Auf Leserwunsch: Übersicht über die Corona-Beschränkungen in Russland

Die Pandemie-Lage in Russland ist nach wie vor ernst. RT DE berichtet regelmäßig darüber. Auf Leserwunsch haben wir noch einmal die wichtigsten Tatsachen zusammengefasst und dargestellt.

RT DE kann nicht auf jede Leserfrage reagieren, schon gar nicht auf jeden Kommentar unter den zehntausenden, die auf allen Plattformen und in sozialen Netzwerken geschrieben werden. Hinweise und Anregungen nehmen wir aber gern auf. 

Hier zum Beispiel meint ein Leser, dass RT DE nicht genug über die Pandemie-Lage in Russland berichtet und fordert uns auf, einen Überblick über die aktuellen Beschränkungen zu veröffentlichen: 

Die Kritik ist nicht ganz berechtigt, denn RT DE hat schon oft über die aktuellen Entwicklungen der russischen Corona-Politik und über die Lage dort berichtet. Eine Zeit lang wurden sogar täglich die Daten zu Infektionen, Erkrankungen und Todesfällen in Russland publiziert. Zuletzt rückten die Online-Autoren von RT DE die Situation in Deutschland, Österreich und der Schweiz mehr in den Vordergrund, dort leben ja hauptsächlich unsere Leser. 

Der Anregung zu Russland kommen wir indes gern nach. 

Wie ist die Corona-Lage derzeit in Russland?

Die derzeitige Pandemielage in Russland kann man als ernst bezeichnen. Mit Stand zum 20. Dezember beträgt die Gesamtzahl der registrierten Infektionen seit Aufkommen des SarsCoV-Virus vor knapp 2 Jahren 10,2 Millionen Fälle. 9 Millionen sind in dieser Zeit genesen, 298.222 Personen gelten als im Zusammenhang ("mit oder an") der Infektion verstorben. 

Derzeit kommen täglich zwischen 25.000 und 30.000 Neumeldungen von Corona-Infektionen dazu. Als nationale Tragödie wird zu Recht die tägliche Todeszahl von 1.000 und mehr Menschen betrachtet. 

Vollständig geimpft sind derzeit 70 Millionen Einwohner Russlands, weitere 6 Millionen haben die Erstimpfung. 

Bei Interesse können die täglich aktualisierten Zahlen auf der Homepage des Nationalen Krisenzentrums abgerufen werden. 

Welche pandemiebedingten Einschränkungen gelten in Russland?

Diese Frage ist so einfach nicht zu beantworten, weil die Beschränkungen und Regeln noch stärker als in Deutschland auf der regionalen und örtlichen Ebene beschlossen werden und deshalb von Stadt zu Stadt und von Region zu Region sehr unterschiedlich ausfallen können. Für besonders strenge Maßnahmen ist beispielsweise Moskau bekannt, während in der zweitgrößten Stadt des Landes, Sankt Petersburg, es lange Zeit nur sehr lasche Einschränkungen und Kontrollen gab. 

Überall durchgesetzt hat sich inzwischen die Pflicht zum Tragen medizinischer Masken in geschlossenen Räumen. Viele Russen tragen sie freiwillig auch auf den Straßen, in einigen Regionen ist dies sogar verpflichtend. 

Nimmt man das besonders strenge Moskau, dann gelten aktuell die folgenden Regeln: 

Am härtesten trifft es Ältere (über 60 Jahre) und Moskauer mit bestimmten Vorerkrankungen. Sie müssen vom 25. Oktober bis zum 25. Februar in häuslicher Quarantäne bleiben und verlassen die Wohnungen nur zum Einkauf, Gassigehen mit dem Hund, Arztbesuch und zu sportlicher Betätigung an der frischen Luft. Gestrichen wurde ihnen für die Dauer der häuslichen Quarantäne die Freifahrt in der Metro und anderen öffentlichen Verkehrsmitteln, verboten ist die Nutzung aber nicht. 

Diejenigen unter den Quarantänepflichtigen, die noch berufstätig sind, können ihren Arbeitsplatz selbstverständlich weiter aufsuchen. Sie können sich aber auch dafür entscheiden, in den unbezahlten Krankenstand zu treten und Fürsorgeleistungen der Stadtverwaltung in Anspruch zu nehmen. Ausgenommen von all diesen Beschränkungen sind Genesene und Geimpfte. 

Für alle anderen Bevölkerungsgruppen gilt im Wesentlichen die sogenannte 3G-Regel. Wer ein Museum, ein Theater oder eine Massenveranstaltung aufsuchen will, braucht einen QR-Code. Diesen QR-Code bekommt man als Geimpfter oder Genesener neuerdings für die Dauer eines Jahres. Alle anderen bekommen einen 48 Stunden gültigen QR-Code nach einem PCR-Test. 

Viel Druck übt die Moskauer Stadtverwaltung auf die Arbeitgeber aus: Sie müssen allen Risikogruppen und mindestens 30 Prozent der Mitarbeiter ohne Vorerkrankungen die Arbeit im Homeoffice ermöglichen. 

Gibt es Impfpflichten in Russland und für wen gelten sie? 

Eine föderationsweite gesetzliche Impfpflicht im strengen Sinn gibt es nicht. Auch hier preschen jedoch einige Regionen mit regionalen Regelungen vor.

Am Weitesten ging Sankt Petersburg, dessen oberste Amtsärztin Anfang November eine Impfpflicht für über 60-jährige ausrief. Die Frage der Zuständigkeit der Amtsärztin für eine derart  einschneidende Maßnahme und ihrer Zulässigkeit an sich werden demnächst Gerichte beantworten. 

Moskau hat indirekt eine Impfpflicht für Mitarbeiter im Gastronomiebereich eingeführt, indem der oberste Amtsarzt verfügte, dass 80 Prozent der Mitarbeiter jedes Gastronomiebetriebs per 1. Januar 2022 vollständig geimpft sein müssen. Erfüllt der Betrieb diese Anforderung nicht, wird er wohl schließen müssen.

Es gab Ende 2020 eine Phase rechtlicher Unsicherheit, in der Arbeitgeber - auch staatliche - Druck auf die Angestellten ausübten, sich impfen zu lassen. Für den Fall der Weigerung wurde offen mit Kündigung oder Gehaltskürzung gedroht. Schon bald stellten Juristen klar, dass es dafür keine rechtliche Grundlage gibt, und diese beschämende Praxis ging zurück. Natürlich sind auch im kapitalistischen Russland die Verhältnisse so, dass eine faktische Abhängigkeit der Arbeitnehmer besteht und es einen hohen sozialen Druck gibt, sich impfen zu lassen. Dies ist in Deutschland nicht wesentlich anders. 

Hinsichtlich der Militärangehörigen hat der Leser offenkundig eine Meldung aus dem Juni 2021 in Erinnerung, wonach das Verteidigungsministerium der Russischen Föderation angekündigt hatte, alle Wehrdienstleistenden zum Impfen zu verpflichten. Diese Meldung brachten aber nur die rechtsliberale und oppositionelle Nachrichtenplattform RBK sowie einige ukrainische Medien, die nicht gerade für wahre Berichterstattung über Russland bekannt sind. Wir halten diese Meldung vorerst für falsch, werden dem aber weiter nachgehen. 

2G in Bussen und Bahnen?

Nicht in Moskau und nicht föderationsweit. Der Leser hat sich wohl von einem Gesetzesentwurf in die Irre leiten lassen, der in den vergangenen Wochen viel Aufsehen erregte. Dieser hätte vorgeschrieben, dass öffentliche Verkehrsmittel nur noch mit dem besagten QR-Code benutzt werden dürfen. Wie schon ausgeführt, erhalten auch Ungeimpfte den QR-Code, wenn sie einen PCR-Test machen. Damit wäre das kein "2G", sondern ein etwas strengeres "3G" geworden. 

Nach Protesten hat die Duma aber auch diesen Gesetzentwurf fallen gelassen. Die Verkehrsmittel in Russland sind - von einigen regionalen Sonderwegen abgesehen - frei nutzbar. Unter den Sonderwegen ist die Autonome Republik Tatarstan hervorzuheben. Diese hat bereits am 22. November COVID-Pässe mit QR-Codes in öffentlichen Verkehrsmitteln in der Region eingeführt. Zuvor hatte die entlegene Region Kamtschatka die 3G-Regel im regionalen Flugverkehr eingeführt. RT DE sind keine weiteren Beispiele bekannt, wobei sie auch nicht auszuschließen sind. In allen russischen Presseberichten über die Maßnahme Tatarstans hieß es bislang, es sei der erste Fall in Russland, dass eine Region zu diesem Mittel greift. Dabei hatten die russischen Journalisten den Fall der Region Kamtschatka offensichtlich nicht im Blick. 

Mit Stand vom 20.Dezember sind auf der Internetseite der Russischen Eisenbahnen keine Nutzungsbeschränkungen aufgeführt, jedoch ein Hinweis, die regional unterschiedlichen Regeln zu beachten und sich darüber direkt auf dem Internetauftritt der jeweiligen Regionalverwaltung zu erkundigen. 

Die Beispiele zeigen, dass auch in Russland beim Thema Pandemiebekämpfung derzeit alles im Fluss und ständiger Veränderung ist. Es gibt radikalere Tendenzen und es gibt Gegenkräfte. Über die wichtigsten Entwicklungen hat RT DE bislang immer berichtet und wird es auch weiter tun. 

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