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Defender-Vorfall im Schwarzen Meer: BBC-Journalist bestätigt bewusste Provokation gegen Russland

Ein BBC-Journalist, der beim Eindringen der britischen "HMS Defender" in russisches Hoheitsgewässer an Bord war, bestätigt, dass es sich um eine an Russland adressierte Provokation gehandelt hat. Moskau wirft London die Verbreitung von Lügen vor und warnt vor Konsequenzen.
Defender-Vorfall im Schwarzen Meer: BBC-Journalist bestätigt bewusste Provokation gegen RusslandQuelle: Reuters © Verteidigungsministerium der Russischen Föderation/Handout

Das britische Verteidigungsministerium und die Botschaft des Landes in Moskau verbreiten Lügen über den jüngsten Vorfall, bei dem ein Zerstörer der britischen Marine in russische Hoheitsgewässer im Schwarzen Meer an der Halbinsel Krim eingedrungen ist. Diesen Vorwurf machte die Sprecherin des russischen Außenministeriums Maria Sacharowa am Mittwoch auf ihrem Telegram-Kanal.

Sie stellte die Aussagen der britischen Seite Berichten gegenüber, wonach ein BBC-Journalist, der sich an Bord des Zerstörers befand, das absichtliche Eindringen des Schiffes in russische Hoheitsgewässer bestätigte. Hierzu liegt eine Tonaufnahme des besagten Korrespondenten vor, auf die Sacharowa verwies, sowie mittlerweile auch eine Videoaufnahme.

Russlands stellvertretender Außenminister Sergei Rjabkow warnte bei weiteren Vorfällen vor deutlich ernster zu nehmenden Konsequenzen.

Bericht des britischen Korrespondenten vom Ort des Geschehens

Jonathan Beale, ein Journalist aus dem Verteidigungsressort der BBC, hielt an Bord des britischen Lenkwaffenzerstörers HMS Defender fest, der Zerstörer habe absichtlich Kurs in russische Hoheitsgewässer genommen, "um ein Zeichen zu setzen". Dies wohlgemerkt, obwohl recht drastisch formulierte Warnungen von Küstenwachschiffen des russischen Grenzdienstes des FSB empfangen wurden. Auch wies Beale darauf hin, die Besatzung der Defender habe durchaus die Warnschüsse gehört, habe aber zunächst geglaubt, diese seien "außerhalb der Reichweite" gefallen.

Dies alles hielt Beale in einer Audioaufnahme fest. Nicht zuletzt geht hieraus hervor, dass das Schiff absichtlich in die Gewässer in der Nähe der Krim geführt wurde, und zwar in den 12 Seemeilen (19 Kilometer) breiten Streifen entlang der Küste. Dies sei nach britischer Auslegung noch "anerkannter internationaler Schifffahrtsweg". Der Transit durch russische Gewässer dauerte über eine Stunde, so der britische Korrespondent.

Die russische Küstenwache habe das Schiff gewarnt, nicht in die russischen Hoheitsgewässer an der Küste der Krim zu fahren – mit dem Hinweis, dass es sich um russische Gewässer handele.

Beale merkte an, dass Großbritannien die Halbinsel nicht als russisch, sondern als ukrainisch anerkennt.

"Dies wäre ein bewusster Schritt, um Russland gegenüber ein Zeichen zu setzen. Die HMS Defender sollte innerhalb der 12-Meilen-Grenze der Hoheitsgewässer der Krim fahren."

Dem Journalisten zufolge wurden von der russischen Küstenwache "zunehmend feindselig formulierte Warnungen per Funk erteilt", darunter jene:

"Wenn Sie den Kurs nicht ändern, werde ich schießen."

Als die HMS Defender nach den Bomben-Warnabwürfen vor ihren Bug schließlich umkehrte und die russischen Gewässer verließ, wurde sie von zwei Schiffen der Küstenwache und etwa 20 Flugzeugen begleitet, schilderte Beale.

Früher am selben Tag gab das russische Verteidigungsministerium bekannt, dass Patrouillenschiffe des Landes an das britische Marineschiff gerichtete Warnschüsse abgefeuert hatten, da dessen Besatzung Warnungen per Funk ignoriert habe. Durch anschließenden Bomben-Warnabwurf von einem Bodenkampfflugzeug des Typs Su-24m einer Fliegerstaffel der russischen Schwarzmeerflotte vor den Bug des britischen Zerstörers wurde schließlich seine Ausfahrt aus russischen Hoheitsgewässern erwirkt, so die Pressestelle der Behörde.

Um jeweils 12:06 und 12:08 Uhr führte ein Patrouillenschiff des Grenzdienstes die Warnschüsse aus.

Um 12:19 führte ein Su-24m Bomben-Warnabwürfe mit 4 Splittersprengbomben des Typs OFAB-250 auf dem Kurs des Zerstörers HMS Defender durch.

Um 12:23 verließ die HMS Defender unter gemeinsamen Maßnahmen der Schwarzmeerflotte und des Grenzschutzdienstes des Föderalen Sicherheitsdienstes der Russischen Föderation die Grenzen des Territorialmeeres der Russischen Föderation.

Die Eskapade des britischen Lenkwaffenzerstörers wurde anschließend vom russischen Verteidigungsministerium als "eklatante Verletzung des UN-Seerechtsübereinkommens von 1982" gewertet.

Britische Versuche der Gesichtswahrung

Moskaus Sicht auf den Vorfall wurde alsbald aus London widersprochen. Dort behauptete man stattdessen, es seien "keine an die HMS Defender gerichteten Warnschüsse abgefeuert worden" und das Schiff habe lediglich vom Recht auf "friedliche Durchfahrt durch ukrainische Hoheitsgewässer in Übereinstimmung mit dem Völkerrecht" Gebrauch gemacht. Russlands Militär habe gerade im selben Gebiet und im selben Augenblick Schießübungen abgehalten, so das britische Verteidigungsministerium:

"Es wurden keine Schüsse auf die HMS Defender abgefeuert und wir erkennen die Behauptung nicht an, dass Bomben in ihren Weg abgeworfen wurden."

Nach dem Vorfall wurde der britische Botschafter für Russland in das Außenministerium in Moskau einbestellt. Auch er hielt an der offiziellen Sprachregelung aus London fest.

London seiner Manieren verlustig. Nächstes Mal bitte anklopfen

Die Sprecherin des russischen Außenministeriums Maria Sacharowa warf der britischen Regierung Lügen im Zusammenhang mit dem Vorfall vor. Des Weiteren empfahl sie London, sich auf althergebrachte britische Manieren zurückzubesinnen:

"Wer lügt also: das britische Verteidigungsministerium, der britische Journalist des Fernsehsenders BBC oder die britische Botschaft in Moskau? Es gibt eine Antwort. Diesmal sind es das britische Verteidigungsministerium und die britische Botschaft. London ist seiner guten Manieren verlustig gegangen. Ich möchte unseren britischen Partnern raten: Wenn Sie das nächste Mal 'friedlich eintreten' wollen, klopfen Sie an."

Der Kapitän der HMS Defender, Commander Vincent Owen sprach gegenüber der britischen Daily Mail von der Ausübung des "Rechts auf friedliche Durchfahrt" entlang einer anerkannten Seefahrtroute, ebenso wie die britischen Regierungsbehörden. Gleichwohl erwartete er eine russische Reaktion wie die, die sich dann tatsächlich einstellte. Der – ebenso wie der BBC-Kollege – an Bord der HMS Defender befindliche Mark Nicol von der Daily Mail zitiert ihn so:

"Ich habe den Verdacht, sie werden versuchen, uns hinauszubefördern."

Owen gab zwar an, sich auch angesichts der Maschinenkanonen der russischen Patrouillenschiffe sicher gefühlt zu haben, zumal auch wegen der höheren Maximalgeschwindigkeit des Zerstörers gegenüber den russischen Schiffen – die anschließende Annäherung behagte ihm dafür deutlich weniger:

"Wir waren mit 30 Knoten unterwegs, im Vergleich zu ihren 21, was mir das beruhigende Gefühl gab, außer Reichweite ihrer Kanonen zu sein.[…] Die heutige Reaktion der Russen war eine Steigerung – denn diese Distanz auf 100 bis 200 Meter zu verkürzen, ist weder sicher noch entspricht es den Sitten der Seefahrt."

Owen schilderte gegenüber dem britischen Blatt Daily Mail, im Laufe des Vorfalls definitiv Maschinenkanonenfeuer vernommen zu haben:  "Ich nehme an, die Schüsse kamen von einem der Fahrzeuge der Küstenwache."

Der Journalist Mark Nicol gibt an, aus den Lautsprechern des Bordfunks eine Warnung auf Englisch vernommen zu haben:

"Überqueren Sie nicht die Staatsgrenze oder ich schieße. […] Wir übernehmen nicht die Verantwortung, falls Sie Schäden davontragen. Wir führen eine Militärübung in diesem Gebiet durch."

Nach mehreren derartigen Funkwarnungen sei vom für die See- und Luftraumüberwachung zuständigen Personal schließlich vermeldet worden:

"Schussgeräusche Heck!"

Kurz danach vernahm der aufs Deck hinausgerannte Nicol auch selbst wiederholtes Feuer von Maschinenkanonen.

Die Ereignisabfolge bei diesem Vorfall, wie der Journalist der Daily Mail sie schildert, läuft der Version der britischen Regierungsbehörden vollständig zuwider, wonach keine Warnschüsse abgegeben wurden. Anders als Warnschüsse konnten die Schüsse der Maschinenkanonen angesichts dieser Abfolge gar nicht gedeutet werden.

Bei Wiederholung Konsequenzen: "Können auch das Ziel bombardieren"

Das russische Außenministerium betonte unterdessen am Donnerstag die Bereitschaft Russlands, die Unversehrtheit seiner Grenzen neben diplomatischen auch mit militärischen Mitteln zu garantieren. Jeder, der ähnliche Provokationen wie im Vorfall mit der britischen HMS Defender vom 23. Juni durchführt, muss mit schlimmen Konsequenzen rechnen. Auf die Frage von Journalisten der russischen Nachrichtenagentur Interfax nach den Mitteln Russlands zur Vorbeugung derartiger Vorfälle antwortete der stellvertretende russische Außenminister Sergei Rjabkow:

"Wir können an den gesunden Menschenverstand appellieren, die Achtung des Völkerrechts einfordern. Falls dies nicht hilft und die Kollegen kein Verständnis zeigen, können wir auch Bomben abwerfen. Nicht einfach nur in den Weg, sondern auch auf das Ziel."

Die HMS Defender ist ein auf Flug- und Raketenabwehr spezialisierter Lenkwaffenzerstörer. Sie lief im Jahr 2009 vom Stapel und ist derzeit auf Einsatz im Schwarzen Meer befindlich. Vor dem jüngsten Zwischenfall lag das Schiff im ukrainischen Hafen von Odessa, wo eine Unterzeichnungszeremonie unter Beteiligung des britischen Ministers für Verteidigungsbeschaffung Jeremy Quin und des stellvertretenden Verteidigungsministers der Ukraine Alexander Mironjuk stattfand. London und Kiew einigten sich auf die Lieferung britischer Kriegsschiffe an die Ukraine. Darüber hinaus sagte Großbritannien dem Land Hilfe beim Bau von Marinestützpunkten im Schwarzen Meer zu.

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