Russland

Trotz westlicher Sanktionen: Neues russisches Passagierflugzeug geht in Serie

Auch wenn die Sanktionen des Westens die Marktreife des Flugzeugs um Jahre verzögert haben – das neue russische Mittelstreckenflugzeug MC-21 hat die Typenzertifizierung erhalten und ist damit bereit für die Serienproduktion.
Trotz westlicher Sanktionen: Neues russisches Passagierflugzeug geht in SerieQuelle: www.globallookpress.com © PJSC UAC

Die Irkut MC-21 ist der erste schlanke Mittelstreckenflieger, der nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion in Russland entwickelt und gebaut wurde. Das Flugzeug, dessen Entwicklung Ende der 2000er Jahre begann, wird die Lücke füllen, die die berühmte sowjetische TU-154 hinterlassen hat.

Bei der Konstruktion der MC-21 wurde ausgiebig auf moderne Materialien zurückgegriffen. Das Flugwerk besteht nach Aussagen des Herstellers zu 40 Prozent aus Verbundmaterialien. Dadurch wird das Flugzeug, verglichen mit konventionell gebauten Fliegern, deutlich leichter, und, weil großzügigere Gänge möglich sind, komfortabler für die Passagiere.

Diese Innovationsfreude erwies sich jedoch als zweischneidiges Schwert, denn sie war einer der Hauptgründe dafür, dass sich die Massenproduktion verzögerte, obwohl das Flugzeug bereits 2017 seinen Jungfernflug absolvierte. 2018 wurde der russische Hersteller der Tragflächen, AeroComposit, mit US-Sanktionen belegt. Begründet wurde dies mit dessen vermeintlicher Beteiligung an einem russischen "Luftraummilitärprogramm", obwohl das Unternehmen keinerlei Verträge mit den Streitkräften des Landes hatte. Die Firma wurde vom Import von Rohstoffen ausgeschlossen und konnte daher ihre Aufträge für das Flugzeug nicht erfüllen. "Die Sanktionen, die über AeroComposit verhängt wurden, waren nichts als ein Beispiel für unfairen Wettbewerb", sagte Roman Gussarow, Betreiber der Webseite avia.ru, gegenüber RT.

"Die Firma stellt keine strategische oder militärische Bedrohung für unsere ausländischen Kollegen dar. Es ist ein rein ziviles Unternehmen." Boeing habe schlicht versucht, "seinen neu aufgetauchten Rivalen in der Wiege zu erwürgen", betonte er. Der amerikanische Flugzeughersteller und sein europäisches Gegenstück Airbus haben seit langer Zeit kein neues Flugzeug in dieser Klasse mehr entwickelt, fuhr er fort. Beide hätten lediglich ältere Modelle modernisiert, während die MC-21 "alle innovativen Technologien integriert und daher eine ganze Reihe von Vorteilen gegenüber ihren Konkurrenten hat."

Die Sanktionen ließen das Schicksal des Projekts im Ungewissen, da es als undurchführbar galt, die MC-21 mit konventionellen Tragflächen auszustatten. Zu der Zeit fehlte dem Land auch die Technologie, um die Materialien, die zur Herstellung der Tragflächen benötigt wurden, lokal herzustellen. Die Sanktionen brachten letztlich jedoch die Forschung und Entwicklung in Russland in Fahrt und führten zur Entwicklung russischer Verbundmaterialien, die für die Produktion der Tragflächen nötig waren.

Das Debakel der MC-21 hat die Hersteller zudem dazu gebracht, den Bau des Flugzeugs von Importen völlig unabhängig zu machen. Ursprünglich war es mit Pratt & Whitney-Triebwerken ausgestattet, die aus den USA kommen, sowie mit anderen importierten flugtechnischen und elektronischen Systemen. Die erste MC-21, die vollständig aus einheimischen Komponenten besteht oder nur einen minimalen Anteil importierter Teile aufweist, soll Mitte der 2020er auf den Markt kommen.

Diese Woche hat der Jet das lang ersehnte Typenzertifikat erhalten, nachdem er alle Tests erfolgreich absolviert und seine Flugtauglichkeit bewiesen hat. Zurzeit ist das Flugzeug mit Tragflächen aus importiertem Material und Triebwerken von Pratt & Whitney zertifiziert. Das Zertifikat soll jedoch im kommenden Jahr erweitert werden.

"Die Änderung des Typenzertifikats, die den Gebrauch eines russischen Verbundstofftragwerks und eines russischen Triebwerks vorsieht, ist für 2022 geplant", sagte der russische Minister für Industrie und Handel, Denis Manturow. Sowohl die im Land hergestellten Tragflächen als auch die Triebwerke wurden bereits produziert. Die Tests der Systeme laufen noch. Im Dezember letzten Jahres ging eine MC-21 mit in Russland hergestellten PD-14-Triebwerken auf ihren Jungfernflug. Im Februar dieses Jahres wurden die Triebwerke für die Serienproduktion zugelassen. Denis Manturow pries das PD-14 als Zeichen der "Reife" russischer Wissenschaft und des "hohen Entwicklungsniveaus" der Luftfahrtindustrie des Landes.

Die Entwickler und Ingenieure, die staatliche Unterstützung erhielten, lieferten ein "sehr modernes und effizientes Triebwerk", fügte der Minister hinzu, und setzte nach, "weder die UdSSR noch Russland hatten in den letzten 40 Jahren Vergleichbares". Eine MC-21 mit heimischen Teilen hat jedenfalls bereits ihren ersten Flug absolviert. Letztes Wochenende verkündete der Hersteller, dass ein Versuchsjet MC-21-300 mit Tragwerken aus in Russland hergestelltem Verbundmaterial von einer Startbahn in Irkutsk abgehoben hat, und dass der Flug erwartungsgemäß verlief.

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