Lockern bei Erwachsenen, Verschärfen bei Kindern: Corona-Schulregime gehen in die nächste Runde

Masken im Unterricht, Testpflicht und mobile Impfteams: Während die Corona-Regeln für Erwachsene lascher werden, müssen Schüler in Brandenburg, Berlin, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein nach den Ferien wieder strenge Maßnahmen über sich ergehen lassen.
Lockern bei Erwachsenen, Verschärfen bei Kindern: Corona-Schulregime gehen in die nächste RundeQuelle: www.globallookpress.com © Medien Service Mueller / www.imago-images.de

von Susan Bonath

Es ist bereits ein alter Hut: Das Coronavirus namens SARS-CoV-2 kann gesunden Kindern und Jugendlichen kaum etwas anhaben. Viele haben keinerlei Symptome, weniger als ein Prozent der positiv getesteten Minderjährigen musste laut RKI seit März 2020 in einer Klinik behandelt werden. Trotzdem wurden Schüler im vergangenen Schuljahr besonders arg strapaziert. Lockdown, Homeschooling, Quarantäne sowie Masken- und Testpflicht hinterließen bei ihnen vor allem psychische Spuren. Doch obwohl inzwischen alle Lehrer ein Impfangebot erhielten und viele Maßnahmen für Erwachsene gelockert wurden: Ein Umdenken ist nicht in Sicht. Wenn die Schule in einigen Bundesländern nun wieder beginnt, geht es für die Kinder weiter mit den Maßnahmen – teils noch strenger als zuvor.

Brandenburg: Partys für Erwachsene, Masken- und Testpflicht für Kinder

In Brandenburg müssen ab kommendem Montag sogar die Schulanfänger den ganzen Tag mit Masken im Unterricht sitzen. Ebenso müssen sie sich mehrmals in der Woche auf das Coronavirus testen lassen, um in die Schule gehen zu dürfen. Darüber berichtete in der vergangenen Woche unter anderem die BZ. Es gelte, die "Delta-Variante" mit "steigenden Inzidenzen" zu besiegen.

Mit den Maßnahmen für die erwachsene Bevölkerung passt das nicht zusammen. Mehr noch: Es scheint, als nehme das brandenburgische Kabinett unter Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) die Schulkinder in Regress, um Erwachsenen mehr Freiheiten zu gewähren. Denn Letztere dürfen sich nun wieder in beliebiger Anzahl bis zur halben Kapazität des Veranstaltungsorts auf Konzerten und bei Sport-Events tummeln, solange die sogenannte Sieben-Tage-Inzidenz (innerhalb einer Woche positiv Getestete pro 100.000 Einwohner) nicht über 35 rutscht. Am 2. August lag selbige in Brandenburg laut Robert Koch-Institut (RKI) bei 8,5.

Doch selbst bei einer "Inzidenz" von über 35 sind laut der neuen Verordnung noch bis zu 5.000 Gäste zugelassen. Kommen weniger als 750 Teilnehmer zu einer Veranstaltung an der frischen Luft, müssen sie sich nicht einmal testen lassen. Bei Innenveranstaltungen sind bis zu 200 Gästen ohne negativ Getestete erlaubt – also die acht- bis zehnfache Menge an Menschen verglichen mit Kindern in einem Klassenverband. So steht es schwarz auf weiß in Brandenburgs neuer Corona-Verordnung. Ihr Ziel: Man wolle "die vierte Welle ausbremsen".

Laut BZ sagte Brandenburgs Bildungsministerin Britta Ernst (SPD) bei der Vorstellung der neuen Verordnung in der vergangenen Woche, die Ganztagsmaskenpflicht bereits für Grundschüler sei nötig, "weil dort die Abstände nicht eingehalten werden können". Dabei waren vor den Ferien zumindest die Grundschüler davon ausgenommen, auch im Unterricht medizinische Masken tragen zu müssen. Die Zahlen gingen dennoch zurück, über Massen von kranken Kindern in Brandenburg war in den Medien nichts zu lesen.

Verhältnismäßigkeit? Das Landesministerium gibt keine Antwort

Hier stellt sich ganz klar die Frage nach der Verhältnismäßigkeit. Die Autorin erbat deshalb vom Bildungsministerium in Brandenburg dazu eine Stellungnahme. Sie wollte darüber hinaus wissen, ob alle Lehrer und Pädagogen in Schulen in dem Bundesland nunmehr die Möglichkeit hatten, sich impfen zu lassen, ob sie auf Wunsch Schutzartikel wie Masken vom Schulträger gestellt bekommen und ob das Ministerium inzwischen über Daten zum Nutzen und zu Risiken von Masken bei Kindern verfügt.

Außerdem erbat die Autorin Auskunft darüber, wie viele Schnelltests im letzten Schuljahr für Kinder verbraucht wurden, wie viele davon positiv waren und wie häufig diese positiven Schnelltests durch einen PCR-Test bestätigt wurden. Zudem sollte das Ministerium Zahlen zu Schülern nennen, die in Brandenburg wegen COVID-19 hospitalisiert werden mussten, wie viele davon an der Krankheit starben und wie viele insgesamt – ob als positiv Getestete oder Kontaktpersonen – eine Quarantäne-Anordnung erhalten hatten. In dem erbetenen Zeitfenster von etwa fünf Stunden antwortete das Ministerium nicht darauf.

Strenges Corona-Regime auch für Schüler in Berlin und Norddeutschland

Auch in Berlin geht die Schule am 9. August wieder los. Bis dahin soll zumindest die Hälfte der Klassenräume in der Hauptstadt mit Luftfiltern ausgestattet sein, die dem Vernehmen nach vor einer SARS-CoV-2-Ansteckung schützen sollen. Trotzdem lässt man auch in Berlin nicht von der Maskenpflicht im Unterricht schon für die Kleinsten ab. Und dreimal wöchentlich testen lassen müssen sich Berliner Schüler auch – obwohl laut der Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaften (GEW) bis dahin 80 bis 90 Prozent der Lehrer vollständig geimpft sein werden.

In Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein, wo bereits an diesem Montag das neue Schuljahr begonnen hat, haben die Regierenden offensichtlich keineswegs mehr Vertrauen in die Lehrer-Impfung, als das in Brandenburg und Berlin der Fall ist. Auch dort müssen alle Kinder ganztags Masken tragen und sich immer wieder auf SARS-CoV-2 testen lassen, um im Klassenverband lernen zu dürfen. Schleswig-Holstein will sogar Impfaktionen in Schulen für über zwölfjährige Kinder und Jugendliche starten. Eltern sollten hier ein waches Auge haben, denn Jugendliche ab 14 Jahren benötigen nicht zwangsläufig die Einwilligung ihrer Eltern dafür.

In Thüringen sieht man zumindest die Testpflicht etwas anders. 42 Millionen Euro hat der Freistaat nach eigenen Angaben bisher in die Hunderttausenden Selbsttests für Schüler gesteckt. Bildungsminister Helmut Holter (Die Linke) setzte bereits die Testpflicht aus, nun will er diese Utensilien vollständig aus den Schulen verbannen, jedenfalls bei niedriger "Inzidenz".

"Kinder und Jugendliche sind nicht diejenigen, die besonders gefährdet sind, sie gehören nicht zu den vulnerablen Gruppen", sagte er der Thüringer Allgemeinen. Man müsse sich auf jene konzentrieren, die Symptome hätten. Für diese sei dann der Arzt zuständig.

RKI-Daten: Kinder werden sehr selten krank

Dass das Risiko für Kinder sehr gering ist, schwer an COVID-19 zu erkranken, belegen auch die Daten des RKI. Demnach wurden vom März 2020 bis zum 16. Juli 2021 insgesamt 130.733 Schüler und Kindergartenkinder positiv getestet. Lediglich 1.225 davon wurden in einer Klinik behandelt, wobei nicht klar ist, ob dies wegen COVID-19-Symptomen oder anderer Erkrankungen der Fall war. Das ist weniger als ein Prozent. Vier dieser betroffenen Minderjährigen verstarben demnach. Auch für diese Fälle gibt das RKI nicht an, welche Vorerkrankungen die verstorbenen Kinder hatten.

Seit gut zwei Wochen ist das Bundesinstitut übrigens von dieser Darstellung der positiv Getesteten und Hospitalisierten unter Kindern, Pflegeheimbewohnern und verschiedenen Berufsgruppen in Tabellenform abgewichen. Nunmehr gibt es nur noch tägliche Kurzberichte und in Teilen unübersichtlichere Wochenberichte jeweils donnerstags heraus.

Durch die Medien geistern darüber hinaus immer wieder Warnungen vor "Long COVID", einer angeblichen Nachfolgeerkrankung einer Corona-Infektion mit länger anhaltenden, unspezifischen Symptomen wie etwa Müdigkeit, Abgeschlagenheit und depressiven Verstimmungen. Thomas Mertens, Chef der Ständigen Impfkommission (STIKO) am RKI und Virologe, räumte die Ängste vor "Long COVID" allerdings in einer ZDF-Talksendung mit Moderator Markus Lanz am 15. Juli weitgehend aus.

Es gebe keine brauchbaren Daten, die das bestätigten, erklärte Mertens. Eine Studie aus der Schweiz besage vielmehr, dass derlei Symptome auch am Lockdown liegen könnten. So hätten dort Kinder, die mit Corona infiziert waren, und solche, die keine Infektion hatten, in ähnlicher Anzahl die "Long COVID" zugeschriebenen Symptome gezeigt. Mertens betonte: "Das ist eigentlich kein Krankheitsbild." Eine Impfpflicht für Kinder sei damit jedenfalls nicht zu begründen.

Da stellt sich eben auch die Frage: Warum müssen Schüler weiterhin Masken tragen und sich alle paar Tage testen lassen, wenn es ihnen selbst möglicherweise mehr schadet als nützt? Letzteres wurde offenbar bis heute nicht abgeklärt – zumindest konnte die Autorin bislang keine evidenten Daten dazu bekommen, weder beim Bund noch bei mehreren Ländern.

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