Nordamerika

Massiv aufgerüstet, aber nicht sicherer – Studien zu militärischer Ausrüstung der US-Polizei

Die militärische Ausrüstung von Polizeibeamten reduziert weder die Kriminalität noch schützt sie die Einsatzkräfte. Zu dem Ergebnis kamen zwei unabhängig voneinander durchgeführte Studien mit Blick auf die Weiternutzung militärischer Ausrüstung durch die US-Polizei.
Massiv aufgerüstet, aber nicht sicherer – Studien zu militärischer Ausrüstung der US-PolizeiQuelle: www.globallookpress.com © Daniel Karmann/dpa/ Global Look Press

Milliarden von US-Dollar, die Washington in militärische Ausrüstung samt gepanzerten Fahrzeugen und leistungsstarken Gewehren von US-Polizeibehörden investiert hat, haben weder zur Verringerung von Kriminalität noch zu verbesserter Sicherheit der Einsatzkräfte beigetragen. Diese Schlussfolgerung zogen zwei aktuelle, voneinander unabhängige Studien.

Die beiden von Experten begutachteten Studien, eine von einem Forscher an der University of Michigan und die andere von sechs Wissenschaftlern am Emory College of Arts & Sciences und der Louisiana State University, wurden zu Beginn der Woche in der monatlich erscheinenden, multidisziplinären Londoner Fachzeitschrift Nature of Human Behaviour veröffentlicht.

Hintergrund ist die für mehrere Menschen – insbesondere Afroamerikaner – tödliche Begegnung mit der Polizei in den Vereinigten Staaten, die eine breite Diskussion um die Ausrüstung der Polizei entfacht hat. Hinter dem Motto "Defund the Police" steht eine Bandbreite an Positionen, die die Ausstattung der Polizei in der aktuellen Form kritisieren und dafür plädieren, diese zu verringern und in andere Bereiche zugunsten der öffentlichen Sicherheit und der Unterstützung des Gemeinwesens zu investieren, wie Bildung, Jugendhilfe, soziale Dienste, Wohnungsbau oder andere.

In beiden politischen Lagern – sowohl der Demokratischen als auch der Republikanischen Partei – werden solche Rufe mit Skepsis oder gar Ablehnung betrachtet.

Es gab jedoch unterschiedliche Herangehensweisen an die Ausstattung der Polizei in den USA, insbesondere hinsichtlich der Nutzung militärischer Ausrüstung. Ab dem Jahr 1990 wurde ursprünglich militärische Ausrüstung mit dem sogenannten "1033 Program" für Strafverfolgungsbehörden auf Bundes- und Landesebene zur Verfügung gestellt, die damals gezielt für die Drogenbekämpfung verwendet werden sollte. Einige Jahre später wurde die Nutzung militärischer Ausrüstung auf andere Bereiche ausgeweitet.

Im Jahr 2017 stellte die Trump-Administration den Zugang lokaler Strafverfolgungsbehörden zu Militärwaffen und einigen anderen Arten von ausgemusterter Militärausrüstung (surplus military equipment, SME) wieder her, die von der Obama-Administration nach der Tötung des Teenagers Michael Brown und den damit einhergehenden Protesten in Ferguson im Bundesstaat Missouri 2014 eingestellt worden war. Die Polizei hatte gegen Demonstranten militärische Waffen, Kampfausrüstung und gepanzerte Fahrzeugen eingesetzt.

Befürworter einer militärisch hochgerüsteten Polizei bringen meist – so auch in anderen Staaten – die vermeintlich notwendige Abwägung zwischen öffentlicher Sicherheit und bürgerlichen Freiheiten als Argument vor. Außerdem wird auch die Gefahr von Leib und Leben der Einsatzkräfte als Grund für die Nutzung militärischer Kampfausrüstung von Polizeibeamten genannt. Beidem widersprechen die über Jahre durchgeführten Untersuchungen nun.

Laut einem der Autoren der Studie mit dem sperrigen Titel "Gegenbeweise für kriminalitätsreduzierende Effekte von bundesstaatlichen Zuschüssen für militärische Ausrüstung an die lokale Polizei", dem Politikwissenschaftler Tom Clark, ist das Ergebnis beider voneinander unabhängig durchgeführter Forschungen, dass " (...) die Weitergabe (von militärischer Ausrüstung) an lokale Strafverfolgungsbehörden keinen Einfluss auf die eine oder andere Weise zu haben scheint. Es reduziert nicht die Kriminalität, es führt nicht zu einem Anstieg der Kriminalität. Es scheint die Verletzungen von Polizisten nicht zu reduzieren. Es scheint sie aber auch nicht zu erhöhen", so Clark gegenüber abc news.

Laut Kenneth Lowande, Assistenzprofessor für Politikwissenschaft an der University of Michigan und Autor der zweiten Studie mit dem Titel "Police Demilitarization and Violent Crime" (Entmilitarisierung der Polizei und Gewaltkriminalität), zeigt seine Forschung unter anderem anhand von 3,8 Millionen archivierten Datensätzen, dass die Trump-Administration ihre Anordnung auf fehlerhafte Studien stützte, die davon ausgegangen waren, dass die militärische Ausrüstung der Polizeidienststellen die Kriminalität reduzieren würde. Umgekehrt würde eine Entmilitarisierung der Polizei die Risiken für öffentliche und Beamtensicherheit nicht erhöhen.

Bereits im Jahr 2018 hatte der Politikwissenschaftler Jonathan Mummolo in einer Studie aufgezeigt, dass militarisierte, sogenannte "Special Weapons and Tactics"-Teams (SWAT), etwa Spezialwaffen- und Taktikteams, keine erkennbaren Vorteile in Bezug auf die Sicherheit der Beamten oder die Reduzierung von Gewaltverbrechen bieten, während der Anblick militarisierter Polizei deren Ansehen in der breiten Öffentlichkeit verringert.

Insgesamt ist die seit der brutalen Tötung von George Floyd – einem farbigen Mann, der mit Handschellen gefesselt war und minutenlang nach Luft rang, während der weiße Polizist Derek Chauvin auf seinem Hals kniete – erneut entfachte Debatte über die Ausstattung der Polizei in den Vereinigten Staaten breiter und geht weit über die Frage der Weiternutzung ausrangierten militärischen Equipments hinaus. Auch die Lösungsansätze sind teils nuanciert.

In Minneapolis beispielsweise hat der Stadtrat am Donnerstag nach vorherigen Auseinandersetzungen einen Haushalt verabschiedet, durch den etwa acht Millionen US-Dollar von der Polizei in Richtung Gewaltprävention und andere Dienstleistungen umgeleitet werden. Auch andere Städte in den USA, darunter Los Angeles, New York City und Portland, haben Gelder von der Polizei zu sozialen Einrichtungen umgeleitet. In manchen Abteilungen wurden dabei auch Beamte entlassen oder geplante Einstellungen gestrichen. In Minneapolis werden nach der aktuellen Abstimmung keine Stellen gestrichen.

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