahe Medien sind Kanäle, bei denen der Staat durch finanzielle Ressourcen, direkten oder indirekten politischen Druck und/oder Kontrolle über Produktion und Vertrieb die Kontrolle über redaktionelle Inhalte ausübt." 

Doch es gibt staatlich finanzierten Medien wie die britische BBC, die nicht mit dem Label versehen werden. Laut Twitter ist dies so, weil die BBC eine "staatlich finanzierte Medienorganisation mit redaktioneller Unabhängigkeit" sei. Auch ARD und ZDF werden nicht gekennzeichnet.

Mehrere serbische Medien reagierten mit Artikeln gegen das Vorgehen des Kurznachrichtendienstes. "Twitter ist eine Propagandamaschine des Krieges", betitelte etwa die Boulevardzeitung Informer ein Interview mit einem serbischen Autor, der behauptete, die in den USA ansässigen sozialen Medien würden "das Gleiche tun, was die NATO-Bomber 1999 getan hatten". Die Boulevardzeitung druckte dazu auf ihrer Titelseite ein Foto von Hitler, der aus dem blauen Twitter-Logo herausschaut.

Informer gilt allgemein als wohlwollend gegenüber Präsident Aleksandar Vučić und seiner regierenden Serbischen Fortschrittspartei (SNS).

Auch der serbische Präsident kommentierte inzwischen das Labeln etlicher Medien des Landes. "Mit wem sollten sie sonst zusammenarbeiten, mit Oligarchen, Dieben und Kriminellen?", fragte Vučić, den die US-Nachrichtenagentur AP als "autokratischen Führer" bezeichnete. Es sei "das Normalste der Welt, dass die Medien mit der Regierung zusammenarbeiten", führte der 51-Jährige fort. Vučić fügte hinzu: 

"Die meisten dieser Sender werden nicht einmal von uns als Staat finanziert. Aber sie finanzieren Voice of America und die BBC, und die werden nicht als staatliche Medien bezeichnet. Da frage ich mich, wer hier Zensur ausübt."

Zugleich rief er Twitter höhnisch dazu auf, ihn wie den ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump von der Plattform zu verbannen. Vučić sagte:

"Ich kann es kaum erwarten, dass sie mein Konto sperren, damit ich ein weiterer Trump auf der Welt sein kann."

Dies war eine Anspielung auf die fragwürdige Entscheidung von Twitter, Trumps Konto im Januar "dauerhaft zu sperren", als er noch amtierender US-Präsident war. Die Begründung lautete, dass er angeblich den Strum auf das Kapitol angezettelt habe. Auch bei Facebook ist Trump noch mindestens bis Anfang 2023 gesperrt.

Trump wurde vorgeworfen, seine Anhänger zum Aufstand ermuntert zu haben. Ein weiterer Grund für die Verbannung war, dass er nach wie vor behauptet, dass ihm der Sieg bei der Präsidentenwahl im November durch Betrug gestohlen worden sei. Bei Twitter folgten Trump zum Zeitpunkt seiner Sperrung mehr als 80 Millionen Nutzer.

Die erste Welle der Kennzeichnung von Medien durch Twitter zielte auf russische und chinesische Sender ab, wobei es die Plattform ablehnte, dasselbe für US-amerikanische, britische oder deutsche Sender zu tun, die vollständig von den Regierungen ihrer Länder finanziert werden.

Die serbische Rundfunkanstalt RTS wies in einer Erklärung, in der der Sender gegen die Kennzeichnung protestierte, auf die Scheinheiligkeit dieses Vorgehens hin und fügte hinzu, dass sie nicht aus dem Staatshaushalt, sondern aus Rundfunkgebühren finanziert wird, genau wie die BBC.

RTS bezeichnete die Kennzeichnung als eine Form von "unzulässigem Druck" auf die Medien und nannte es "skandalös", dass Twitter das Labeln anwandte, ohne den Sender darüber zu benachrichtigen, eine "ernsthafte und begründete Erklärung" für den Schritt zu liefern oder zu erklären, was getan werden könnte oder sollte, um die Kennzeichnung loszuwerden.

Der Schritt sei "eine Beleidigung für Twitter-Nutzer, die als unfähig betrachtet werden, ihre eigenen Schlüsse aus den Inhalten zu ziehen, die sie lesen und denen sie folgen", so der Sender weiter.

Es sei "gefährlich", Medienschaffende und besonders Journalisten zu jemandem zu erklären, der mit der Regierung kooperiert. Dies könne sie zur Zielscheibe machen und sie Sicherheitsrisiken aussetzen, argumentierte RTS und wies darauf hin, dass das letzte Mal, als dies geschah – im April 1999 –, die NATO ihr Gebäude in Belgrad bombardiert und 16 ihrer Mitarbeiter getötet hatte.

RTS kündigte zugleich an, bis auf Weiteres aus Protest keine Inhalte mehr auf Twitter zu posten. Der letzte Tweet stammt vom 16. August.

Ein großer Teil der serbischen Medien wird von westlichen Unternehmen finanziert, wie beispielsweise Ringier Axel Springer Media AG oder etwa KKR Global, dem die CNN-Tochtergesellschaft N1 sowie das SBB-Kabelnetz gehören. Auch deutsche Medienkonzerne wie Gruner + Jahr sowie WAZ (heute Funke Mediengruppe) waren in Besitz von Zeitungen und Zeitschriften in Serbien gewesen, zogen sich aber vor wenigen Jahren vom serbischen Markt zurück.

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