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Bei den Erklärungen eines Top-US-Generals zur "tripolaren Welt" geht es nur um Geld – um viel Geld

Russland und China seien große Mächte in einer "tripolaren Welt", erklärte der Generalstabschef der US-Streitkräfte Mark Milley – wohl in der Hoffnung, mittels moderner Hightech-Waffen den USA weiterhin ihre Stellung als Hegemonialmacht zu sichern. Doch das wird so nicht funktionieren.
Bei den Erklärungen eines Top-US-Generals zur "tripolaren Welt" geht es nur um Geld –  um viel GeldQuelle: Reuters © REUTERS

Ein Kommentar von Nebojša Malić

Vergangene Woche hielt US-Generalstabschef Mark Milley auf dem Aspen Security Forum eine Rede. Dabei betonte er, dass man eine tripolare Welt betreten habe, eine mit den USA, Russland und China, die alle drei große Mächte seien. Er erklärte, dass die "liberale, regelbasierte Weltordnung" nach dem Zweiten Weltkrieg etabliert worden sei, um einen Krieg zwischen den großen Weltmächten zu verhindern. Jetzt aber müssten die USA "den Einsatz erhöhen".

Dies hörte sich wie ein verblüffendes Eingeständnis eines Top-US-Generals an, nachdem man Moskau und Peking in der Vergangenheit in Washington als "bestenfalls Regionalmächte"  bezeichnet hatte – wenn auch solche mit nuklearen Arsenalen, die eine "existenzielle Bedrohung" für die USA darstellen. Jetzt aber, angesichts des kürzlich gemeldeten Tests der ersten chinesischen Hyperschallrakete, nennt Milley China als "die Herausforderung Nummer eins für die USA".

Die einfachste Erklärung für diese Kehrtwende findet sich in einer alten Weisheit: "Folge der Spur des Geldes." Milley selbst sprach in Aspen darüber, dass der Einsatz von Robotertechnik, Künstlicher Intelligenz und leistungsfähigen Präzisionsraketen zu einer "grundlegenden Veränderung des Charakters eines Krieges" führen werde. "So wie er zwischen den beiden Weltkriegen im 20. Jahrhundert verändert wurde, nach der Einführung von Panzern, Flugzeugen und Funktechnik auf dem Schlachtfeld." Sprich: Die USA müssen mehr, sehr viel mehr für neue Hightech-Waffen ausgeben.

Die Ausführungen von General Milley sind Musik in den Ohren des militärisch-industriellen Komplexes (MIC) der USA, der nichts mehr liebt als solche Arten von Geldverschwendung auf Staatskosten. Während des gesamten "Krieges gegen den Terror" hat sich der MIC darüber beklagt, dass man sich schwertue, dem Pentagon technologisch fortgeschrittene und große Waffensysteme zu verkaufen, während die USA ächzend in einem Bodenkrieg feststeckten, gegen Gegner in Sandalen, die der amerikanischen Militärmaschine Tausende kleine Schläge zufügten und sie langsam am Boden verbluten ließen.

Nach der katastrophalen Niederlage in Afghanistan und dem Verlust des nahezu gesamten Kriegsmaterials, das dort in den letzten 20 Jahren vom US-Kongress "investiert" wurde – und der tatsächlich das Budget für die "Verteidigung" ständig erhöht hatte – , beschwert sich das Militär immer noch, dass es nicht genügend Geld zur Verfügung hat. Einfach gesagt, das Pentagon ist in Wahrheit ein fünfeckiger Ansaugstutzen, mit dem die Finanzgrundlagen der amerikanischen Gesellschaft aufgesaugt werden, um darin zu verschwinden, so wie Licht in einem schwarzen Loch.

Warum robuste, aber billige, rollenspezifische Kampfflugzeuge unterhalten, wenn man für Billionen von Dollar den absoluten Kampfhund verkaufen kann, auch bekannt als F-35? Anstelle von langweiligen, aber wirksamen Fregatten baute der MIC teure und vor allem nutzlose "Schiffe für küstennahe Gefechtsführung" und futuristische Lenkwaffenzerstörer mit nicht einer Kanone an Bord. Kein Wunder, dass die US-Streitkräfte das Gefühl haben, derzeit für einen ernsten Kampf auf Augenhöhe nicht bereit zu sein.

Selbst wenn diese gesamte Technologie tatsächlich wie beabsichtigt funktionieren würde, scheint es, dass das US-Militär ein anderes Problem hat, nämlich seine Generäle und Admiräle, wie Milley beklagte. Diese seien besessen von einer "woken" Ideologie und von "Vielfalt der Rassen und Geschlechter" und ekeln jeden raus, der es wagt, dem nicht zuzustimmen.

Es ist noch keinen Monat her, dass ein Oberstleutnant, der für ein Infanterie-Training-Bataillon verantwortlich war, vor einem Kriegsgericht landete. Dieser hatte öffentlich eine Rechenschaftspflicht von der militärischen Führung über die missratene Evakuierung aus Kabul verlangt, bei der 14 US-Militärangehörige ums Leben kamen. Ein paar Wochen später "besiegten" britische Royal Marines ihre US-Kameraden während einer groß angelegten Übung in der Wüste, die vom US-Marineinfanterie-Korps veranstaltet wurde. Auch das sicherlich nur Pech, nicht wahr?

Noch während General Milley in Aspen sprach, gab das Pentagon seine Einschätzung über das chinesische nukleare Arsenal ab, das es als "stark ausgebaut" bezeichnete. Es fügte hinzu, dass China bis zum Jahr 2030 bis zu 1.000 atomare Gefechtsköpfe haben könnte. Sprich: Die USA brauchen mehr Geld für ein Wettrüsten bei den atomaren Waffensystemen.

Man stelle dies nun dem chinesischen Ansatz gegenüber, der von Hu Xijin, dem Chefredakteur der regierungsnahen chinesischen Tageszeitung Global Times, zusammengefasst wurde: "Ich weiß, dass die USA China zehnmal zerstören können. Aber wir werden sicherstellen, dass wir die volle Fähigkeit haben, die USA einmal zu zerstören", twitterte er kürzlich. Denn wenn wir bei Atomwaffen ankommen, ist das chinesische Arsenal mehr als groß genug.

Im vergangenen September wurde in einem Buch enthüllt, dass General Milley sein Pendant bei den chinesischen Streitkräften, General Li Zuocheng, anrief – und zwar sowohl während der heißen Phase der Präsidentschaftswahlen Trump gegen Biden von 2020 als auch nach dem "Sturm auf das Kapitol" im vergangenen Januar, um ihn über Entwicklungen in der amerikanischen Demokratie zu beruhigen. Milley soll Li sogar zugesichert haben, dass er ihn im Falle eines US-Angriffs anrufen und warnen würde.

Nun, da China angeblich Hyperschallraketen getestet hat, die USA aber über keinerlei Abwehrsysteme gegen sie verfügen, sieht es so aus, als könnte es stattdessen General Li Zuocheng sein, der diesen Warnanruf machen wird.

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Übersetzt aus dem Englischen.

Nebojša Malić ist ein serbisch-amerikanischer Journalist, Blogger und Übersetzer, der von 2000 bis 2015 eine regelmäßige Kolumne für Antiwar.com schrieb und heute Senior Autor bei RT ist. Man kann ihm auf Telegram @TheNebulator und auf Twitter @NebojsaMalic folgen.

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