Meinung

"Nun aber wirklich" – Laut US-Medien hat jetzt die ukrainische Gegenoffensive begonnen

Die seit vielen Monaten lautstark angekündigte ukrainische Großoffensive läuft seit Anfang Juni. Dieser Tage soll sie nun – manche Quellen sprechen von einer "zweiten Phase" – tatsächlich begonnen haben, so als wäre davor nichts gewesen. Stutzig macht, wie euphorisch die US-Presse ohne einen echten Anlass darüber schreibt. Wem will man in Washington, D.C. damit eigentlich welches Signal senden?
"Nun aber wirklich" – Laut US-Medien hat jetzt die ukrainische Gegenoffensive begonnenQuelle: Gettyimages.ru © Photo by Gian Marco Benedetto/Anadolu Agency

Von Tatjana Montjan 

Die US-Amerikaner sagen, dass es nun sicher ist: die lange erwartete ukrainische Großoffensive hat begonnen! Die New York Times hat sogar einen Artikel veröffentlicht, in dem behauptet wird, dass sie bereits "einen entscheidenden Durchbruch erzielt" hätte. In dem Artikel wird unter Berufung auf ungenannte Pentagon-Beamte berichtet, dass südlich von Saporoschje "die Hauptkräfte" der ukrainischen Armee, die zuvor für die Offensive zusammenzogen wurden, angegriffen hätten, und dass – wie es heißt – die Führer des Speckreichs [so nennt Montjan die Maidan-Ukraine – Anm. d. Red.] dieses Mal ernsthaft planen, die russische Frontlinie zu durchbrechen und das Asowsche Meer zu erreichen. 

In der Tat gibt es Berichte vom Schlachtfeld über einen erneuten verzweifelten, wenn auch nicht sehr erfolgreichen Vorstoßversuch der ukrainischen Streitkräfte nach Süden. Ein ausgebrannter ukrainischer Panzer soll sogar 2,5 Kilometer südlich der russischen Verteidigungslinien gesichtet worden sein, die letztlich standhielten.

Doch uns interessiert hier etwas anderes: Warum hat die New York Times diese Geschichte überhaupt veröffentlicht?

Denn wenn die ukrainischen Streitkräfte tatsächlich die Art eines greifbaren militärischen Durchbruchs erzielt hätten, wäre es kontraproduktiv, dies öffentlich bekannt zu geben. Wenn die "entscheidende Phase der Gegenoffensive" nämlich – wie auch die vorangegangenen – wieder nicht das erhoffte Ergebnis bringt, wird sich die Gesellschaft in den USA die Frage stellen: Wozu das alles?

Sie und ich verstehen, wozu das dient: Die Vereinigten Staaten werden in naher Zukunft wahrscheinlich keine weitere Chance bekommen, gegen den Erzrivalen Russland mit fremden Händen einen Krieg zu führen, in dem die USA selbst nur Verluste an Ausrüstung riskieren und nichts weiter. Ein mindestens 75 Jahre alter Traum für die Damen und Herren in Washington, D.C. war das – zumal der Ersatz der verlorenen Technik dann von US-amerikanischen Waffenproduzenten auf Kosten der Steuerzahler hergestellt wird und die Profite bereits einkalkuliert sind. Darum muss der Krieg den Bürgern der USA weiterhin schmackhaft gemacht werden, der ultimative Sieg muss so nahe sein, wie die sprichwörtliche Karotte vor den Augen eines Lastenesels baumelt.

Die einfachen US-Amerikaner außerhalb von Washington, D.C. wissen eben die Vorteile eines derart profitablen Stellvertreterkrieges nicht zu schätzen und verstehen von Zeit zu Zeit nicht, warum sie einen Krieg fortsetzen sollen, der definitiv ins Stocken geraten ist und dessen Fortsetzung nur neue (wenn auch nicht eigene) Opfer, neue (wenn auch nicht eigene) Zerstörungen und – das ist es, was sie am meisten bekümmert – neue Ausgaben aus ihrem persönlichen Geldsäckel bedeutet.

Man hat jedoch das Gefühl, dass die Veröffentlichung der New York Times dieses Mal eher ein Signal an Kiew als eine Durchhalteparole für die Heimatfront ist. Die Botschaft an Selenskij und Co. lautet: Es wird nicht möglich sein, diese "Schrödinger"-Gegenoffensive ewig in die Länge zu ziehen. Früher oder später wird man den Sponsoren entweder die Ergebnisse vorweisen müssen – oder man muss eingestehen, dass es gar kein Ergebnis gibt.

Und dem Tonfall der Veröffentlichung nach zu urteilen, eher früher als später.

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