Kiews militärische PR-Niederlagen: Schlangeninsel Z oder misslungene Symbiose von Kröten und Nattern
Kommentar von Sergei Aksjonow
Nachdem sich das Kiewer Regime sich dem Westen andienend bereit erklärte, der politisch-militärische Bauer in dessen Kampf gegen Russland zu sein, muss es nun seiner wenig beneidenswerten Rolle gerecht werden. Zumindest irgendwelche "Erfolge" gilt es nachzuweisen, um nicht von der Verpflegungsliste zu fliegen. Und da besagte Erfolge in der Hauptstoßrichtung – bei den Kämpfen im und um den Donbass – weit und breit nicht zu finden sind, muss eben in den Nebenstoßrichtungen etwas Ausgefallenes erfunden werden. Am Wochenende wurden Einzelheiten über den gescheiterten Versuch der ukrainischen Streitkräfte vom 7. Mai bekannt, die Schlangeninsel im Schwarzen Meer zurückzuerobern. Das russische Verteidigungsministerium veröffentlichte Videoaufnahmen mit den liquidierten Saboteuren (recht atmosphärisch: Windgeräusche, Javelin-Panzerabwehrlenkflugkörper, die ja doch nicht zum Einsatz kamen, liegen unnütz herum, und dergleichen mehr). Schon eine bittere Geschichte für Kiew.
Dabei hatte Kiew sehr ordentlich ausgeholt und geschwungen. Man hat den Eindruck, dass die Organisatoren der Landung deren ausgebliebenes Ergebnis händeringend benötigt hätten. Dafür hatten sie gleich von vornherein mehrere Angriffswellen geplant: Wenn es beim ersten Mal nicht klappt, dann halt noch mal versuchen, und noch mal, und noch mal. Die Erstürmung der Insel begann am Abend des 7. Mai nach einer langen Aufklärung der Schlangeninsel durch ukrainische Drohnen. Bei Einbruch der Dunkelheit flogen drei ukrainische Su-24-Frontbomber, begleitet von einem Su-27-Jäger, einen Bombenangriff auf die Insel. Ich erinnere mich, da tauchte noch recht schnell im Anschluss ein spektakulärer Videoclip im Netz auf, begleitet von irgendeinem furchtbar romantischen Lied auf Ukrainisch, von wegen, so schlagen wir den Feind zum Ruhm der Unabhängigen (hämischer Spitzname für die Ukraine, der Autor benutzt hier das ukrainische Wort "Näsaläschnaja". Anm. d. Red.). Wie sich später herausstellte, war die Prahlerei etwas übereilt.
Die Flugzeuge der ukrainischen Luftwaffe flogen in extrem niedriger Höhe an – so niedrig, dass der Flügelmann nach Bombenabwurf der führenden Maschine in der Einschlagzone zu sein schien. Wie dem auch sei, nach Hause kamen sie nicht mehr zurück – sie wurden von Jagdflugzeugen der Marinefliegerei der Schwarzmeerflotte zerstört, die Abfangbereitschaft hatten. Und noch während sich die russischen Luftstreitkräfte mit diesem Feind befassten, landeten derweil 24 Kämpfer (ganze zwei Dutzend!) der Spezialeinheiten der Hauptdirektion des Nachrichtendienstes des ukrainischen Verteidigungsministeriums auf der Schlangeninsel. Sie wurden von drei gepanzerten Landungs- und Sturmbooten des ukrainischen Projekts 58181 "Centaur" abgesetzt. Das russische Militär, das die Insel verteidigte, versenkte erfolgreich alle drei Schiffe und schnitt den Saboteuren den Rückzugsweg ab. Dann wurden die Landetruppen ans Wasser gedrängt und vernichtet.
Das Scheitern der Operation im ersten Anlauf brachte deren Organisatoren mitnichten in Verlegenheit: Gleich am nächsten Tag, dem 8. Mai, wurde ein zweiter Versuch unternommen, die Insel zu stürmen. In seinem Rahmen wurden militärische Transporthubschrauber Mil Mi-8 unter Geleitschutz von Mi-24-Kampfhubschraubern bemüht. Nach dem Misserfolg vom Vortag war die Moral der Sturmtruppen offenbar niedrig: Wer steckt schon gern den Kopf ins Maul des Löwen, wenn nicht einmal die Ziele des Ganzen klar umrissen sind? Da musste Oberst Igor Bedsai, Chef der Leitung der Marineflieger der Ukraine, höchstselbst das Himmelfahrtskommando anführen. Das wurde ihm denn auch zum Verhängnis: Beim Anflug auf die Insel wurde die gesamte Hubschraubergruppe von russischen Jägern zerstört. Die Saboteure kamen um, noch bevor sie den ersehnten festen Boden unter ihren Füßen spüren konnten.
Auch noch den dritten Sturmversuch der kiewtreuen Truppen abzuwarten, war dem russischen Militär dann doch zu dumm: Man griff die feindlichen Kräfte stattdessen präventiv an. Weitere sechs zur Landung vorgesehene Transporthubschrauber, die auf einem Militärflugplatz in der Nähe von Arzis (Gebiet Odessa) in voller Kampfbereitschaft standen, wurden durch russische luftgestützte Präzisionsflugkörper zerstört. Die Gesamtverluste des Gegners in den zwei Tagen der Operation betrugen neben den aufgeführten Flugmaschinen noch bis zu 30 unbemannte Fluggeräte und mehr als 50 Mann Militärpersonal. Ein Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums bezeichnete die versuchte Einnahme der Schlangeninsel als "einen sinnlosen PR-Gag des Kiewer Regimes". Angemessen.
Russische Fachleute sehen die Operation als sinnlos an: Nachdem Russland die Schlangeninsel gleich zu Beginn des Sondereinsatzes in der Ukraine besetzt hatte, ergriff das russische Militär alle notwendigen Maßnahmen, um sie zu verteidigen. Wer in einer solchen Lage dennoch mit dem Kopf durch die Wand will, kann während des Studiums an der Militärakademie die Vorlesungen ja nur geschwänzt haben. Analog war übrigens auch die im ukrainischen Generalstab vertretene Meinung: Dort lehnte man die völlig abenteuerliche Unternehmung ab.
Die ehrlichen Haudegen konnten nicht verstehen, warum sie ihre Männer verheizen sollten – um eines Brückenkopfes willen, der selbst im Falle erfolgreicher Erstürmung unmöglich hätte gehalten werden können. Einigen Berichten zufolge mussten deswegen britische Berater mit der Planung der Operation betraut werden. Hat Kiew denn kein Vertrauen in die eigenen Militärs?
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Und genau hier verquickt sich der rein militärische Strang dieser Geschichte mit dem politischen. Man braucht kein Prophet zu sein, um schon zu ahnen: Die Anläufe der Erstürmung waren nicht ohne Grund für den 7., 8. und wahrscheinlich auch für den 9. Mai geplant – sondern mit der Absicht, Russland am für die meisten Russen heiligen Feiertag der Bürgerreligion des Sieges symbolträchtigen Schaden zuzufügen. Außerdem hätte Kiew mit einer erfolgreichen Revanche seine Schuld an dem Missgeschick, das ihm durch die Einnahme der Schlangeninsel durch russische Truppen widerfahren war, zumindest ein wenig wiedergutmachen können. Damals war ein Teil der ukrainischen Garnison für in ungleichem Kampf mit den Russen gefallen erklärt und mit viel Pomp als Helden der Ukraine ausgezeichnet worden – doch später stellte sich heraus, dass sie alle gesund und munter sind, sich allerdings in Gefangenschaft befinden. Jemand in Kiew setzte sich damals mächtig in die sprichwörtliche Pfütze.
Außerdem hätte die hypothetische Einnahme von Serpentine durch die ukrainischen Streitkräfte dazu beitragen können, die Aufmerksamkeit der Ukrainer zumindest für eine Weile von den im Mariupoler Metallurgiekombinat Asowstal hoffnungslos eingeschlossenen Nationalisten abzulenken: Ukrainische Truppen dort haben bereits damit begonnen, sich zu ergeben, indem sie mit einer weißen Fahne herausgekommen waren. Die Rückeroberung der Schlangeninsel hätte dies und die militärischen Misserfolge im Donbass verschleiern können – und den westlichen Schirmherren des Kiewer Regimes, etwa Boris Johnson, der sich gerade zur ukrainischen Frage geäußert hatte, wären Anlass und Gelegenheit gegeben, mit den vermeintlichen Erfolgen zu prahlen und ihre eigene Position zu stärken. Das wäre die perfekte Symbiose politischer Kröten und Nattern gewesen.
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Aber es hat nicht geklappt. Und es wird nun auch eindeutig nicht mehr klappen können. Das russische Militär, die Wunderhelden, die die Angriffe der ukrainischen Streitkräfte abgewehrt hatten, haben wie zum Hohn ein großes Z auf die Insel gezeichnet, das zum Symbol für die Sonderoperation geworden ist. Der Buchstabe ist so groß, dass man sie auf Satellitenbildern erkennen kann. Eine Art Autogramm … Auch die Insel selbst wird für Russland noch von Nutzen sein. Von diesem strategisch wichtigen Punkt aus lässt sich der nordwestliche Teil des Schwarzen Meeres kontrollieren: Dort schlängeln die Schiffe umher, die die letzten Getreidevorräte aus der Ukraine herausfahren. Kontrollieren lässt sich von dort aus auch der Luftraum über den südwestlichen Regionen der Ukraine, über Transnistrien, Rumänien und Moldawien – bezüglich der Flüge feindlicher Flugmaschinen.
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Übersetzt aus dem Russischen.
Sergei Aksjonow ist Journalist, Politologe und Schriftsteller. Er blickt auf eine turbulente Laufbahn als Politiker und politischer Aktivist (Nationalbolschewisten, "Anderes Russland") sowie Menschenrechtsaktivist in Russland zurück.
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