COVID-19: Einreisesperren lassen in Russland Löhne bis zu 40 Prozent steigen
In der ersten Hälfte des Jahres 2021 hat der Mangel an ausländischen Arbeitskräften in Russland zu einem Anstieg des Durchschnittsgehalts von gering qualifizierten Arbeitnehmern geführt – Migranten aus Mittelasien bleiben infolge der COVID-19-Krise in ihren Heimatländern, weil Russland für diese Länder pandemiebedingte Einreisesperren aufrechterhält.
Das berichtet die Moskauer Tageszeitung RBK unter Verweis auf eine in Auftrag gegebene Statistik des in Russland beliebten Jobsuch-Portals Headhunter. Darin wird generell ein starker Anstieg offener Arbeitsstellen dokumentiert, wobei in bestimmten Wirtschaftszweigen – wie etwa dem Wohnungsbau, der Kommunalversorgung, der Landwirtschaft und dem Transportwesen – ein erheblicher Mangel herrscht. Dies hat dazu geführt, dass Bewerber auf solche Stellen mehr Lohn verlangen können – und so auch Gastarbeiter tatsächlich rund 15 Prozent mehr verdienen als noch im Jahr 2020, so die Studie.
In einigen Wirtschaftszweigen sind die Löhne sogar noch höher gestiegen: Den größten Lohnanstieg haben mit rund 40 Prozent die Fliesenleger zu verzeichnen.
Für die Studie wurden Daten von 165.000 Bewerbern aus Weißrussland, Kasachstan, Kirgisistan, Tadschikistan und Usbekistan untersucht, die jeweils in der ersten Hälfte der Jahre 2020 bzw. 2021 auf der Webseite veröffentlicht wurden.
Den Hintergrund dieser neu veröffentlichten Statistiken bildet eine Tendenz, die vor vier Monaten Dmitri Peskow, der Sprecher des russischen Präsidenten Wladimir Putin, gegenüber den Medien umriss: Dass nämlich Russlands Entwicklungspläne durch einen derzeitigen Mangel an Arbeitskräften stark behindert werden. Von der russischen Nachrichtenagentur wurde er damals folgendermaßen zitiert:
"Ich kann nur die Realität konstatieren – und diese sagt uns, dass es im Jahresrückblick eigentlich nur sehr wenige Migranten in unserem Land gibt. Und gerade diese Migranten fehlen uns sehr – sehr! – für die Umsetzung von ehrgeizigen Plänen."
Die besagten Pläne betreffen vor allem das Bauwesen, und der oben beschriebene Trend zum Arbeitskräftemangel war gerade im Bauwesen in Russland schon damals spürbar:
"Wir müssen mehr bauen, als wir jetzt bauen", stellte Peskow fest. "Aber dafür brauchen wir fleißige Hände. Von ihnen gibt es wegen der Pandemie weniger."
Vor der Pandemie beschäftigten russische Unternehmen Millionen ausländischer Arbeiter, die hauptsächlich gering qualifizierte und niedrig entlohnte Tätigkeiten ausübten. Die meisten dieser Arbeiter stammten aus früheren Sowjetrepubliken wie Usbekistan, Tadschikistan, Kirgisistan und der Ukraine. Laut Natalia Danina, der Leiterin der Abteilung für analytische Geschäftslösungen bei Headhunter, ist der Wettlauf von Bewerbern um die einzelnen Stellen deutlich erlahmt, weil die Arbeitsmigranten nach Hause gefahren wären und noch nicht nach Russland zurückgekehrt seien:
"Die erste Welle der Pandemie führte zu einem Rückgang des Migrationswachstums – Arbeitskräfte aus den mittelasiatischen Ländern kehrten massenhaft nach Hause zurück. […] Wie wir an der Dynamik der Lebensläufe [auf der Webseite] ablesen können, gibt es für eine Umkehr dieses Trends im Sommer 2021 nicht einmal eine Anbahnung."
Wirtschaft wächst – doch Arbeitskräfte fehlen
Dabei wäre eine solche Anbahnung sehr willkommen: Die Nachfrage nach Handwerkern ist in der ersten Jahreshälfte 2021 gestiegen – wohingegen aber der Mangel an Gastarbeitern weiterhin besteht, der sich mit dem Beginn der Pandemie einstellte. In der ersten Jahreshälfte 2021 blieb die Zahl der Bewerbungen aus Mittelasien im Vergleich zum Vorjahreszeitraum praktisch unverändert, aber die Zahl der freien Stellen in Wirtschaftszweigen, in denen aktiv Migranten rekrutiert werden, stieg hingegen an. Infolgedessen ist der durchschnittliche Wettbewerb um eine Stelle zwischen Hausangestellten sowie Beschäftigten im verarbeitenden Gewerbe, im Baugewerbe, im Verkehrswesen und in anderen Bereichen auf einen bis zwei Bewerber pro Stelle gesunken, während es vor einem Jahr noch zwei bis fünf waren. Nach Angaben der Jobbörse Avito Rabota ist in den letzten zwei Jahren ein Anstieg freier Stellen in der Produktion um 127 Prozent zu verzeichnen, im Bereich Transport und Logistik um 136 Prozent, und im Baugewerbe um 127 Prozent.
Weniger betroffen sind Tätigkeiten, die eine Büroarbeit betreffen: Hier nämlich bieten viele Arbeitgeber in Russland oft die Möglichkeit, von Zuhause zu arbeiten. Was der inländische Arbeitsmarkt hiervon nicht abdecken kann, wird daher zumeist mit Bewerbern aus Weißrussland oder aus Kasachstan besetzt, erklärt Danina.
Eine zumindest leichte Linderung für das mit rund drei Millionen freier Stellen mit am heftigsten betroffene Bauwesen ist in Sicht: So erklärte der Stellvertretende Minister für Bauwesen Russlands Alexander Lomakin Anfang August, dass sein Ministerium aktiv daran arbeite, auf Bedarfsbasis Arbeitskräfte ins Land zu bringen – dies geschieht in Zusammenarbeit mit großen Baukonzernen und Unternehmensgruppen, die den Bedarf anmelden müssen. Hierbei, so zitierte den Vize-Bauminister damals die russische Nachrichtenagentur Interfax, seien pandemiebedingte Auflagen zu berücksichtigen – doch möglich ist es allemal: Noch Mitte Juli machte der Minister für Bauwesen Irek Faisullin darauf aufmerksam, dass gerade diese Unternehmen bereit seien, die Impfung ihrer einzureisenden Arbeitnehmer gegen COVID-19 zu bezahlen – sowie auf entsprechende rechtliche Mechanismen, die den Baufirmen zur Verfügung stehen.
Mehr zum Thema – IWF: Russische Wirtschaft erholt sich von der Pandemie schneller als erwartet
Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.