Meinung

Corona-Impfung ohne Risiko? – Sanofis Dengue-Desaster als Warnung vor Langzeit-Nebenwirkungen

In den Öffentlich-Rechtlichen wird auffallend oft behauptet, dass Corona-Impfstoffe sicher seien, laut ZDF sollen sogar "generell keine Langzeit-Nebenwirkungen" von Impfungen bekannt sein. Doch auch aus der jüngeren Geschichte zeigt ein Pharmaskandal, der den Impfstoff von Sanofi gegen das Dengue-Virus betrifft, dass dies nicht stimmt.
Corona-Impfung ohne Risiko? – Sanofis Dengue-Desaster als Warnung vor Langzeit-NebenwirkungenQuelle: AFP © NOEL CELIS

von Daniel Schrawen

Zu den derzeit am meisten diskutierten Themen zählen vermutlich die Corona-Impfungen und die damit verbundenen Frage nach möglichen Nebenwirkungen oder Langzeitfolgen. Jüngstes Beispiel für die Debatte lieferte der Linken-Politiker Oskar Lafontaine, als er vor Kurzem erklärte, er finde es nach wie vor verantwortungslos, Kinder gegen Corona zu impfen. Er begründete dies unter anderem damit, dass die langfristigen Nebenwirkungen der Impfung noch unbekannt seien. Wie nicht anders zu erwarten, dauerte es nicht lange, bis die "Faktenfinder" der ARD versuchten, Lafontaines Meinung zu widerlegen und sich dabei in altbewährter Manier einzelne Punkte aus seiner Argumentation herauspickten.

Es ist ohnehin offensichtlich, dass sogenannte "Faktenchecker" und öffentlich-rechtliche Sender immer wieder betonen, dass "die Corona-Impfungen" (offenbar welche auch immer) "sicher" seien. Das ZDF behauptete im Dezember in einem Artikel "Warum es keine Langzeit-Nebenwirkungen gibt" sogar, dass bei Impfungen "generell keine Langzeit-Nebenwirkungen bekannt" seien. Im Beitrag wird die Pressesprecherin des Paul-Ehrlich-Instituts Susanne Stöcker zitiert, die gegenüber ZDF-heute erklärte:

"Die meisten Nebenwirkungen von Impfungen treten innerhalb weniger Stunden oder Tage auf. In seltenen Fällen auch mal nach Wochen."

Des Weiteren wird ein Blogbeitrag von Petra Falb, einer Gutachterin in der Zulassung für Impfstoffe beim österreichischen Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen, zitiert. Auch der sogenannte "Anti-Fake-News-Blog" Volksverpetzer griff Falbs Beitrag auf. Falb räumte in ihrem Beitrag immerhin ein, dass es bei manchen Impfungen zu jahrelangen Impfschäden gekommen sei. Impfnebenwirkungen wie Gehirnentzündungen können zwar dauerhafte Schäden hinterlassen, die Nebenwirkung selbst wären jedoch schon kurze Zeit nach der Impfung aufgetreten, so Falb. Langzeitfolgen seien deshalb "sehr seltene" Nebenwirkungen, die zum Beispiel nur in einem Fall unter Hunderttausend auftreten. Daher erkenne man diese erst, wenn eine große Anzahl an Menschen geimpft worden sei.

Ähnlich sei dies bei den Narkolepsie-Fällen nach den Impfungen mit dem Pandemrix-Impfstoff zu Zeiten der "Schweinegrippe" gewesen: Auch hier seien die meisten Narkolepsie-Fälle bereits kurz nach der Impfung aufgetreten. Bemerkt wurde dies aber erst nach etwa einem Jahr, als bereits zahlreiche Menschen geimpft waren.

Dies mag zwar richtig sein, doch die Aussage, dass "generell keine Langzeit-Nebenwirkungen bekannt sind", ist definitiv falsch. Man muss an dieser Stelle zwar einräumen, dass einige Beiträge – wie ein "Faktencheck" von BR24 – fast schon verschämt einräumen, dass Impfstoffe "in seltenen Fällen" durch infektionsverstärkende Antikörper eine Krankheit verschlimmern können, wenn der Körper das zweite Mal mit einem Virus in Kontakt kommt. Dies sei zu Beispiel durch Erkrankungen wie dem Dengue-Fieber bekannt.

In all diesen Beiträgen wird jedoch so gut wie nie erwähnt, dass das Dengue-Beispiel mit einem der größten Pharmaskandale der letzten Jahre verknüpft ist, der sogar dazu führte, dass der französische Pharmakonzern Sanofi selbst vor dem Einsatz seines eigenen Dengue-Virus-Impfstoffs Dengvaxia warnte und Massenimpfungen an hunderttausenden Kindern auf den Philippinen abgebrochen wurden.

Wie die Massenimpfungen bei philippinischen Kindern zum Desaster wurden

Hierzu sollte man wissen, dass jenes durch Mückenstiche übertragene Dengue-Virus vor allem in Tropenregionen häufig vorkommt, insbesondere in Südamerika, Asien und Afrika. Jährlich infizieren sich hunderte Millionen Menschen mit dem Dengue-Virus, mehr als 20.000 sterben daran, darunter auch zahlreiche Kinder. Ein Impfstoff des französischen Pharmakonzerns Sanofi, an dem mehr als zwei Jahrzehnte geforscht worden war, weckte dann im Jahr 2015 die Hoffnung, dass diese Krankheit eingedämmt werden könne. Nach Angaben des Unternehmens sollte der erste zugelassene Dengue-Impfstoff eine Wirksamkeit von 93 Prozent aufweisen und somit 80 Prozent der  Krankenhauseinweisungen in Zukunft verhindern.

Im Jahr 2016 kam dieser Lebendimpfstoff Dengvaxia dann in Südostasien und in Brasilien zum Einsatz. Insbesondere in den Philippinen wurde das Vakzin großflächig eingesetzt: Im April 2016 startete das Land eine Impfkampagne, in deren Rahmen mehr als 700.000 Schulkinder geimpft wurde. Doch die Impfung der Kinder entpuppte sich als Desaster: Wie sich herausstellte, kann die Impfung eine Erkrankung bei Menschen, die zuvor noch niemals dem Virus ausgesetzt waren, sogar verschlimmern, wenn es nach der Impfung doch zu einer Infektion kommt.

Grund dafür war ein Effekt namens Antibody-Dependent Enhancement (ADE), der – wie der Name schon erahnen lässt – durch infektionsverstärkende Antikörper verursacht wird. Wie beim SARS-CoV-2-Erreger gibt es auch beim Dengue-Virus verschiedene Varianten. Im Wesentlichen gibt es vier verschiedene Dengue-Virustypen, deren Häufigkeit je nach Saison schwankt. Der Sanofi-Impfstoff wirkte jedoch nicht gleich gut gegen die verschiedenen Varianten, sodass eine Impfstoff-Lücke entstand. Nach der Impfung bildeten sich zwar erst einmal Antikörper. Falls man sich danach jedoch mit einer anderen Dengue-Virusvariante infizierte, bekämpften die Antikörper nicht diese Virusvariante, sondern ermöglichten ihr sogar den Eintritt in die menschlichen Zellen.

Dieser Effekt ist nicht nur durch Impfungen möglich, sondern ist auch bei natürlicher Infektion möglich. Die Folgen können fatal sein, da es bei einer erneuten Infektion zu einem schweren Krankheitsverlauf mit hämorrhagischem Fieber kommen kann, während eine Erstinfektion in vielen Fällen harmlos verläuft.

Sanofis Dengue-Impfstoff wurde zwar in zwei klinischen Phase-III-Studien geprüft, an denen über 30.000 Probanden im Alter zwischen zwei und 16 Jahren teilnahmen. Dabei zeigte sich bereits recht früh, dass die Wirksamkeit der Impfung sich je nach Virusvariante, Alter der Versuchspersonen und danach, ob die Probanden bereits vor der Impfung infiziert waren, unterschied. In den ersten zwei Jahren nach der Impfung zeigte sich zunächst eine gute Wirksamkeit der Vakzine, doch im dritten Jahr nach der Impfung zeigte sich vereinzelt bei einigen Studienteilnehmern ein Anstieg in der Hospitalisierungsrate und ebenso in der Anzahl schwerer Krankheitsverläufe. Man sah jedoch zunächst gar keinen Zusammenhang zu der Möglichkeit, ob die Teilnehmer bereits vor der Impfung dem Virus ausgesetzt gewesen waren oder nicht.

Beim großflächigen Einsatz des Dengvaxia-Impfstoffs auf den Philippinen kam es durch den erwähnten Effekt auch zu Todesfällen unter Kindern. Laut The Manila Times gibt es mittlerweile 165 Todesfälle, bei denen ein Zusammenhang zur Verabreichung des Impfstoffs möglich ist. Bei mindestens drei Todesfällen wurde der Verdacht definitiv bestätigt. Bei hunderttausenden Eltern sorgte dies verständlicherweise – und völlig zu Recht – für Empörung, die sich folglich gegen das Pharmaunternehmen und gegen die philippinischen Behörden richtete.

Als Folge des Skandals ist auf den Philippinen heutzutage die Impfskepsis sehr ausgeprägt: Viele Eltern lassen ihre Kinder generell nicht mehr impfen. Im Dezember 2016 wurde die Impfkampagne schließlich abgebrochen, das Unternehmen selbst sah sich gezwungen, vor seinem eigenen Impfstoff zu warnen: Wer sich noch nicht mit Dengue infiziert hatte, sollte sich nicht mit Dengvaxia impfen lassen. Im Jahr 2017 wurde der Impfstoff auf den Philippinen schließlich verboten.

Doch damit war die Aufarbeitung des Skandals noch nicht am Ende angelangt (was vielleicht auch daran liegen könnte, dass es zu dieser Zeit und bei diesem Impfstoff keine entsprechenden Knebelverträge gab, die den Hersteller von der Haftung für sämtlichen Schäden durch den Impfstoff freistellen): Wie es bei solchen Fällen jedoch üblich ist, zieht sich die juristische Aufarbeitung danach über Jahre hin. Im Jahr 2019 wurde die ehemalige Leiterin der Dengue-Abteilung des philippinischen Forschungsinstituts für Tropenmedizin, Rose Capeding, von der philippinischen Staatsanwaltschaft aufgrund der fehlgeschlagenen Impfkampagne wegen "fahrlässiger Unvorsichtigkeit mit Todesfolge" angeklagt. Ihr drohen bis zu 48 Jahre Haft. Mittlerweile wurde auch bekannt, dass eine Verwandte Capedings bei Sanofi arbeiten soll. Im Februar dieses Jahres wurden zudem Haftbefehle gegen drei leitende Angestellte von Sanofi Pasteur Inc. angeordnet [1].

Am Beispiel der völlig aus dem Ruder gelaufenen Massenimpfungen auf den Philippinen, die noch nicht einmal so lange her sind, lässt sich leicht zeigen, dass es durchaus auch Langzeit-Nebenwirkungen von Impfungen gibt. Daher darf man gespannt sein, welche Begründungen von den üblichen Verdächtigen angeführt werden, "warum man das nicht vergleichen kann". Doch selbst, wenn man berücksichtigt, dass die Ursache nicht der Impfstoff selbst ist, sondern eine erneute Infektion, muss man festhalten, dass auch derartige, durch eine neuerliche Infektion verursachte Effekte auch erst nach Jahren auftreten können. Lafontaines Befürchtungen sind also durchaus berechtigt.

Nach diesem zugegebenermaßen etwas längeren Rückblick stellt sich natürlich die Frage, was dies alles für die Corona-Impfungen bedeutet. Der Effekt der infektionsverstärkenden Antikörper wurde in der Fachwelt zwar von Anfang an diskutiert, bisher ging man jedoch davon aus, dass dieser im Gegensatz zu Dengue bei SARS-CoV-2 keine große Rolle spiele. Vereinfacht ausgedrückt, nutzen die beiden Viren unterschiedliche Mechanismen, um sich an bestimmten Bereichen in menschliche Zellen einzuschleusen. Die Impfstoff-Hersteller behaupten zudem, dass die Impfstoffe die Domänen aus dem Spike-Protein des Erregers als Grundlage nutzen, bei denen die Wahrscheinlichkeit, dass diese zu entsprechenden negativen Effekten führen, gering sei. Auch das Paul-Ehrlich-Institut will bisher keinen Effekt durch infektionsverstärkende Antikörper bei den bisher in Deutschland eingesetzten Corona-Impfstoffen bemerkt haben.

Allerdings ergibt sich mit jeder neu auftretenden Mutation von SARS-CoV-2 die Möglichkeit, dass sich infektionsverstärkende Antikörper bilden. Erst kürzlich wandten sich französische Wissenschaftler in einem offenen Brief an die Fachzeitschrift Journal of Infektion, in dem sie vor dem Risiko von ADE bei den Massenimpfungen warnten. In dieser Hinsicht sei besonders die Delta-Variante von SARS-CoV-2 besorgniserregend, da die meisten Impfstoffe auf Grundlage der ursprünglichen Wuhan-Version des Virus entwickelt wurden. In den Analysen der Wissenschaftler habe sich gezeigt, dass bei der Delta-Variante doch ein Mechanismus möglich ist, der zur Bildung infektionsverstärkender Antikörper führen kann. Im Brief heißt es diesbezüglich:

"Bei der Delta-Variante weisen neutralisierende Antikörper jedoch eine verringerte Affinität zum Spike-Protein auf, während verstärkende Antikörper eine auffallend erhöhte Affinität aufweisen. Daher kann ADE ein Problem für Menschen sein, die Impfstoffe erhalten, die auf der ursprünglichen Wuhan-Stamm-Spike-Sequenz (entweder mRNA oder virale Vektoren) basieren."

Daher empfehlen die Forscher, bei der "zweiten Generation Impfstoffe" andere Teile des Spike-Proteins als Basis für die Vakzine zu nutzen. Ob dies sinnvoll ist und ob ein Effekt durch infektionsverstärkende Antikörper die bisher durchgeführten Massenimpfungen beeinflusst, wird sich wohl in der Zukunft zeigen. Corona tritt bekanntermaßen saisonal auf, daher könnte der Herbst heiß werden – und zwar in anderem Sinne als der Klimawandel-Thematik.

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[1] Nebenbei sei angemerkt, dass Sanofi zusammen mit GlaxoSmithKline auch einen Corona-Impfstoff auf den Markt bringen will, der derzeit von der Europäischen Arzneimittelagentur EMA für die Zulassung im Wirkungsbereich der Europäischen Union (EU) geprüft wird.

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