Meinung

Handel in Euro statt US-Dollar: Trump treibt Europäer in die Arme der Russen

Die wachsenden Differenzen zwischen den Vereinigten Staaten und der Europäischen Union befördern eine Wiederannäherung zwischen westeuropäischen Ländern und Moskau. Davon zeugen nicht nur die jüngsten Wirtschaftsabkommen im Energiesektor.
Handel in Euro statt US-Dollar: Trump treibt Europäer in die Arme der RussenQuelle: www.globallookpress.com © Global Look Press

von Dr. Kamran Gasanow

Man kann von der Politik des US-Präsidenten Donald Trump halten, was man will, aber seine Handlungen markieren den Beginn tektonischer Veränderungen in der Weltpolitik. Das zeigt sich nicht nur an der Entwicklung auf der koreanischen Halbinsel, wo ein Durchbruch in den festgefahren Beziehungen zwischen Nord- und Südkorea erreicht zu sein scheint. Auch die Entwicklung der Situation zwischen den beiden Küsten des Atlantiks könnte dramatische Auswirkungen haben zu einer Entspannung zwischen der EU und Russland führen. Lassen Sie mich näher auf das zweite Thema eingehen.

In einem Monat wurde Russland von den drei wichtigsten Politiken Europas besucht. Am 18. Mai traf sich Angela Merkel mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin in Sotschi, der die Bundeskanzlerin mit einem Blumenstrauß empfing Dann erkundigte sich Merkel bei Ministerpräsident Dmitri Medwedew auf Russisch über die Bildung der neuen russische Regierung und gratulierte auch Sergei Lawrow zur Wiederernennung als Außenminister. Allerdings gab es auf dem Treffen bezüglich Syriens und der Ukraine keine ernsthaften Fortschritte. Eine gemeinsame Haltung gab es jedoch zur Frage des iranischen Atomabkommens und zum Bau der Nord Stream 2-Pipeline, die Washington verhindern will.

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Drei Tage traf Bulgariens Präsident Rumen Radew in dem beliebten Urlaubsort  am Schwarzen Meer ein. Radew hat derzeit die EU-Präsidentschaft inne. Beim Treffen mit Putin sagte er, dass sein Land direkte Gaslieferungen aus Russland erwartet und sogar das  South Stream-Pipeline-Projekt wiederbeleben will. Offensichtlich sollen solche wichtigen Fragen mit der Europäischen Kommission und dem Europäischen Rat abgestimmt werden. 

Der Höhepunkt der sich abzeichnenden Annäherung zwischen Russland und Europa war die flammende Rede des französischen Präsidenten Emmanuel Macron auf dem Sankt Petersburger Internationalen Wirtschaftsforum (SPIEF). Diese Rede, voll von literarischen Vergleichen und Beispielen aus der Welt des Sports, wäre eigentlich einen eigenen Artikel Wert. Das Kernthema, über das Macron sprach, war die Wiederherstellung des gegenseitigen Vertrauens. Der Franzose schlug vor, sich auf die Punkte zu konzentrieren, bei denen man sich nahesteht, wie in der Korea-Frage oder dem iranischen Atomabkommen. Macron sprach sich auch für die Rückkehr Russlands in den Europarat aus. Als er an die Abhängigkeit der EU von den Vereinigten Staaten erinnerte, äußerte Putin die Bereitschaft, Europa falls nötig zu „schützen“. Er versprach auch, die Europäische Union beim Iran-Abkommen zu unterstützen.

Warum wird die Annäherung zwischen der EU und Russland immer realistischer?

Drei Punkte wären in diesem Zusammenhang zu nennen: Erstens, wegen der US-Außenpolitik unter Präsident Trump; Zweitens, aufgrund einer neuen Interessenkalkulation der Europäer; und Drittens, wegen der politischen Veränderungen in Europa. Der Ausstieg Trumps aus dem Iran-Deal; Washingtons Maßnahmen wie Zölle, die sich auch gegen europäische Unternehmen richten und das Handelsdefizit der USA verringern sollen; und die unterschiedlichen Positionen zum Israel-Palästina-Konflikt und Nord Stream 2 – das sind die Faktoren der ersten Kategorie.

Zur zweiten Gruppe von Faktoren zählen der Mangel an Fortschritten im Konflikt in der Ostukraine, die Unveränderlichkeit des Status der Krim und der gescheiterter Versuch, mit Sanktionen effektiven Druck auf den Kreml auszuüben – Brüssels Methoden gegenüber Moskau funktionieren nicht. Stattdessen verlieren die europäischen Unternehmen selber Milliarden Euro aufgrund der russischen Gegensanktionen.

Darüber hinaus gewinnen Drittens innerhalb Westeuropas die Kräfte an Einfluss, die eine Aufhebung der Sanktionen gegen Russland befürworten. Darunter vor allem Österreich und Italien. Aber auch in Deutschland werden solche Stimmen lauter. Vor der Beratung des SPD-Vorstands riefen Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig sowie einige andere Politiker von SPD, CDU und CSU zur Aufhebung der Sanktionen auf.

Die Annäherung zwischen der EU und Russlands beschränkt sich nicht auf  das Bemühen literarischer Bilder, sondern nimmt eine konkrete Form an. Unter Dutzenden von Verträgen, die beim Wirtschaftsforum in Sankt Petersburg unterzeichnet wurden, ist vor allem der Vertrag zwischen Total und Novatek über die Beteiligung der französischen TNC an dem Projekt „Arctic LNG-2“ in Höhe von 2,5 Milliarden US-Dollar bemerkenswert. Dies ist eine direkte Folge des Vorhabens der US-Regierung, Sanktionen gegen im Iran tätige EU-Unternehmen zu verhängen.

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Der Rosneft-Chef Igor Setschin sagte, dass die Vereinigten Staaten Total aus dem iranischen Projekt „South Pars-11“ hinausgejagt haben, um „Raum für das teurere amerikanische LNG [Flüssiggas] frei zu machen“.  Mit den gleichen Zoll- und Sanktionsinstrumenten hat Washington vor kurzem China gezwungen, seine Öl- und Gasimporte aus den Vereinigten Staaten zu erhöhen. Setschin versuchte Europa zu überzeugen, dass der Zweck der US-Sanktionen, die ein Drittel der weltweiten Ölproduktion (aus dem Iran, Russland und Venezuela) ins Visier nehmen, die Steigerung der Schieferöl-Produktion sei. Putin sagte direkt, dass Trump erwarte, dass seine Aktionen den Absatz von US-Flüssiggas auf dem europäischen Markt vorantreiben.

„Die Schieferölproduktion wird 2018 auf 1,4 Millionen Barrel pro Tag ansteigen. Es ist Zeit für uns zu erkennen, dass die Schiefer-Förderung in den USA in eine gewisse Reifephase eingetreten ist. Man muss ihre Risiken prüfen“, fügte Sechin hinzu.

Der russische Finanzminister Anton Siluanow schlug der EU vor, den Handel mit Russland in Euro statt dem US-Dollar abzuwickeln, vorausgesetzt, dass die EU keine neuen US-Sanktionen gegen Russland unterstützt. Den Übergang zum Euro betrachtet Siluanow als eine Möglichkeit, die „exterritorialen“ US-Beschränkungen zu vermeiden. Das Hauptproblem sie die Frage, ob Brüssel  zu einer „eindeutigen Position“ ohne Rücksicht auf Washington bereit sei.

Die Ereignisse des letzten Monats haben alle Voraussetzungen dafür geschaffen, dass Frankreich und Deutschland Europa aus der Beziehungskrise zu Russland herausführen können. Der Vorschlag von Siluanow, auf nationale Währungen umzusteigen, bestätigt Gerüchte, dass Europa im Öl-Handel auf en US-Dollar verzichten kann. Bei allem Optimismus muss man jedoch abwarten, ob den Worten eines Macrons auch Taten folgen werden.  In der Person von Merkel hat Putin es mit einer Kontrahentin zu tun, die sich für einen langfristigen Kurs einsetzt und keinen spontanen Stimmungen unterliegt. Der beste Beweis dafür ist der Erhalt des Nord Stream 2-Projekts.

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