Deutschland

Verschärfung des Klimaschutzgesetzes: CO2-Preis von 100 Euro droht – Hohe Spritpreise garantiert

Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) will das Klimaschutzgesetz verschärfen. Damit könnte ein CO2-Preis von 100 Euro eingeführt werden. Verbraucher müssten mit deutlich höheren Spritpreisen rechnen.
Verschärfung des Klimaschutzgesetzes: CO2-Preis von 100 Euro droht – Hohe Spritpreise garantiertQuelle: www.globallookpress.com © Lausitznews.de/ Erik-Holm Langho/www.imago-images.de

Patrick Graichen ist nicht nur Direktor des Thinktanks "Agora Energiewende", sondern auch Beamter im Bundesumweltministerium und zurzeit beurlaubt. Er ist einer jener Experten, die mit einem sechs Eckpunkte umfassenden Programm das Klimaschutzgesetz der Bundesregierung ändern wollen, damit es den Anforderungen des Bundesverfassungsgerichtes gerecht wird. 

Für die Verfassungsrichter war das 2019 beschlossene Klimaschutzgesetz nicht ausreichend, da es für die Jahre zwischen 2030 und 2050 keinen hinreichend konkreten Weg zur Klimaneutralität aufweise. Bis Ende 2022 muss das Klimaschutzgesetz novelliert werden. Graichen will einen Automatismus einführen, der den CO2-Preis in den Sektoren Verkehr und Gebäude zum jeweils nächsten Jahreswechsel um 15 Euro steigen lässt, wenn dort die im Klimaschutzgesetz festgeschriebene Jahresemissionsmenge überschritten werden sollte.

Derzeit beträgt der CO2-Preis dort 25 Euro pro Tonne. So regelt es das Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG). Er steigt laut BEHG bis 2025 schrittweise auf 55 Euro. Bislang erlaubt es, die Zielverfehlung in den Folgejahren auszugleichen. Genau daran stößt sich aber das Gericht. Die automatische CO2-Preiserhöhung bei Zielverfehlung ermögliche eine "umgehende Nachsteuerung". Jetzt bleibt eine Lösung für Bundesregierung und Bundestag, wenn sie diese Erhöhung mit vergleichbar effektiven Maßnahmen beschließen. So schlägt es Agora Energiewende vor.

Graichen will den CO2-Preis in den kommenden vier Jahren schrittweise auf 100 Euro zu erhöhen. Mit den Einnahmen lasse sich die Streichung der Umlage nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) komplett finanzieren. Bereits ab Januar 2022 soll der CO2-Preis 45 Euro betragen. Im Europäischen Emissionshandelssystem müsse der Zertifikatepreis bis 2030 auf 60 oder 70 Euro steigen. Ein Ende für die Kohle fordert Agora bereits 2030. Nach geltender Rechtslage geht das letzte Kohlekraftwerk in Deutschland spätestens 2038 vom Netz. Agora Energiewende spricht sich dafür aus, im Klimaschutzgesetz das Ziel der Klimaneutralität bereits für 2045 festzuschreiben. 

Graichen geht noch einen Schritt weiter: Nach 2045 seien dann netto negative Emissionen unumgänglich. Das heißt, es müsste der Atmosphäre aktiv CO2 entzogen werden, etwa durch Aufforstungen, aber auch durch die Abscheidung und unterirdische Speicherung von CO2 (Carbon Capture and Storage, kurz CCS).

Zusätzlich fordert Agora Energiewende, die laufende EEG-Novelle zu nutzen, um ehrgeizige Ausbauziele für Windräder und Fotovoltaikanlagen festzuschreiben. "Wir brauchen jede Menge erneuerbare Energien, auch Windräder in Bayern", sagte Graichen.  

Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) kündigte an, bis Ende der Woche den Entwurf für ein überarbeitetes Klimaschutzgesetz vorzulegen. Darin soll auch ein neues Einsparziel für die Reduzierung klimaschädlicher Treibhausgase bis 2030 enthalten sein. 

Das neue EU-Klimaziel ist, die Emissionen bis 2030 EU-weit um 55 Prozent im Vergleich zu 1990 zu reduzieren. Im Spiegel sagte die Umweltministerin:

"Die Experten schätzen, dass das Ziel zwischen 62 und 68 Prozent liegen sollte." 

Die Union lehnte bislang eine "bloße Fortschreibung der bisherigen Instrumente der europäischen Klimapolitik samt der derzeit geltenden Lastenverteilung unter den Mitgliedsstaaten" ab. Deutschland, das bisher überproportional zum EU-Klimaziel beitrage, würde dadurch überfordert.

Das Verfassungsgericht gebe dem Gesetzgeber einen expliziten Auftrag, auch über das Jahr 2030 hinaus "klare gesetzliche Vorgaben für den Weg zur Klimaneutralität" zu schaffen.

Die Ministerin sieht sich durch das Karlsruher Urteil deutlich bestärkt. Bei den Verhandlungen zum Klimaschutzgesetz 2030 war sie in der Koalition noch daran gescheitert, weitere Zwischenziele bei den Emissionsreduktionen für die 2030er-Jahre festzulegen.

Für Benzin 128 Euro oder 145 Euro für Diesel und 185 Euro für Heizöl oder 140 Euro für Erdgas – so hoch können die zusätzlichen Mehrbelastungen für Bürger im klimaneutralen Deutschland nach dem neuen Klimaschutzgesetz pro Jahr werden. Dass ein Großteil ihre Heizung nicht einfach auf klimafreundliche Alternativen umrüsten können, hat die Ministerin nirgends erwähnt. Und es würde auch Mieter treffen. Solange Vermieter nicht handeln, müssen Mieter zahlen oder umziehen.

Laut Berechnungen der Bild ist mit zweistelligen Preiserhöhungen bei Treib- und Brennstoffen zu rechnen: 18,3 Cent pro Liter Benzin und 20,6 Cent pro Liter Diesel.

Ausgehend von einer jährlichen Fahrleistung von 10.000 Kilometern und einem Spritverbrauch von etwa 7 Litern pro 100 Kilometer müssen Autofahrer damit jährlich 128 (Benzin) bis 145 Euro (Diesel) mehr zahlen. Zudem müssen auch Fahrer von E-Autos, solange ihr Strom nicht ausschließlich aus regenerativen Energien stammt, tiefer in die Tasche greifen.

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