Deutschland

Ukrainischer Botschafter über Vizeadmiral Schönbach: "Rücktritt allein reicht nicht"

Der Botschafter der Ukraine in Berlin, Andrei Melnyk, hat sich in der Debatte um den gestern zurückgetretenen Inspekteur der deutschen Marine, Vizeadmiral Schönbach, zu Wort gemeldet. Der Botschafter fordert weitergehende Konsequenzen für die deutsche Politik.
Ukrainischer Botschafter über Vizeadmiral Schönbach: "Rücktritt allein reicht nicht"Quelle: www.globallookpress.com © Malte Ossowski / Sven Simon

Für Spannungen und Irritationen im deutsch-ukrainischen Verhältnis hat Botschafter Andrei Melnyk, der seit Dezember 2014 die Ukraine in der Bundesrepublik Deutschland vertritt, schon mehrfach gesorgt.

Kurz nach seinem Amtsantritt als Botschafter bejubelte er die feierliche Weihe eines Denkmals für den ukrainischen Nationalhelden Bandera, der die Verantwortung für die tausendfache Ermordung von Polen und Juden trägt, sowie einen ukrainisch-nationalistischen Aufmarsch in München. Im Jahr 2017 drohte er dem Musiker Hans Peter Geerdes (Künstlername H.P. Baxxter), dem Frontmann der Band "Scooter", mit Strafverfolgung und Sanktionen für einen Auftritt auf der Halbinsel Krim.

Im Mai 2020 griff er Brandenburgs Europaministerin Katrin Lange (SPD) scharf an, die sich am 8. Mai zum Anlass 75. Jahrestag des Kriegsendes kritisch zu den Sanktionen gegen Russland geäußert hatte. Ebenfalls im Jahr 2020 ließ er eine deutsch-ukrainische Historikerkommission wegen ihrer ablehnenden Position zur Anerkennung der Hungersnot des Winters 1932/33 als Genozid platzen. 

Im Jahr 2021 lief Melnyk zur Höchstform auf: Zuerst nahm er im Frühjahr den Bundespräsidenten Franz-Walter Steinmeier ins Visier, weil dieser an die historische Verantwortung Deutschlands gegenüber Russland erinnert hatte. Im April drohte er mit ukrainischen Atomwaffen und im Mai schoss er sich auf die Partei die Linke ein, die ihn mit einem friedenspolitischen Antrag im Bundestag empört hatte.

Kurz darauf forderte er die Umbenennung des Deutsch-Russischen Museums in Berlin-Karlshorst und boykottierte eine Gedenkveranstaltung zum achtzigsten Jahrestag des deutschen Überfalls auf die Sowjetunion, an der Steinmeier als Bundespräsident teilnahm. Im Oktober forderte er ultimativ deutsche Reparationen für sein Land und zum Jahreswechsel die Lieferung von Waffen und Kriegsgerät. 

Und dies ist nur eine unvollständige Aufzählung der skandalösen Auftritte des ukrainischen Botschafters. Es vergeht kaum eine Woche, dass Melnyk auf seinem Twitter oder in offiziellen Verlautbarungen der Botschaft nicht fordert, kritisiert, angreift, verurteilt und wieder fordert.   

So oft und so undiplomatisch mischt sich sonst kein Botschafter in die Innenpolitik und die außenpolitischen Debatten des Gastgeberlandes ein. Selbst der Amerikaner Richard Grenell, der in seiner kurzen Amtszeit als Botschafter der Vereinigten Staaten in Berlin für viel Unmut in den deutschen Eliten gesorgt hatte und schließlich abberufen wurde, war gegen Melnyk ein Diplomat der alten Schule und vornehmer Zurückhaltung. 

Besonders fragwürdig ist das Mittel der moralischen Erpressung, zu der der 46-jährige Westukrainer in seinen Statements immer wieder greift. Gewiss, Deutschland trägt auch vor der Ukraine eine historische Verantwortung angesichts der 27 Millionen Sowjetbürger, die Opfer von Hitlers Vernichtungsfeldzug geworden sind.

Unter diesen Millionen waren auch ethnische Ukrainer und in der Ukrainischen Sozialistischen Sowjetrepublik lebende Juden und Russen. Doch nicht vergessen werden darf, dass Melnyk selbst eine Abfolge von Regierungen vertritt, die sich in der Ukraine bewusst in die Tradition der Kollaborateure Hitlers gestellt haben. In die Tradition derjenigen, die sowjetischen Soldaten in die Rücken schossen, während die Rote Armee sich kämpfend zur Befreiung von Auschwitz vorarbeitete. 

Die seit dem Jahr 2014 die Ukraine beherrschenden Parteien – und die derzeitige von Präsident Selenskij eingesetzte Regierung ist da auch keine Ausnahme – lässt Straßen nach ukrainischen Nationalisten benennen, die mit Hitler und den deutschen Besatzern zusammenarbeiteten, und errichtet für sie Denkmäler. Denkmäler für sowjetische Soldaten hingegen werden zerstört. Die Fahne, die im Mai 1945 über dem Reichstag und auf dem Brandenburger Tor wehte, ist in der Ukraine seit dem Sieg des Maidan verboten.

Wer einen sowjetischen Orden aus der Zeit des Großen Vaterländischen Krieges öffentlich führt, wird mit Strafverfolgung konfrontiert. Ob da jemand wie Melnyk tatsächlich berechtigt ist, im Namen der heute unterdrückten antifaschistischen Ukraine Deutschland ins Gewissen zu reden? Zumal die Forderungen, auf die diese Erpressungsversuche zielen, auf eine Konfrontation Deutschlands mit dem nicht minder von Hitlers Untaten betroffenen russischen Volk hinauslaufen würden.   

Es wäre ein Wunder gewesen, wenn der ukrainische Botschafter sich die neueste Gelegenheit der Wortmeldung hätte entgehen lassen. Wie RT am Sonnabend berichtete, hatte sich der Chef der deutschen Marine, Vizeadmiral Schönbach, aus Anlass einer Visite in Indien am Freitag eine eigene Meinung zum deutsch-russischen Verhältnis, den Perspektiven der Halbinsel Krim und der aktuellen Geopolitik erlaubt. Bereits am Nachmittag und frühen Abend überschlugen sich die Ereignisse. Erst entschuldigte sich Schönbach auf Twitter für seine Äußerungen, dann sickerte durch, dass er von seinem Posten zurückgetreten ist oder zurückgetreten wurde.

Sonntagmittag schrieb Melnyk in seinem Twitter-Account, dies genüge ihm nicht für die Wiederherstellung des "ganzen Vertrauens in die deutsche Politik". Die deutsche Regierung müsse ihren Kurs Kiew gegenüber ändern.   

Der Tageszeitung Welt gegenüber ging der ukrainische Diplomat noch weiter: Der "Eklat" hinterlasse "einen Scherbenhaufen" und stelle "die internationale Glaubwürdigkeit und Verlässlichkeit Deutschlands – nicht nur aus ukrainischer Sicht – massiv infrage". Weiter sagte Melnyk gegenüber der Welt, die Aussagen von "General" Schönbach hätten "die gesamte ukrainische Öffentlichkeit in tiefen Schock versetzt". In der bekannten Art der moralischen Erpressung zog er auch hier einen Vergleich zur Zeit des Nationalsozialismus:

Die Ukrainer fühlten sich bei dieser herablassenden Attitüde unbewusst auch an die Schrecken der Nazi-Besatzung erinnert, als die Ukrainer als Untermenschen behandelt wurden“.

Aus den Äußerungen, zitierte die Welt den Westukrainer weiter, spreche

"deutsche Arroganz und Größenwahn, mit denen einer der hochrangigsten Köpfe der Bundeswehr von einer heiligen Allianz mit Kriegsverbrecher Putin und einem deutsch-russischen modernen Kreuzzug gegen China träumt."

Während die Tageszeitung Welt die Äußerungen des Botschafters unkommentiert ließ, überwogen unter Melnyks Tweet die kritischen Kommentare. So schrieb eine Userin: 

"Der Größenwahn liegt wohl eher bei der Ukraine. Was wollen Sie? Deutsche Waffen!? Warum sollte Deutschland das tun? Damit Russland Deutschland gleich mit wegfegt!? Wir Deutschen wollen keinen Krieg & wir wollen uns von Euch nicht in einen Krieg verwickeln lassen.!"

Ein anderer Kommentator wies auf den Unterschied in der ukrainischen und der russischen Diplomatie hin: 

"Was ist der Unterschied zwischen dem russischen und dem ukrainischen Botschafter? Nur einer davon beleidigt uns nahezu jeden Tag und nur einer davon glaubt, dass diese billige Propaganda Erfolg haben wird."

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