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"Beeinträchtigungen der inneren und äußeren Sicherheit" – die MABB und ihr Vorgehen gegen RT DE

Mit der Unabhängigkeit der inzwischen bundesweit zu einiger Bekanntheit gelangten "Medienanstalt Berlin-Brandenburg" scheint es doch nicht ganz so weit her zu sein. Dies legen ausgerechnet offizielle Dokumente der Behörde selbst nahe, die vor Kurzem zugänglich geworden sind.
"Beeinträchtigungen der inneren und äußeren Sicherheit" – die MABB und ihr Vorgehen gegen RT DEQuelle: Gettyimages.ru © Amnat Buakaew / Marcello Zerletti / EyeEm

Eine Analyse von Christian Harde

Nachdem die "Medienanstalt Berlin-Brandenburg" (MABB; die eigene Schreibweise der Anstalt lautet "mabb") am 17. Dezember 2021 ein "förmliches Verfahren" gegen RT DE Productions eingeleitet hatte, teilte sie RT DE am 2. Februar 2022 ihre Entscheidung mit. Dieser Bescheid beruhte seinerseits auf einer Entscheidung der "Kommission für Zulassung und Aufsicht der Medienanstalten" (ZAK) vom Vortag, also dem 1. Februar.

Akteneinsicht – ja und nein

In der Zwischenzeit hatte sich – noch am 31. Dezember 2021 – ein Privatmann an die MABB mit einer Anfrage nach dem Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetz Brandenburg (AIG) und dem Verbraucherinformationsgesetz (VIG) gewandt. Der Antragsteller wollte die Begründung für die Entscheidung der MABB erfahren, mit dem sie den Satellitendienst Eutelsat am 22. Dezember 2022 gezwungen habe, die Ausstrahlung des neuen deutschsprachigen TV-Senders RT DE über die Plattform Eutelsat 9B einzustellen.

Die Antwort der Medienanstalt ist nun über das Portal FragDenStaat zugänglich geworden. Darauf hatte auch das Portal Anti-Spiegel aufmerksam gemacht.

Ebenfalls am 2. Februar hatte die MABB dem Antragsteller geantwortet – und sein Auskunftsersuchen abgelehnt. Immerhin hat sie keine Gebühren und Auslagen dafür erhoben.

Die Gründe für die Ablehnung führt die Behörde auf zwei Seiten aus. Dabei hat sie, absichtlich oder nicht, aufschlussreiche Hinweise gegeben.

Inexistente Dokumente und reale Folgen

Erst einmal teilt die Behörde dem Antragsteller mit, dass er sich für sein Auskunftsersuchen nicht auf die von ihm angeführten Gesetze, also das bereits erwähnte AIG und VIG, berufen könne. Aber so hart wollte man bei der Anstalt dann doch nicht sein – und legte das Ersuchen zu Gunsten des Antragstellers nach dem – in diesem Falle offensichtlich anwendbaren – Berliner Informationsfreiheitsgesetz (IFG Bln) aus.

Die MABB behauptet nun, das vom Antragsteller "begehrte Dokument", also die Begründung der MABB für die Abschaltung des Satellitendienstes Eutelsat 9B für RT DE, existiere gar nicht.

Sie habe den Satellitendienst Eutelsat "weder am 22. Dezember 2021 noch an einem anderen Tag" per Bescheid zum Abschalten der Übertragung von RT DE gezwungen. Dazu führte sie in schönem Amtsdeutsch und streng logisch, wenngleich an Kafka gemahnend, aus:

"Dokumente, die nicht existent sind, können nicht Gegenstand eines Informationszugangsanspruchs sein. Informationszugangsansprüche können sich nur auf tatsächlich vorhandene Informationen beziehen."

Trotzdem wurde RT DE am 22. Dezember von der Ausstrahlung über Eutelsat ausgeschlossen.

Doch die Medienanstalt ließ abermals Großzügigkeit walten und legte den Antrag so aus, dass der Antragsteller "Zugang zu der Verfahrensakte begehren" würde – also des Verfahrens, das bei der MABB gegen RT DE läuft.

Und die Anstalt ging sogar soweit zu unterstellen, dass der Privatmann "Kenntnis von diesem Verfahren" haben müsse und es ihm " – jedenfalls auch – um die Kenntnis dieser Verfahrensakte" ginge.

Soweit – so gut, möchte man annehmen.

Keine Akteneinsicht – und doch ...

Doch nach dieser umständlichen Herleitung lässt die Medienanstalt Berlin-Brandenburg die Katze aus dem Sack und belohnt damit alle, die bis hierher durchgehalten haben.

Denn an dieser Stelle lehnt die MABB die Akteneinsicht nach dem Berliner IFG ab. Die Begründung dafür hat es in sich und klingt erstaunlich:

"Danach darf die Akteneinsicht versagt werden, wenn das Bekanntwerden des Akteninhalts dem Wohle des Bundes schwerwiegende Nachteile bereiten würde."

Zwar regele das IFG Bln nicht, "welche Belange zum Wohl des Bundes" zählten, doch gehörten dazu nach

"Auffassung des Verwaltungsgerichts Berlin ... 'Beeinträchtigungen und Gefährdungen des Bestands und der Funktionsfähigkeit des Staates und seiner wesentlichen Einrichtungen, insbesondere Beeinträchtigungen der inneren und äußeren Sicherheit'."

Außenpolitische Rücksichten der MABB

Zum Bestand und zur Funktionsfähigkeit des Staates gehörten, was nicht verwundert, die internationalen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland. So sei es im IFG Bund geregelt ("§ 3 Nr. 1 lit. a"). Selbstverständlich gehören dazu auch die Beziehungen der BRD zu einem anderen, also ausländischen Staat. Wenn also Akteneinsicht aus diesem Grund verweigert würde, dann nur, um

"die Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland zu anderen Völkerrechtssubjekten nicht zu belasten."

Im Sinne des Berliner IFG sei ein "Nachteil" in diesen Beziehungen

"all das, was den außenpolitischen Zielen und der zu ihrer Erreichung verfolgten außenpolitischen Strategie abträglich ist."

Wenn ein solche Herleitung aufgeboten wird, um ein einfaches Auskunftsersuchen zum Verfahren gegen RT DE abzulehnen, scheint ja einiges auf dem Spiel zu stehen. Gleichzeitig gibt die MABB damit zu erkennen, dass es sich eben nicht um ein gewöhnliches Verfahren handelt. Doch nach diesen überaus grundsätzlichen Erwägungen kommt es noch deutlicher:

"Es ist wahrscheinlich, dass eine Veröffentlichung des Inhalts der Verfahrensakte zu gewichtigen diplomatischen Spannungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Russland führen würde. Hierfür spricht, dass der Umgang mit dem Fernsehsender 'RT DE' bereits ausführliches Thema bei der gemeinsamen Pressekonferenz von Außenministerin Baerbock und ihrem Amtskollegen Lawrow im Rahmen des Antrittsbesuchs von Außenministerin Baerbock in Russland war."

Außenminister Lawrow habe "das Vorgehen der Bundesrepublik Deutschland" (!) gegen RT DE bei dieser Gelegenheit kritisiert. Bei der MABB war man sich der in Aussicht gestellten Gegenmaßnahmen der russischen Seite,

"sollte es zu einem Einschreiten gegenüber 'RT DE' kommen",

also durchaus bewusst. Dies zeigt sich im folgenden Eingeständnis:

"Dies zeigt das hohe Konfliktpotenzial dieser Thematik. Es liegt auf der Hand, dass eine Veröffentlichung der Verfahrensakte das Konfliktpotenzial noch verstärken würde."

Rücksichten auf Berliner Interessen in der Ukraine-Krise

Die MABB gibt sich weiter außenpolitisch höchst sensibel und verweist auf die aktuellen Spannungen zwischen den westlichen Staaten und Russland in der sogenannten Ukraine-Krise. Die Bundesrepublik betreibe "Vermittlungsversuche" in der angespannten Lage, und ein Bekanntwerden der MABB-Verfahrensakte könne diese Bemühungen beeinträchtigen:

"Es liegt auf der Hand, dass die gegenwärtigen deutsch-französischen Vermittlungsbemühungen höchste politische und diplomatische Sensibilität erfordern."

Als letzte Barrieren gegen eine Veröffentlichung der Akte führt die MABB an, dass das Verwaltungsverfahren schließlich noch nicht abgeschlossen sei und "Entscheidungsentwürfe nicht übermittelt" werden dürften. Und sollte dieses Argument noch nicht genügen, schiebt die MABB den letzten internen Riegel vor, der in jedem Verfahren gelten dürfte:

"Zudem lässt der gesamte Akteninhalt tiefgehende Rückschlüsse auf den geschützten Willensbildungsprozess der Medienanstalt Berlin-Brandenburg zu."

Wie sehr man sich bei der "Medienanstalt Berlin-Brandenburg" der internationalen Dimension und der politisch heiklen Seite des angeblich staats- und regierungsfernen Verfahrens gegen RT DE bewusst ist, könnte deutlicher wohl kaum demonstriert und eingestanden werden.

Diese Eingeständnisse der Rücksichtnahme auf die Bundespolitik seitens einer Landesmedienanstalt wirken angesichts der deutsch-russischen Auseinandersetzung um Sendelizenzen für die jeweiligen Auslandssender in weiterer Hinsicht pikant. Denn bei der "Bundeszentrale für politische Bildung" (bpb), einer nachgeordneten Bundesbehörde im Geschäftsbereich des Bundesinnenministeriums, lässt sich der quasi offiziöse Standpunkt der Regierung zu Auslandssendern wie der staatlich finanzierten Deutschen Welle nachlesen:

"Die deutsche Teilungsgeschichte lehrt, dass allein die Existenz von Rundfunkanstalten wie der Deutschen Welle ein Signal nach innen und nach außen ist – für den Anspruch, in der Welt präsent sein zu wollen, und für die Überzeugung, selbst den richtigen Weg zu kennen. Dieses Signal darf offenbar auch etwas kosten."

Es sieht so aus, als habe Berlin nur die unmittelbar finanziellen, nicht aber die politischen Kosten dieses Anspruchs einkalkuliert.

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