Die russische Superbombe und die bizarre Berichterstattung deutscher Medien
Von Achim Detjen
Russland soll im Ukraine-Konflikt erstmals eine FAB-3000-Lenkgleitbombe eingesetzt haben. Sie zählt zu den schwersten konventionellen Bomben, wiegt, wie der Name bereits verrät, insgesamt drei Tonnen und verfügt über einen Sprengkopf von 1,2 Tonnen.
Das russische Militär soll das Schwergewicht über dem Dorf Lipzy im Gebiet Charkow abgeworfen haben. Die größten bislang von Russland in dem Konflikt eingesetzten Lenkgleitbomben waren vom Typ FAB-1500.
Diese mit einem nachträglich installierten Steuerungsmodul ausgestatteten Bomben, von denen Russland zigtausende in seinen Arsenalen hat, werden von Flugzeugen aus einer so großen Entfernung abgeworfen, dass sie von der ukrainischen Luftabwehr unerreichbar sind – und sie treffen präzise ihr Ziel.
Der irische Journalist Chay Bowes kommentierte im sozialen Netzwerk X den ersten Einsatz einer solchen FAB-3000-Bombe in einem Kampfgebiet in der Ukraine mit den Worten, dies sei "eine sehr schlechte Nachricht für die ukrainischen Truppen".
Dabei hätte diese Nachricht eigentlich nicht das Licht der Welt erblicken dürfen, wenn man etwa Experten wie Dr. Christian Mölling und Dr. András Rácz Glauben schenkt, die beide für die Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) tätig sind in den Fachgebieten Sicherheits- und Verteidigungspolitik.
Sie hatten vor zwei Wochen gemeinsam einen Artikel für ZDF heute verfasst, in dem sie behaupteten, dass die vom Westen erteilte Freigabe an die Ukraine, die gelieferten Waffen gegen russisches Territorium einzusetzen, ihre Wirkung entfaltet hätte:
"In der Zwischenzeit konnte aber das Hauptziel der Genehmigung, nämlich der Schutz von Charkow vor den verheerenden russischen Gleitbombenangriffen, immer noch erreicht werden. Denn die russischen Bomber wurden einfach zurückgedrängt, sodass sie die Stadt aufgrund der begrenzten Reichweite der Gleitbomben nicht mehr erreichen konnten", behaupteten die beiden Experten.
Die Aufnahme straft sie Lügen. Dafür meldete sich am Freitag der deutsche Militär- und Sicherheitsexperte Nico Lange auf der Plattform X zu Wort, um angesichts des Einsatzes der FAB-3000-Bombe den Westen aufzufordern, die Ukraine stärker militärisch zu unterstützen: "Russland warf eine 3-Tonnen (!) Gleitbombe FAB-3000 auf ein Dorf in der ukrainischen Region Charkiw ab. Die Ukraine braucht moderne Luftverteidigung und F-16 mit Luft-Luft-Raketen, um diesen Wahnsinn zu stoppen."
Russland warf eine 3-Tonnen (!) Gleitbombe FAB-3000 auf ein Dorf in der ukrainischen Region Charkiw ab. Die Ukraine braucht moderne Luftverteidigung und F-16 mit Luft-Luft-Raketen, um diesen Wahnsinn zu stoppen. https://t.co/eG2LMv2eww
— Nico Lange (@nicolange_) June 20, 2024
Dabei soll es doch die von Lange geforderte "moderne Luftverteidigung" gewesen sein, die laut den DGAP-Experten die "Kampfjets [vertreibt], die Gleitbomben abwerfen". Offenbar sind die westlichen Waffensysteme doch nicht so effektiv, wie von diesen Experten behauptet.
Und wenn man in diesem Zusammenhang dem Publikum schon keine Jubelmeldungen über westliche Waffen liefern kann, dann müssen Schauergeschichten über die Ineffektivität russischer Waffen herhalten. Und dabei kommen dann über die russischen Lenkgleitbomben Schlagzeilen raus wie diese: "Russische Bomben treffen Ziele im eigenen Land" (Pro7 Newstime), oder auch: "Fehlschlag an Ukraine-Front: Russland feuert immer mehr Bomben auf eigenes Gebiet ab" (Frankfurter Rundschau).
So heißt es in den Berichten, im russischen Grenzgebiet Belgorod seien über 100 FAB-Bomben eingeschlagen, da diese "unzuverlässig" und "fehlerhaft" seien, und deshalb komme "es auch zu Einschlägen in Russland". Wobei die Präzision dieser Bomben "für das russische Militär aber ein untergeordnetes Problem" sei, da ihre Sprengkraft so groß sei, dass sie auch die gewünschte Zerstörungskraft entfalteten, ohne genau ihr Ziel zu treffen.
Und so behaupten deutsche Medien nun, dass es nicht die ukrainischen Streitkräfte sind, die etwa die Wohngebiete der Stadt Belgorod regelmäßig unter Beschuss nehmen, sondern dass die Zerstörungen dort Folge der "eigenen" russischen Bomben sind – weil diese offenbar so unpräzise sind, dass sie sich selbst in eine Stadt verirren, die rund 40 Kilometer von der Grenze zur Ukraine entfernt liegt.
So kamen Mitte Mai bei dem ukrainischen Beschuss eines Wohnblocks sieben Zivilisten ums Leben. Laut der Frankfurter Rundschau war es jedoch eine russische Bombe. Denn das habe die Kyiv Post "verifiziert".
Den Redakteuren bei den Mainstreammedien und den ihnen zuarbeitenden "Experten" ist offenbar keine Fantasiegeschichte zu abstrus, um sie nicht dem deutschen Publikum unterjubeln zu wollen. Und was die Präzision russischer Lenkgleitbomben betrifft: Folgendes Video liefert ein Beispiel dafür, wie es um diese bestellt ist – vier FAB-Bomben treffen zielgenau einen Schützengraben.
Mehr zum Thema ‒ Russische Su-34 mit FAB-500-Gleitbomben im Einsatz
RT DE bemüht sich um ein breites Meinungsspektrum. Gastbeiträge und Meinungsartikel müssen nicht die Sichtweise der Redaktion widerspiegeln.
Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.