Angebot mit vorgehaltener Pistole: US-Flüssiggas für Europa (Teil I)
von Rainer Rupp
Nach dem „Schock“ von Helsinki ist eine große Gruppe konservativer US-Senatoren nun eifrig damit beschäftigt, mit neuen anti-russischen Sanktionen Präsident Trump noch rechtzeitig vor dessen nächstem Treffen mit Putin an die Leine zu legen. Daher hat man sich im US-Senat - unter dem Beifall der faschistischen Freunde in der Ukraine und der russophoben Hetzer in Polen - ein Kernprojekt der russisch-europäischen Zusammenarbeit in dem für beide Seiten wichtigen Energiesektor als Ziel ausgesucht.
Bei dem „North Stream 2“ Projekt handelt es sich um eine Pipeline, die unter der Ostsee von Russland nach Deutschland verläuft und deren jährliche Kapazität 55 Milliarden Kubikmeter betragen soll. Sowohl für Russland als auch für die Gas-Abnehmer in der EU hat „North Stream 2“ durch seine Trassenführung am Grund der Ostsee die zusätzliche Attraktivität, dass die russischen Gaslieferungen nicht – wie bei anderen Pipelines bereits öfter geschehen – etwa von der Ukraine illegal angezapft werden kann oder aber von Warschau oder Kiew aus politischen Motiven blockiert werden können. Zugleich sparen Russland und die EU-Abnehmer jedes Jahr Milliarden Euro, die sonst als Transitgebühren an die Ukraine und Polen gezahlt werden müssten.
„North Stream 2“ ist ein Joint-Venture zwischen dem russischen Energieriesen Gazprom und der französischen Firma Engie, der österreichischen OMV AG, der britisch-dänischen Royal Dutch Shell und den deutschen Firmen Uniper und Wintershall. Ende 2019 soll die Pipeline in Betrieb gehen, und das ist sowohl den Amerikanern als auch ihren ukrainischen und polnischen Freunden ein Dorn im Auge. Dabei stört sie auch die Tatsache nicht, dass die Länder der EU in den nächsten 20 Jahren mit einem Erdgasdefizit von etwa 120 Milliarden Kubikmetern konfrontiert sein werden. Selbst „Nord Stream 2“ und das Schwesterprojekt für Südeuropa „TurkStream“ können diese Lücke zwar verkleinern aber bei weitem nicht ausfüllen. Vor allem Deutschland ist hier in einer prekären Lage.
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Laut „Handelsblatt Global“ bezieht Europas größte Volkswirtschaft derzeit rund 40 Prozent ihres Erdgases aus Russland, während die Niederlande rund 29 Prozent liefern und Norwegen 20 Prozent. Aber die Niederlande werden die Exporte von Erdgas im Jahr 2029 stoppen, nachdem die Gasgewinnung aus unterirdischen Lagerstätten als Ursache für die Erdbeben identifiziert wurde, die im Jahr 2012 in der Nähe von Groningen auftraten.
Dies habe zu einem Bürgeraufstand und einer neuen Herangehensweise an den Erdgasexport geführt, wodurch für Deutschland eine große Lieferlücke entstehen wird. Genau auf diese Schwachstelle zielen die Richtlinien des neuen Sanktionsgesetzes des US-Kongresses, in dessen Text „North Stream 2“ namentlich genannt wird.
Im Rahmen des bereits letztes Jahr vom US-Kongress eingebrachten CAATSA-Sanktionsgesetzes, das bereits am 2. August 2017 durch Trumps Unterschrift Gesetzeskraft erhielt, hat der US-Präsident die Vollmacht, gegen drei Nationen (Iran, Russland und Nordkorea) Sanktionen zu verhängen, die über die bereits bestehenden Sanktionen hinausgehen. Die Abkürzung CAATSA steht für „Countering America's Adversaries Through Sanctions Act“ (Gesetz über Maßnahmen gegen Amerikas Gegner mittels Sanktionen“. Der Abschnitt II des Gesetzes trägt die Überschrift: „Countering Russian Influence in Europe and Eurasia Act“ (Gesetz über Maßnahmen gegen Russlands Einfluss in Europa und Asien“. Die Details kann man hier auf der Webseite des US-Finanzministeriums nachlesen.
Das Handelsblatt spekulierte noch, es sei jedoch „unklar“, ob der Wortlaut des Gesetzes auch gegen „North Stream 2“ politisch „durchgesetzt“ werden würde. Im Hintergrund dürfte die Vermutung mitschwingen, dass nach Helsinki Trump seinen neuen Freund Putin womöglich nicht verärgern möchte. Auch im US-Kongress sieht man dieses Risiko. Und deshalb sehen die Sponsoren des neuen Sanktionsgesetzes die Aufnahme einer Klausel vor, wonach die letztendliche Entscheidung über Sanktionen nicht vom US-Präsidenten abhängt, sondern die entsprechenden Strafmaßnahmen gegen Russland in einer Art Automatismus verbindlich vorgeschrieben werden.
Am 18. Juli 2018 legte Senator John Barrasso (ein Republikaner aus Wyoming) einen Gesetzesentwurf vor, der von den republikanischen Senatoren Cory Gardner und Steve Daines mitgetragen wurde. Das Gesetz soll den NATO-Mitgliedsstaaten ermöglichen – so wortwörtlich – „Russlands politischer Nötigung und Manipulation zu entkommen“. Wie wir aus Erfahrung wissen, lassen unsere großmütigen, amerikanischen Freunde keine Gelegenheit aus, total uneigennützig für ihre Verbündeten in die Bresche zu springen und zu helfen. Nur – in Europa hat niemand um eine solche Art "Hilfe" gebeten.
"Amerika spielt mit der Sicherheit der europäischen Energieversorgung – und zwar nur um seine eigenen wirtschaftlichen Interessen durchzusetzen und Arbeitsplätze in Amerika zu schaffen". Mit dieser Aussage wird denn auch Klaus Schäfer, Boss des an „North Stream 2“ beteiligten Düsseldorfer Uniper Konzerns, in dem bereits erwähnten Artikel von Handelsblatt Global zitiert. "Das Projekt Nord Stream 2 hat sich nun auch politisiert, obwohl es sich wirklich nur um ein rein ökonomisches Projekt handelt", beklagte Schäfer.
Der Entwurf von Senator Barrassos neuem Gesetz kann hier auf der US-Kongress-Webseite des Senators eingesehen werden. Der Text selbst liest sich für einen „normalen“, nicht russophoben Menschen wie ein Stück aus dem absurden Theater, mit stark real-satirischen Einlagen. Dazu mehr im Teil II, der u.a. auch auf die von Washington den Europäern aufgezwungene „Wahl“ eingeht, sich entweder für ein starkes und unabhängiges Europa zu entscheiden, das in der Lage ist, seine eigenen Interessen und seine Unabhängigkeit zu verteidigen, oder andernfalls weiter eine Marionette zu bleiben, die an den Fäden nach der Musik Washingtons zu tanzen hat.
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