Deutschland, eine leere Hülle – Der drohende wirtschaftliche und kulturelle Untergang
Von Dagmar Henn
Man stelle es sich einmal vor, es käme in Deutschland in diesem Winter tatsächlich zu einem größeren, ungesteuerten Blackout. Also einem Moment, in dem schlagartig das Stromnetz überlastet wird und einige Umspannstationen in die Knie gehen. Was dann? Oder einen Einbruch bei der Versorgung mit Diesel, oder ...
Es dürfte kaum jemanden geben, der ernsthaft erwartet, dass solche Probleme weggesteckt oder auch nur in angemessener Zeit behoben werden können. Ich sage nur Ahrtal. Gibt es irgendetwas, das diese Bundesregierung richtig gemacht, geschickt gelöst, nach vorne gebracht hat? Ich rede nicht von unhaltbaren Zusagen, wie, ein Verzicht auf russisches Gas sei kein Problem. Auch nicht davon, ob weitere Milliarden an irgendwelche Konzerne verteilt werden. Das ist etwas, das diese Regierung wie ihre Vorgängerin hervorragend beherrscht. Aber es sieht so aus, als wäre das das Einzige.
Alle bisherigen Erfahrungswerte deuten darauf hin, dass etwa eine Wiederherstellung des Stromnetzes nach einem solchen Blackout nicht Wochen, sondern Monate, wenn nicht gleich Jahre dauern wird. Weil man dann entsetzt feststellt, dass der eine oder andere Transformator nicht auf Lager ist, aber Teile dafür von Firmen produziert werden, die wegen der hohen Energiepreise die Produktion eingestellt haben, oder dass während der Zeit, in der kein Strom fließt, die Kupferkabel verschwinden.. Man kann sich vorstellen, dass die Bundeswehr vor Supermärkte gestellt wird, um Plünderungen zu verhindern, aber nichts geschieht, um die Versorgung zu sichern, weil man das mit einem Chipkartensystem machen will, das Strom braucht ...
Dieses Land hat schon schwere Phasen überlebt, werden da manche murmeln. Aber da waren die Voraussetzungen andere. Nicht nur, dass die gegenwärtigen Regierungen (nicht nur auf Bundesebene) den absoluten Tiefstand kollektiver kognitiver Fähigkeiten darstellen dürften. Dass vermeintliche Lösungen am Ende hyperbürokratisch und völlig überteuert werden. Wie war das noch einmal mit den "kostenlosen" Masken, die über die Apotheken verteilt wurden, zu absoluten Mondpreisen, mit Anschreiben durch die Krankenkassen, damit nur ja niemand zu viel umsonst bekam, außer den Apotheken natürlich, die daran gut verdienten? Wie war das mit der Unterstützung, die Gott und der Welt für die Zeit des Lockdowns versprochen wurde?
Inzwischen ist ja einiges öffentlich, darüber, wie sehr bei der Zulassung dieser Impfung gemauschelt wurde, und so langsam kommt heraus, welche Schäden diese groß angelegte Kampagne zur Versorgung der pharmazeutischen Industrie bei ihren Opfern angerichtet hat. Aber wenn man sieht, welche Schäden in der öffentlichen Verwaltung hinterlassen wurden, die schon davor in weiten Gebieten nur noch in Teilen funktionierte, seitdem aber wirklich auf dem letzten Loch pfeift; und die jetzt auch noch bei 19 oder mancherorts 17 Grad Raumtemperatur arbeiten soll – das wirkt fast so, als hätte man Bedingungen schaffen wollen, unter denen jedwede Form von Katastrophe ihre maximale Wirkung entfaltet.
Über Jahrzehnte hinweg wurden die wirklich lebenswichtigen Bereiche ausgedünnt und das Personal zunehmend schlecht bezahlt; dafür wurden unzählige Unterfirmen, GmbHs geschaffen, in denen es Geschäftsführerstellen gibt. Augenblicklich läuft in Deutschland mit den Abfragen zur Grundsteuer ein Großversuch, der belegt, wie man mit Digitalisierung und der Auslagerung von Tätigkeiten an die "Endverbraucher", die schlicht nur Stellen in den Finanzämtern einsparen soll, maximalen Schaden erzielen kann, weil sie so schlecht durchdacht ist, dass die allerwenigsten überhaupt damit umgehen können.
Gäbe es das erforderliche Personal, um ein zusammengebrochenes Stromnetz samt Schäden an Umspannwerken wieder zu reparieren? Das Personal reicht schon für die gewöhnliche Wartung nicht.
Und das sind alles noch die Probleme an der Oberfläche. Das, was darüber entscheidet, ob eine große Gruppe von Menschen als solche durch eine ernste Krise kommt oder nicht, hängt sehr davon ab, ob eine Art von Zusammenhalt existiert oder nicht. Aber wenn man das pathetische Geschwätz bei Seite lässt, das etwa während Corona "Solidarität" simulieren sollte – wo waren denn die Freiwilligen, die sich darum kümmerten, dass niemand, der in Quarantäne musste, unversorgt blieb? Wo waren die Nachbarn, die aufeinander achteten? Die einzige Variante von "aufeinander achten", die tatsächlich dokumentiert ist, sind Denunziationen von Regelverstößen, keine wechselseitige Fürsorge. Und sowohl die Regeln als auch die Propaganda waren darauf ausgerichtet, die Menschen auseinander zu treiben, einander zu misstrauen, einander gar zu fürchten.
Wenn in den kalten Tagen des Jahres das Land Berlin Wärmestuben einrichten will, kann man Wetten darüber abschließen, da herrscht dann Maskenpflicht. Was selbstverständlich bedeutet, dass eine ganze Reihe von Personen dann eben frieren muss, weil sie unter diesem Ding gar nicht so lange genug Luft bekommen und sich somit ganz frei zwischen Ersticken und Erfrieren entscheiden können.
Ganz abgesehen von der Frage der Kompetenz – wie stabil sind die staatlichen Strukturen in Deutschland? Wie hoch ist der Anteil der Beschäftigten noch, die ihre Arbeit tatsächlich als Dienst an den Menschen verstehen? Und wie viele nichtstaatliche Strukturen gibt es noch, die Zusammenhalt bieten, die Netzwerke sein können, die aus dem Chaos wieder in eine Ordnung führen?
Gleich, ob Gewerkschaften oder Kirchen, jede Form von Organisation, die auf ehrenamtlichem Einsatz beruht, hat in den letzten Jahrzehnten gewaltig gelitten. Ganze große Apparate sind nur noch Verwaltungsmaschinen für Karteileichen, ohne inneres Leben, ohne die grundlegenden Strukturen auf unterster Ebene, wo man sich kennt und vertraut.
Vertrauen ist der Kernbegriff, wenn es um die Fähigkeit geht, ernste Krisen zu bewältigen. Man stützt sich nur auf Menschen, denen man vertraut. Mit Menschen, denen man vertraut, kann man gemeinsam etwas schaffen. Wer vertraut dieser Regierung? Und, schlimmer noch, wie viele soziale Gruppen kann man aufzählen, in denen man sich bewegt und deren anderen Mitgliedern man vertraut?
Die Situation, in die Deutschland in naher Zukunft geraten kann, könnte in eine Liste mit den Jahresdaten 1918, 1923, 1929 und 1945 gehören. Die "weichen", die gesellschaftlichen Faktoren sind allerdings heute deutlich ungünstiger.
Die vielfältigen Formen von Kollektivität, die einmal das Leben in der deutschen Kultur bestimmt hatten, vom Schützen- und Trachtenverein über die Gewerkschaftsgruppe und den Arbeitergesangverein bis hin zu Kirchengemeinden und Sportvereinen, sind entweder weitgehend verschwunden oder sehr dezimiert. Das ist auch ein Verlust an sozialem Lernen, denn Gemeinschaft ist etwas anderes als Teamwork; die Erfahrung, gemeinsame Interessen umzusetzen, hat eine grundlegende gesellschaftsbildende Bedeutung. Sie beinhaltet auch die Erkenntnis, dass es einen über dem einzelnen Individuum stehenden Raum gibt, der nur als kollektiver sein kann.
Wir, und damit meine ich die Angehörigen der Gattung Homo Sapiens, sind bis in unser hormonelles System hinein auf Zusammenarbeit ausgelegt. Sie ist der Faktor, der die ganz irdische Transzendenz von Kultur und Gesellschaft ermöglicht. Zusammenarbeit ist der Schlüssel zu unserem Überleben als Gattung ebenso wie für das Überleben von Krisen. Aber jede ökonomische und politische Entwicklung der vergangenen 30 Jahre zielte auf die Erzeugung konsumierender Monaden.
Es fehlt also nicht nur jene Form der kollektiven Stärke, die in den Institutionen verkörpert ist, es fehlt auch die kollektive Stärke, die sich aus der Gesellschaft heraus bilden kann. Was würde denn geschehen, käme es zu einem partiellen Zusammenbruch? Egal, ob es das Transportsystem betrifft oder einen Schaden im Stromnetz? Die öffentliche Verwaltung würde vermutlich vom einen Tag auf den anderen aufhören zu existieren, weil die Beschäftigten damit beschäftigt sind, ihr eigenes Überleben zu sichern. Das, was in den Krisen der Vergangenheit immer gegeben war, eine gewisse Zahl von Menschen, die bereit waren, Verantwortung zu übernehmen und eine kollektive statt einer individuellen Lösung zu ermöglichen, scheint es nicht mehr zu geben. Sonst hätte weder die Corona-Zeit so ablaufen können, wie sie abgelaufen ist, noch könnte eine Regierung derart gegen ihr Volk regieren, wie es die jetzige tut. Gäbe es die erforderliche Zahl an Patrioten in Deutschland, die augenblickliche Lage wäre nie entstanden.
Wenn Institutionen auf existenzielle Probleme nicht reagieren können, verlieren sie schnell ihre Legitimität. Dieser Verlust kann sich von oben nach unten ausbreiten. Wenn es aber kein Personal gibt, das diejenigen, die die Legitimität ihres Handelns verloren haben, ersetzt, dann zerfällt die gesamte Struktur. Dann müsste Staatlichkeit völlig neu von unten nach oben geschaffen werden.
Das ist möglich, aber ist es das auch mit 140 Geschlechtern und erfundenen Pronomen? Woher sollen die Disziplin und die Hingabe kommen, die für einen Neuaufbau erforderlich wären? Wenn es in der gesamten Gesellschaft keine Vorstellung einer positiven Zukunft mehr gibt und nichts als gültig akzeptiert wird, das über das Individuum hinausgeht, dann ist ein Zusammenbruch, was auch immer ihn auslöst, nicht aufzuhalten und endet nicht in der Anomie, der Auflösung der Herrschaft, sondern im absoluten Kulturverlust.
Ist das eine übertriebene Sorge? Es sieht doch alles noch ganz normal aus, und zumindest tun die meisten so, als wäre alles in Ordnung, selbst wenn man sich immer wieder über all die Dinge aufregt, die nicht funktionieren. Aber die neoliberale Orgie der letzten Jahrzehnte, die alles bis in den letzten Winkel auf Verwertbarkeit ausgerichtet und alles nicht Verwertbare eliminiert hat, hat das Land ausgesaugt, wie eine Spinne eine Fliege aussaugt.
Die Corona-Politik konnte auf einer Vereinzelung aufsetzen, die ohnehin schon dafür gesorgt hat, dass sich die meisten in permanentem Stress befinden. Auf die Basis dieses dauerhaften Unglücks wurde nun erst Infektionspanik gesetzt, und jetzt mit Kriegshysterie nachgelegt. Es gibt Studien, die besagen, dass Menschen in Panik besonders empfänglich für Propaganda sind. Panik wird durch das Fehlen der Kollektivität noch verstärkt. Die tiefe persönliche Verunsicherung, die so entsteht, paralysiert, was bedeutet, dass auf weitere Krisen nicht mehr reagiert werden kann.
Das Land ist eine leere Hülle, und es braucht nicht allzu viel Druck, und diese Hülle zerbricht. Vielleicht passiert es diesen Winter noch nicht. Das wäre Glück. Das Schlimmste an der gegenwärtigen Lage ist, dass es immer politische Kräfte gab, die ein besseres Leben für die Menschen anstrebten, aber sie so gründlich zerstört wurden, dass fast nichts mehr davon übrig ist.
Für die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung wäre es möglich, mit allen Ländern der Erde friedlich zusammenzuleben und gleichzeitig einen gesicherten Lebensstandard zu haben. Es sind die Milliardäre, die dies nicht können und die nun versuchen, alles mit in den Untergang zu ziehen. Aber es fehlt ja bereits die politische Kraft, dieses verhängnisvolle Bündnis mit den Vereinigten Staaten zu zerbrechen. Solange dieses Bündnis besteht, solange Deutschland nicht einzig im Interesse seiner Menschen regiert wird, ist der völlige, nicht nur ökonomische, sondern auch kulturelle Untergang eine wahrscheinliche Entwicklung.
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