Meinung

Bauern in Wut – Aktionswoche gegen Regierung und Kürzungen

Die Pläne der Bundesregierung zum Abbau von Subventionen für die Landwirtschaft sorgen für Wut bei den Bauern. Ab Montag soll es eine Aktionswoche geben. Die Landwirte sehen ihre Lebensgrundlagen bedroht. Überlegungen der Ampel einzulenken, werden daran erstmal nichts ändern.
Bauern in Wut – Aktionswoche gegen Regierung und KürzungenQuelle: Gettyimages.ru

Von Rüdiger Rauls

Bauern sind unter normalen Umständen keine Aufrührer. Die Politik treibt sie zum Protest. Schon zur Zeit der Bauernkriege sorgten die großen Herren selbst dafür, dass ihnen der kleine Mann zum Feind wurde. Damals ging es um den Zehnten und Frondienste. Heute bedrohen bürokratische Auflagen und die Streichung von Steuervergünstigungen die Lebensgrundlagen der Landwirte – und nicht nur ihre.

Der Bauern Not

Die Herren (und Damen) in Berlin müssen es schon arg getrieben haben, dass am 18. Dezember vergangenen Jahres Tausende von Bauern die Hauptverkehrsadern der Hauptstadt dicht machten. "Laut Veranstalter sollen an der Demonstration am Brandenburger Tor etwa 8.000 bis 10.000 Menschen teilgenommen haben, mehr als 3.000 Traktoren waren in Berlin unterwegs."

Seit das Bundesverfassungsgericht mit seinem Urteil vom 15. November 2023 die Praxis der Geldverschiebung der Regierenden in Berlin zwischen den Sondervermögen für gesetzwidrig erklärt hat, blinkt die Berliner "Ampel" im andauernden Warnmodus. Siebzehn Milliarden müssen noch für den Haushalt 2024 zusammengekratzt werden. Woher nehmen und nicht stehlen?

Das heißt: Alle Ausgaben kommen auf den Prüfstand. Alle? Nein, die Ausgaben für die Rüstung und auch jene für den Krieg in der Ukraine werden nicht zusammengestrichen, wohl aber die Ausgaben für die eigene Bevölkerung. Diese scheint den Regierenden in Berlin nicht so wichtig zu sein wie der Wunsch, Russland in die Knie zu zwingen, und die Vorstellung, dass die Ukraine diesen Krieg gewinnen muss.

Um dem Ziel eines soliden Haushalts für 2024 näher zu kommen, wurden von einem Tag auf den anderen zugesagte staatliche Zuschüsse gestrichen. Besonders hart aber geht man bei der diesmaligen Runde der Haushaltskonsolidierung die Landwirte an. Ihre Landmaschinen, die bisher steuerfrei waren, sollen der Kraftfahrzeugsteuer unterworfen werden. Die bisherige Befreiung war damit begründet worden, dass diese Fahrzeuge in erster Linie abseits der Straßen eingesetzt werden und diese deshalb so gut wie nicht abnutzen. Hat sich daran etwas geändert?

Gleichzeitig mit dieser neuen Steuer soll den Landwirten obendrein auch noch die steuerliche Ermäßigung auf Diesel gestrichen werden. Das belastet die bäuerlichen Betriebe mit 21,5 Cent pro Liter Diesel, was einen durchschnittlichen Einkommensverlust von 4.000 Euro pro Betrieb bedeutet. Zusätzlich wird ab dem Jahreswechsel auch die Kohlenstoffdioxid(CO₂)-Abgabe um fünfzig Prozent von dreißig auf fünfundvierzig Euro pro Tonne CO₂ erhöht. Ursprünglich waren nur vierzig Euro geplant.

Diese CO₂-Abgabe betrifft aber nicht nur die Bauern. Sie wirkt sich für alle an den Zapfsäulen aus und wird die Treibstoffpreise noch stärker ansteigen lassen. Besonders betroffen davon sind die Spediteure, denen die Regierung ohnehin schon mit neuen Mautverordnungen tief in die Taschen greift, soweit sie mit Verbrennerfahrzeugen unterwegs sind. Das geschehe zum Schutz der Umwelt; aber was sollen sie anderes machen, gibt es doch keine Lastwagen mit Elektroantrieb.

Der Bauern Wut

Kaum waren diese Beschlüsse der Ampel veröffentlicht, ist den Bauern der Kragen geplatzt. Sozusagen über Nacht haben sie ihren Protest auf die Beine gestellt und zum Rollen gebracht. Die Regierung schien überrascht und von der prompten Reaktion überrumpelt. Sie hatte anscheinend nicht damit gerechnet, dass eine gut organisierte Berufsgruppe wie die Bauern schneller handlungsfähig ist, als man das im politischen Berlin gewohnt zu sein scheint. Jedenfalls waren im Nu Tausende von Bauern mit ihren Traktoren vor dem Brandenburger Tor.

Die Regierung hatte sich weggeduckt. Allein der zuständige Landwirtschaftsminister Cem Özdemir hatte in den sauren Apfel beißen müssen und die Regierung vor den Landwirten vertreten müssen. Willkommen war er nicht und dementsprechend verunsichert und wenig überzeugend wirkte er. Özdemir gab sich selbst empört über diese Beschlüsse, als sei er kein Mitglied dieser Regierung und nicht an der Beschlussfassung beteiligt gewesen. Wie üblich in solchen Konfliktsituationen sicherte er den Bauern seine volle Unterstützung zu, gab sich kämpferisch und versprach, alles in seinen Kräften zu tun im Interesse der Landwirte.

Vielleicht haben er und seine Regierung darauf gehofft, dass belanglose Versprechungen die Bauern besänftigen und sie sich dann im Vertrauen auf sein Wort zufrieden nach Hause trollen. Sollten diese Überlegungen im Hintergrund gestanden haben, so haben sie sich nicht erfüllt. Denn Bauernpräsident Joachim Rukwied machte deutlich, dass man den Kampf gegen die Regierungsvorhaben aufnehmen werde, solange sie nicht ersatzlos gestrichen werden.

Auch in den Tagen nach der Berliner Veranstaltung gingen die Proteste der Landwirte in vielen Städten und Regionen der Bundesrepublik weiter. Tausende von Traktoren blockierten Landstraßen und Innenstädte. Inzwischen werden weitere Demonstrationen am 8. Januar in einigen Städten der Bundesrepublik vorbereitet und wird zu einer zentralen Veranstaltung am 15. Januar in Berlin aufgerufen.

Aber auch immer mehr andere gesellschaftliche Gruppen schließen sich dem Protest an. Mittlerweile wurden die Forderungen der wachsenden öffentlichen Beteiligung angepasst. Jetzt handelt es sich nicht mehr nur um eine allein an den Interessen der Bauern orientierten Aktion, sondern um eine "bundesweite Aktionswoche zur Agrardiesel und Kfz-Steuerbefreiung, sowie Maut- und CO₂-Besteuerung". Man hat also die ursprünglich nur auf die eigenen Interessen begrenzten Forderungen erweitert um die der Spediteure nach einer Entlastung von den Mautkosten.

Dass auch gegen die CO₂-Besteuerung demonstriert werden soll, dient den Interessen der gesamten Bevölkerung. Anscheinend ist man sich dessen bewusst, dass mit der Erfüllung der berufsspezifischen Forderungen allein nicht viel gewonnen ist, wenn auf der anderen Seite durch die Anhebung der CO₂-Besteuerung diese Zugeständnisse wieder zunichte gemacht werden.

Um den Kampf gegen die CO₂-Besteuerung aufzunehmen, könnte die Kampfkraft der Bauern alleine vielleicht nicht ausreichen. Man scheint zu erkennen, dass es dazu einer breiteren Unterstützung aus der Bevölkerung bedarf. Denn hier geht es um mehr als nur Geld. Der Kampf gegen den CO₂-Wahnsinn berührt einen Kern der Politik in der Europäischen Union. Da wird eine politische Machtfrage gestellt, zu der sich die gesamte Klimadiskussion mittlerweile ausgewachsen hat.

Landesweite Wut

Das erkennen immer mehr Menschen in diesem Lande. Viele sind die Abgehobenheit, den Starrsinn und die Verblendung der Regierenden in Berlin und deren Parteien leid, was den Aktionen der Bauern eine breite Sympathie vonseiten der Bevölkerung entgegenbringt. Den Menschen reicht es. Sie sind empört über die Politik der Ampel, die zu einer massiven Verschlechterung der Lebensbedingungen fast aller gesellschaftlichen Gruppen geführt hat.

Das Leben der meisten Menschen in Deutschland ist durch Unsicherheit geprägt, seit sich die Sanktionen gegen Russland immer mehr zum Schaden für die eigene Wirtschaft ausweiten. Die Energiepreise sind massiv gestiegen und in deren Folge auch die Lebensmittelpreise. Werden die Produktionskosten der Bauern und die Transportkosten der Spediteure nun auch noch steigen, bleibt das mit Sicherheit nicht ohne Auswirkungen auf die Lebensmittelpreise.

Wie das Handelsblatt unlängst bedauerte, können sich schon jetzt laut einer Studie aus Özdemirs Ministerium vom März 2023 "3,5 Prozent oder rund 3 Millionen Menschen … nicht jeden Tag die für eine gesunde Ernährung notwendigen Produkte leisten." Der Bundesverband der Tafeln gab Mitte des Jahres bekannt, dass inzwischen "36 Prozent der Mitgliedsorganisationen … bis zu 50 Prozent mehr Kunden haben. Ein Fünftel zählt bis zu doppelt so viele, weitere 16 Prozent mehr als doppelt so viele Menschen", die in einem der reichsten Länder der Welt auf Lebensmittelspenden angewiesen sind, die zudem immer knapper werden.

Aber auch an allen anderen gehen die Auswirkungen der Sanktionen nicht vorbei. Die Menschen spüren es in allen Lebensbereichen. Mit gestiegenen Zinsen sollte die Inflation bekämpft werden, aber es werden auch Wohnungsbaugesellschaften in den Ruin getrieben. Privater Wohnungsneubau ist aufgrund der gestiegenen Zinsen und Materialkosten unrentabel geworden. Statt den öffentlichen Wohnungsbau zu fördern, fließt Geld in die Rüstung und die Finanzierung der Ukraine, das für die Bedürfnisse der eigenen Bevölkerung notwendig wäre. Wohnungsknappheit lässt die Mieten steigen.

Landesweite Unterstützung

In dieser sich aufheizenden Stimmung schien nach den Bildern aus Berlin ein Ruck des Aufbruchs und der Erleichterung durch das Land zu gehen. Endlich scheint jemand das Heft des Handels in die Hand zu nehmen. Endlich stößt jemand den Protest gegen diese Regierung und ihre weltfremden Beschlüsse an. Der Unmut, der lange gebrodelt hat, scheint nun eine Richtung und auch eine Führung zu bekommen.

Trotz der Behinderungen, die die Demonstrationen der Bauern in Städten und auf Landstraßen verursacht haben, traf ihr Handeln auf eine verständnisvolle und wohlwollende Haltung in der Bevölkerung. Die Menschen wissen sehr gut zu unterscheiden, ob selbstgerechte Klimakleber sie auf dem Weg zur Arbeit behindern oder hart arbeitende Landwirte. Deren Forderungen sind für die meisten nachvollziehbar, und viele sehen diese mit ihren eigenen Anliegen im Einklang.

Selbst als die Forderungen der Bauern sich noch weitestgehend auf ihre eigenen Interessen bezogen und die meisten Bürger sich darin eigentlich nicht hatten wiederfinden können, hielt das einen Großteil von ihnen nicht davon ab, sich mit den Bauern zu solidarisieren. Eine Petition "Gegen die Streichungen der Agrardieselrückvergütung & Kfz-Steuerbefreiung (Landwirtschaft)"(6), die am 17.12.2023 gestartet worden war, hatten innerhalb weniger Tage mehr als eine Million Menschen unterschrieben.

Dass die Landwirte nun ihre Forderungen erweitert haben, zeugt von ihrem Gespür für die Lage. Anders als die Politiker, Medienvertreter und sogenannte "Experten" sind sie selbst bodenständiger Teil der Bevölkerung. Ihnen scheint bewusst zu sein, dass sie die breite Unterstützung aus der Bevölkerung gewinnen müssen. Und diese Unterstützung fliegt ihnen zu, sie müssen gar nicht darum kämpfen.

Die Bauern sind gut organisiert, und sie sind im Moment die einzige Organisation in Deutschland, die den Kampf aufnimmt gegen eine Regierung, die sich immer weiter von der Lebenswirklichkeit der Bevölkerung entfernt hat. Die Mehrheit der Menschen, die unter den Beschlüssen dieser Regierung leiden, ist nicht organisiert und deshalb gegenüber der Kampfansage von oben wehrlos.

In dieser Lage nun bieten die Bauern einen Anker und Halt für all jene, die sich zur Wehr setzen wollen. Sie bündeln deren Bereitschaft zum Widerstand und erhöhen damit die eigene Durchsetzungskraft. Deshalb ist es im Interesse aller, die mit den Maßnahmen und der Politik der Regierung unzufrieden sind, die Bauern mit aller Kraft zu unterstützen, denn es gibt keine vergleichbare Kraft im Lande, die den Kampf organisieren und erfolgreich führen könnte. Sie stehen stellvertretend für die Interessen der gesamten Bevölkerung.

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