Wer hat Angst vor Sputnik?
Die Impfstoffe sind wie die Tiere bei George Orwell: alle gleich, aber einige gleicher als die anderen. Und es liegt nicht an Preis, Wirksamkeit oder Wirkungsprinzip, ob Vektor- oder mRNA-Vakzin – nicht das macht den feinen Unterschied. Entscheidend ist, aus welcher Hand kommt der Schutz vor dem Virus. Vielleicht nicht für die Schutzsuchenden, aber für die Schutz-Manager.
Die Impfstoffe sind wie die Tiere bei George Orwell: alle gleich, aber einige gleicher als die anderen. Und es liegt nicht an Preis, Wirksamkeit oder Wirkungsprinzip, ob Vektor- oder mRNA-Vakzin – nicht das macht den feinen Unterschied. Entscheidend ist, aus welcher Hand kommt der Schutz vor dem Virus. Vielleicht nicht für die Schutzsuchenden, aber für die Schutz-Manager.
Es ist wie bei der Energieversorgung: das russische Erdgas mag günstiger und sauberer sein und die Gewinnung umweltschonender. Aber seinen Molekülen fehlt der Freiheitsstempel. Diesen hat das Fracking-Gas aus Amerika im Übermaß. Dazu den Bonus, es wird aktuell unter einem gefälligen, wenn auch kaum sichtbaren Präsidenten aus der Erde geätzt. Von dem böse Zungen lästern, er habe das Amt angetreten, ohne zu Bewusstsein zu kommen.
Die EU-Arzneimittelbehörde EMA hat letzte Woche angekündigt, ein laufendes Prüfverfahren für die Zulassung des Sputnik V-Vakzins zu starten. Den Antrag hat der russische Impfstoffentwickler am 22. Januar gestellt. Dieser ist zwar zuerst verlorengegangen – oder wurde verlorengegangen – und nach einigem Kuddelmuddel erst Mitte Februar entdeckt worden. Zuerst will die Behörde die Herstellungsanlagen überprüfen. Ob diese den EU-Standards genügen. Mit einer Zulassung wird im Mai oder Juni gerechnet. Dann ist sie wahrscheinlich ungefährlich – weil das Vakzin nicht mehr notwendig sein dürfte. Nicht so notwendig wie jetzt.
Zum Vergleich: Pfizer/BioNTech stellte seinen Antrag am 1. Dezember. Der Impfstoff wurde am 21. Dezember in der EU freigegeben. Das Zulassungsverfahren dauerte sportliche drei Wochen.Ungefähr so lange wie die Suche nach der durch die Lappen gegangenen russischen Anfrage. Moderna meldete am 1. Dezember ihr Vakzin für die Zulassung an - und bekam grünes Licht am 6. Januar. Sehr unbürokratisch. Auf eine Prüfung der Herstellungsbedingungen wurde in diesem Fall verzichtet.
Dabei will das Gamaleja-Institut gar nicht auf seiner Rezeptur allein sitzen und macht daraus kein streng gehütetes Geheimnis – im Gegensatz zu Pfizer. Der US-Konzern erwartet in diesem Jahr einen Umsatz in Höhe von 15 Milliarden Dollar – aus dem COVID-Geschäft allein. Moderna hat seinen Umsatz 2020 verdreizehnfacht – von 60 im Jahr zuvor auf 803 Millionen. Ein Schelm, wer dabei argwöhnt, der Big Pharma gehe es mehr um Profitmaximierung als um den kürzesten Weg aus der Pandemie. Zufällig vertritt der Impfminister Jens Spahn auch diese Ansicht – und hält nichts von der Lizenz-Freigabe.
Sputnik-Entwickler geben den interessierten Ländern sozusagen die Angel, nicht nur den Fisch: der russische Impfstoff soll vor Ort in Lizenz hergestellt werden. Was natürlich einen enormen logistischen Vorteil darstellt. Von Kosten ganz zu schweigen. China, Indien, Brasilien und Südkorea machen schon davon Gebrauch. Italien hat gerade den Lizenzvertrag unterzeichnet – ohne auf die EU-Zulassung zu warten.
Deutschland, Frankreich und Spanien erwägen es auch, aber trauen sich nicht. Die Slowakei und Ungarn importieren Sputnik bereits durch die Hintertür – per Sonderzulassung, und bringen damit die EU in Rage. Brüssel gönnt es den Allianz-Mitgliedsstaaten nicht, aus falscher Hand die Rettung anzunehmen. Der Präsident des Europäischen Rates Charles Michel sagte:
"Wir sollen uns nicht von China und Russland irreführen lassen. Diese beiden Regime mit weniger attraktiven Werten als unsere organisieren sehr begrenzte, dafür stark beworbene Impfstofflieferungen an andere Länder. Europa wird dagegen Impfstoffe nicht für Propagandazwecke einsetzen."
Anders ausgedrückt, wo die EU den Werte-Cocktail verimpft, spritzen die Russen ihr Propaganda-Serum rein. Einige Länder in Osteuropa und auf dem Westbalken hätten Sputnik aus purer Verzweiflung bestellt, um die eigene Bevölkerung in der Not zu retten. Das trägt überhaupt nicht zur Stabilisierung der EU bei, warnt eindringlich eine Bundestagsabgeordnete mit dem Wirkungsbereich osteuropäische Außenpolitik.
Sputnik V mag wirksam vor dem Virus schützen, einfach in der Handhabe und kostengünstig in der Produktion sein. Aber es soll nicht über sein Wesen hinwegtäuschen: es ist ein "Instrument eines hybriden Krieges". Ein schlummernder Trojaner im Volkskörper der EU. Und da Meinungsfreiheit nicht zwingend Meinungsunterschiede bedeutet, schon gar nicht mit Brüssel, übernehmen die freien deutschen Massenmedien das gleiche Nullsummen-Narrativ:
"Moskau nutzt aus, dass die EU bei der Impfstoffbeschaffung uneins ist und versucht, das Bündnis mit seinem Vakzin zu spalten. Man habe Sputnik V eingesetzt, um das Handeln der EU als Fehlschlag zu diffamieren."
Oder:
"Wenn Russland mit einer sicheren Immunisierung aufwarten kann, wäre das für den Kreml eine willkommene Machtdemonstration."
Doch es gibt auch Opportunisten. Wie etwa dieser Spiegel-Forist mit seinem Kommentar:
"Der [russische] Impfstoff ist einer der Effektivsten und wir leben aktuell in einer Pandemie. In so einer Notsituation muss alles in Erwägung gezogen werden, was hilft, die Pandemie zu bekämpfen. Danach bin ich aber auch dafür, Russland endlich so zu behandeln wie Nordkorea."
Der Nutzer-Name Hallenbeck hätte wohl gut als Pseudonym zu Robert Habeck gepasst. Es ist schwierig genug, das schnell mutierende Virus einzudämmen. Es ist um so schwieriger, dabei einen Zwei-Fronten-Krieg zu führen: gegen die Pandemie und gegen werte-feindliche Impfstoffe. Und die zweite Front ist nicht nur ideologisch handgemacht, sie ist eine Schein-Kampflinie. Denn auf der anderen Seite ist niemand da.
Mehr zum Thema - Sputnik V ist zum zweitbeliebtesten COVID-19-Impfstoff der Welt geworden
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