Meinung

Washington schadet mit Sanktionen gegen Russland der eigenen Bevölkerung

Washington setzt in seiner Außenpolitik seit Jahrzehnten wiederholt auf Sanktionen. Anstelle die ins Visier genommenen Staaten mit den Restriktionen gefügig zu machen, schaden diese meist der eigenen Wirtschaft und sogar der eigenen Bevölkerung.
Washington schadet mit Sanktionen gegen Russland der eigenen BevölkerungQuelle: Reuters © Cheriss May

Ein Kommentar von Rachel Lloyd

Sanktionen sind die Waffe der Wahl der USA in nicht ganz eindeutigen internationalen Konflikten. Washington setzt Sanktionen unter dem Vorwand ein, den internationalen Frieden und die nationalen Interessen schützen zu wollen. Doch die Geschichte zeigt, dass sie in der Regel das Gegenteil bewirken.

Schlimmer noch, es ist das US-amerikanische Volk selbst, das oft unfreiwillig und ungewollt zum Opfer der exzessiven wirtschaftlichen Restriktionen wird.

Das Versagen der US-amerikanischen Sanktionen

Ob Sanktionen funktionieren oder nicht, ist kein großes Geheimnis. Immer wieder hielten die USA an Sanktionen als De-facto-Macht der harten Diplomatie fest. Doch Washington verkennt die offensichtliche Realität: Sie funktionieren nicht. Außer vielleicht als Instrument, mit dem man schikanieren oder die Massen bespaßen kann.

In der Tat hat sich gezeigt, dass eine hart erscheinende Wirtschaftspolitik fast nie den gewünschten Effekt gegen die vermeintlichen Gegner der USA hat. Stattdessen stärken Sanktionen allzu oft die Machthaber dieser Staaten, die Washingtons Einmischung in die inneren Angelegenheiten dazu nutzen, um die Meinungen unter der Bevölkerung zu beeinflussen und die eigene Unterstützung zu festigen.

Das Bestreben der USA, die Wirtschaft jeder Regierung negativ zu beeinflussen, die sich der Vision Washingtons, wie die Welt zu funktionieren hat, widersetzt, hat die US-Regierung in Konflikte mit einer Reihe von Nationen gebracht. Dies sieht man am Beispiel Iran. Die US-Sanktionen gegen Teheran, die nach der Revolution von 1979 eingeführt wurden, heizten die aggressive Politik des mehrheitlich schiitischen Landes im Nahen Osten an. Ähnlich verhält es sich mit Kuba, wo Sanktionen seit mehr als 60 Jahren bestehen, das Land aber weiterhin von einem autoritären Regierungssystem beherrscht wird.

Während es in Russland nicht zu solchen Extremen gekommen ist, ist die antiamerikanische Stimmung aufgrund von Washingtons wirtschaftlichem Kreuzzug gegen Moskau und seine Beamten und Unternehmen seit der Wiedervereinigung mit der Krim im Jahr 2014 stark angestiegen. Die Kampagne gegen Russland begann jedoch nicht mit dem Maidan in Kiew. Es existieren noch immer verschiedene Restriktionen gegen das Land und seine Unternehmen, die Jahrzehnte bis in die Jelzin-Ära zurückreichen.

Die Sanktionen wegen der Krim sind nicht nur eine Fortsetzung der bewährten Art und Weise der USA, mit komplexen internationalen Ereignissen, insbesondere gegen Russland, umzugehen, sondern sind ein Werkzeug der Zerstörung gegen unschuldige Beteiligte: Die Bürger dieser beiden Nationen.

Für die russische Bevölkerung sind die Auswirkungen der US-Sanktionen leicht zu erkennen. Der daraus resultierende Zusammenbruch des Rubels im Jahr 2014 machte weltweit Schlagzeilen. Viele Branchen mussten schnell reagieren und auf eine Entwicklung des russischen Binnenmarktes umstellen, um die Bevölkerung ohne europäische oder US-amerikanische Hilfe zu unterstützen. Viele US-Amerikaner erkennen jedoch nicht einmal das Ausmaß, in dem die Sanktionen ihrem eigenen Land schaden, oder sie begreifen nicht, wer oft am meisten von den US-Restriktionen bedroht ist: Die US-Amerikaner selbst.

Harte Schläge gegen das eigene Land

Sanktionen sind ein zweischneidiges Schwert. Sie schaden nicht nur der Wirtschaft des sanktionierten Landes, sondern auch den Märkten des Sanktionierenden. Im Jahr 2015 zum Beispiel betrug der Handel mit Russland 23 Milliarden US-Dollar, was einen Rückgang von elf Millionen US-Dollar im Vergleich zum Vorjahr bedeutet. Darüber hinaus kann die Flut von Sanktionen nicht nur gegen Russland, sondern auch gegen mehrere andere Länder unbeabsichtigte Folgen haben und US-amerikanischen Wirtschaftsinteressen schaden, ohne dass es Washington gelingt, das Verhalten des Ziellandes zu ändern.

Da die USA ihre Abhängigkeit von Sanktionen weiter verstärken und versuchen, ihren wirtschaftlichen Einfluss auf ihre Ziele zu erhöhen, werden andere Länder – sowohl sanktionierte als auch nicht sanktionierte – ihre eigene Politik anpassen müssen, um sich und ihre Bevölkerung zu schützen. Es wäre zum Beispiel nicht allzu überraschend, wenn Länder und Unternehmen Geschäftsstrukturen und andere Voraussetzungen schaffen würden, um Risiken zu vermeiden oder zu minimieren, wenn sie mit US-amerikanischen Unternehmen zu tun haben.

Visa und Mastercard sind bereits Opfer solcher Probleme geworden und mussten sich aus Geschäften mit sanktionierten Banken zurückziehen und Transaktionen über ein völlig anderes System umleiten, nur um dann auch noch von einem russischen Kreditkartenkonkurrenten herausgefordert zu werden.

Am Ende ist es jedoch der Normalbürger, der verliert. Und zwar kräftig.

Die Zeche zahlen oft die US-Amerikaner

Geschäftsleute werden auf die Tatsache hinweisen, dass die Auswirkungen von Sanktionen über den betroffenen Sektor und die betroffene Person hinausgehen können und US-Amerikaner weit außerhalb des ursprünglich sanktionierten Bereichs treffen. Während die Vereinigten Staaten vielleicht darauf abzielen, das Geschäft und den Handel mit einem bestimmten Unternehmen oder einer bestimmten Person einzuschränken, reichen die Auswirkungen der Sanktionen nur allzu oft in andere Bereiche der Wirtschaft und der Diplomatie, da das betroffene Land seine Politik und sein Vorgehen ändert, um sich selbst über Wasser zu halten.

Für die USA bedeutet dies geringere Einnahmen für Unternehmen und deren Beschäftigten sowie verpasste Chancen, die sich mit Statistiken allein nicht messen lassen. Zusätzlich bedeutet dies unnötige Unannehmlichkeiten für im Ausland lebende US-Amerikaner, Touristen und Austauschstudenten, die mehrere Hürden nehmen müssen, wenn sie Aufgaben im Zusammenhang mit Bankgeschäften, Finanzen und Visa erledigen.

Außerdem werden die US-Sanktionen für US-Amerikaner, die dem amerikanischen Traum folgen und Unternehmen gründen oder im Ausland arbeiten wollen, zu einem Hindernis. In dem Moment, in dem ein Geschäftskonto eine Verbindung zu Russland oder einem anderen sanktionierten Land hat, wollen Banken nichts mehr damit zu tun haben. Wenn der Inbegriff des US-amerikanischen Unternehmertums durch eine Politik unter Druck gesetzt wird, die sich bestenfalls als ineffektiv erweist, liegt ein eklatantes Problem vor.

Gepaart mit dem faktischen und potenziellen Schaden von Sanktionen für US-Bürger macht die Geschichte des Versagens eines deutlich: Es ist unaufrichtig zu behaupten, dass die Sanktionen im besten Interesse der nationalen Sicherheit der USA und der internationalen Gemeinschaft verhängt werden. In Wahrheit führen sie nur dazu, dass der Demokratie und dem wirtschaftlichen Wohlstand weitere Hindernisse in den Weg gelegt werden. Auch für US-Amerikaner.

RT DE bemüht sich um ein breites Meinungsspektrum. Gastbeiträge und Meinungsartikel müssen nicht die Sichtweise der Redaktion widerspiegeln.

Rachel Lloyd ist eine politische Analystin beim Russian Public Affairs Committee (Ru-PAC). Sie schreibt über die Beziehungen zwischen Russland und den USA, das Völkerrecht und die US-amerikanische Außenpolitik.

Mehr zum Thema - US-Regierung setzt 14 weitere chinesische Firmen auf die wirtschaftliche schwarze Liste

Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.