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Abzug der US-Truppen aus Afghanistan: Großbritannien wollte eigenes Militärbündnis schmieden

Das Abkommen zwischen den USA und den Taliban sollte den Krieg in Afghanistan beenden. Der britische Verteidigungsminister macht öffentlich, dass Großbritannien versuchte, mit Verbündeten eine Militärkoalition für das Machtvakuum nach Verlassen der US-Truppen zu bilden.
Abzug der US-Truppen aus Afghanistan: Großbritannien wollte eigenes Militärbündnis schmiedenQuelle: Gettyimages.ru © Per-Anders Pettersson

Der vorige US-Präsident Donald Trump versprach den Abzug aller US- und NATO-Truppen aus Afghanistan und ein Ende des teuersten und längsten Konflikts der US-Geschichte bis zum Mai 2021. Das im Februar 2020 geschlossene Friedensabkommen sollte den für die USA bereits 18 Jahre andauernden Kriegseinsatz beenden. Bis zum symbolischen Datum am 11. September dieses Jahres sollen nun alle ausländischen Militärs Afghanistan verlassen haben. Im Rahmen des Abkommens hatten sich die Taliban seinerzeit im Gegenzug verpflichtet, keine westlichen Truppen anzugreifen. Auch die Bundeswehr zog unter hohen Sicherheitsvorkehrungen aus Afghanistan ab.

Mit dem Abzug der ausländischen Truppen begannen die Taliban eine Offensive. Berichten zufolge ist es ihnen bereits gelungen, große Teile des Landes von den afghanischen Sicherheitskräften zurückzuerobern. Es wird befürchtet, dass das geschundene Land nun auf einen neuen, langwierigen Bürgerkrieg zusteuert. 

Ben Wallace, der britische Verteidigungsminister, bezeichnete die Vereinbarung zwischen den USA und den Taliban als ein "faules" und "fehlerhaftes" Friedensabkommen. Er machte öffentlich, dass Großbritannien versucht hat, eine Militärkoalition aus "gleichgesinnten" Verbündeten zu bilden, um die afghanischen Streitkräfte nach dem Abzug US-amerikanischer Truppen zu unterstützen. Vonseiten der NATO-Mitgliedsstaaten habe es jedoch kaum Interesse gegeben, weiterhin in Afghanistan präsent zu bleiben.

Selbst ein Alleingang der Briten sei angedacht worden. Aber letztlich wurde entschieden, dass eine Entsendung britischer Truppen nach Afghanistan "nicht machbar" sei, da eine solche einseitige Intervention bedeuten würde, dass sich Großbritannien hierfür "aus vielen anderen Orten auf der Welt zurückziehen" müsste. 

Gegenüber der Daily Mail hatte Wallace erklärt, dass der Abzug der internationalen Truppen den Taliban helfen werde, zurück an die Macht zu gelangen – und einen weiteren Militäreinsatz britischer Truppen mit sich bringen werde: 

"Das Abkommen war ein mieses Geschäft, es ist fehlerhaft... Es macht mich traurig, dass mit dem Abkommen vieles von dem, was in Afghanistan in 20 Jahren erreicht wurde, zunichte gemacht wurde. Wir werden voraussichtlich in 10 oder 20 Jahren wieder zurückkommen. Aber jetzt zu agieren, ist nicht möglich. Der Schaden wurde mit dem Abkommen vollzogen." 

"Wir haben es bei einer Reihe von gleichgesinnten Nationen versucht. Einige sagten, sie seien sehr interessiert, aber ihre Parlamente waren es nicht. Es wurde ziemlich schnell klar, dass ohne die USA als Rahmennation, die sie waren, diese Optionen nicht in Frage kamen." 

Innerhalb weniger Tage haben die Taliban die Kontrolle über eine sechste Provinzhauptstadt in Afghanistan erlangt, wie einer ihrer Sprecher erklärte. Der stellvertretende Gouverneur der Provinz Samangan, in der sich die Stadt Aybak befindet, bestätigte den militärischen Sieg der Taliban.

Gegenüber der Nachrichtenagentur AFP erklärte der afghanische Beamte Sefatullah Samangani: "Die Taliban haben die Stadt Aybak erobert und kontrollieren sie vollständig." Die Taliban hatten am Montag offiziell die Kontrolle über die Stadt übernommen. Ein Senator hatte sich offiziell ergeben und die afghanischen Streitkräfte zum Rückzug aufgefordert, um ein Blutbad zu vermeiden. Taliban-Sprecher Zabihullah Mudschahid erklärte auf Twitter, das Stadtzentrum sei vollständig unter ihrer Kontrolle, während der Gouverneur, der Polizeichef, der Geheimdienst und alle angeschlossenen Organisationen geräumt seien. 

Die Einnahme von Aybak erfolgte wenige Tage nach der Übernahme der Kontrolle über die Provinzhauptstadt Sar-i Pul und die fünftgrößte Stadt der Region durch die Taliban. Alle wichtigen Regierungsgebäude in den beiden Orten wurden von Taliban-Kämpfern gesichert. Afghanische Soldaten hatten Berichten zufolge versucht, die Kontrolle über den Flughafen von Kundus zu verteidigen. 

Am Wochenende erklärte General Richard Barrons, ehemaliger Leiter des britischen Joint Forces Command, gegenüber der BBC, der Westen habe "die Zukunft Afghanistans an einen sehr schwierigen Part verkauft" und bezeichnete den Abzug als "strategischen Fehler": 

"Wir gehen das Risiko ein, dass sich terroristische Organisationen in Afghanistan wieder ansiedeln, um in Europa und anderswo Schaden anzurichten... Ich denke, das ist ein sehr schlechtes strategisches Ergebnis."

Nach Angaben der Taliban haben die militanten Islamisten nach Abzug der ausländischen Truppen bereits 85 Prozent des afghanischen Territoriums zurückerobert. Afghanische Beamte bestreiten diese Zahl und sprechen von einer Übertreibung.

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