Meinung

Einflussagent statt Qualitätsmedium: Leak enthüllt das zweifelhafte Agieren der BBC auf dem Balkan

Die BBC ist tief in die Außenpolitik Großbritanniens verstrickt. Mit freundlich klingenden Projekten setzt sie heute die Bemühungen fort, auf dem Balkan eine EU- und NATO-freundliche Medienlandschaft zu schaffen, für die einst Bomben auf Belgrad fielen.
Einflussagent statt Qualitätsmedium: Leak enthüllt das zweifelhafte Agieren der BBC auf dem BalkanQuelle: www.globallookpress.com © Vuk Valcic

von Kit Klarenberg

Jüngst geleakte Regierungsdokumente zeigen, wie ausgeprägt die BBC darin verwickelt ist, quer durch den Balkan für Nachrichten zu sorgen, die für London, für die EU und für die NATO sprechen.

Im Februar haben Geheimdokumente enthüllt, dass die BBC Media Action (BBCMA), die "Entwicklungshilfeagentur" des britischen Staatssenders, in eine Reihe von aus dem britischen Außenministerium in Whitehall finanzierten Geheimoperationen verwickelt war, die "den Einfluss des russischen Staates schwächen" sollten.

Diese Enthüllung warf ernsthafte Fragen auf, was das internationale Ansehen der BBC als "neutraler", "objektiver" Übermittlerin von Nachrichten und die Folgen ihrer undurchsichtigen Beziehung zum Außenministerium insgesamt betrifft. Eine weitere Reihe geleakter Dokumente, diesmal zu verdeckten britischen Einsätzen auf dem Balkan, verstärkt noch einmal den Eindruck, dass die Organisation BBCMA als Hilfsmittel für Nacht-und-Nebel-Operationen dient, um Londons außenpolitische Ziele zu erreichen.

Die Dokumente belegen, dass die BBCMA in der gesamten Region seit 1996 tätig ist und dabei ein breites Spektrum von Projekten zum "Aufbau von Medien-Kapazitäten, für Reform und das Management von Veränderung" durchgeführt hat. Angeführte Beispiele solcher Initiativen sind etwa "die Reform der institutionellen Strukturen" des montenegrinischen Staatssenders RTCG, die Zusammenarbeit mit nordmazedonischen Medien bei "effektiver Wahlberichterstattung" und bei der Tätigkeit als "Aufpasser" sowie die Unterstützung bei der Entwicklung eines öffentlichen Senders in Bosnien-Herzegowina.

Die Organisation zielte auch auf das junge Publikum in fünf verschiedenen Balkanstaaten mittels eines "innovativen Multi-Plattform-Medienprojekts", das die "Fähigkeiten junger Leute zur gesellschaftlichen Partizipation" stärken sollte. Das Kernstück dabei war ein "auf sozialen Medien beruhendes pädagogisches Web-Drama"‚ #SamoKazem (Ich sag ja nur). Bemerkenswert daran war, dass die Zuschauer zu "Offline-Aktivitäten" angeleitet wurden, "um Aufmerksamkeit in Handeln für Veränderung zu verwandeln", was deutlich nahelegt, dass das eigentliche Ziel des Programms darin bestand, Teenager zu Aktivisten zu machen.

Die Details über die ausgeprägte Einmischung von BBCMA in Serbien unterstreichen noch einmal die offen politische Natur ihres Engagements auf dem Balkan. Allein von 2007 bis 2017 führte sie "vier große Projekte" in dem Land durch, wie beispielsweise das "herausfordernde Unterfangen", Radio Television Serbia (RTS) im Verlauf von zwei Jahren "bei seiner Umwandlung vom Staatssender in einen öffentlichen Dienstleister beizustehen" und daran zu arbeiten, fünf örtliche Radiosender zu "professionalisieren", "um ihre Fähigkeiten zu entwickeln, die örtliche Regierung zur Verantwortung zu ziehen".

Die Organisation führte außerdem ein riesiges dreijähriges Projekt für die EU durch, das "die Medienkapazitäten stärkte, um die objektive Information der Öffentlichkeit über alle Aspekte der EU-Integration zu verbessern" – anders gesagt: Sie half bei der Produktion von Propaganda für Brüssel. Wirklich eine entscheidende Arbeit, wenn man bedenkt, dass niemand eine EU-Mitgliedschaft so kritisch sieht wie die Serben.

Unter dem Schirm des Programms verteilte die BBCMA einen Zuschuss von zwei Millionen Euro an 25 serbische Medienplattformen und half bei der Produktion von verblüffenden 174 einzelnen Fernsehsendungen, einschließlich der fünfzehnteiligen RTS-Serie "Was ist für mich drin?" – die pro Folge im Schnitt 500.000 Zuschauer hatte und einen Nationalpreis für die beste Dokumentation zur EU gewann – und des Menschenhandels-Dokudramas "Schwestern", das in der UNO gezeigt wurde und "zahllose" Preise gewann.

Andere Dokumente bestätigen explizit, dass es wenig Sinn ergibt, zwischen der BBC und ihrer "Entwicklungsagentur" zu unterscheiden. Von November 2016 bis März 2019 schuf die BBCMA – im Dienste eines Plans des Außenministeriums, die vermeintlich abnehmende Unabhängigkeit nordmazedonischer und serbischer Medien zu stärken – "ein Netz örtlicher Medienarbeiter mit den Fähigkeiten, dem Wissen und dem Willen sicherzustellen, dass digitale Medien eine effektive Rolle dabei spielen, Debatten und Verantwortung zu fördern".

Die Nutznießer sollten dabei von "der reichen Erfahrung und Fertigkeit bei der Erzeugung von Qualitätsjournalismus und fesselnden Programmen" des britischen Staatssenders profitieren, mit BBC-Journalisten, die in die Organisationen, für die sie arbeiteten, eingegliedert wurden, um für "Betreuung/Ausbildung in der Arbeit, Produktionsunterstützung und Coproduktion" zu sorgen. Ihnen wurde auch Zugang zum BBC-Digitallabor, den BBC-Studios und dem BBC Blue Room gewährt.

Die Organisation versicherte in ihren Berichten an das Außenministerium, dass sie die Produktion von Sendeinhalten für eine fantastische Gelegenheit hielt, "auf das serbische und nordmazedonische Publikum einzuwirken". Die Folgen dieser Winkelzüge sind nicht gewiß, obwohl es kennzeichnend sein könnte, dass einer der erfahrenen BBC-Journalisten, der dem Projekt zugeteilt wurde, viele Jahre die Leitung der Berichterstattung von den britischen Wahlen bei der BBC innehatte.

Schließlich endete dieser Einsatz nicht lang vor den nordmazedonischen Präsidentschaftswahlen 2019, in der der Pro-EU-, Pro-NATO-Kandidat Stevo Pendarovski gegen die skeptischere, prorussische Gordana Siljanovska-Davkova stand. Während der erste Wahlgang einen Gleichstand erzeugte und auf eine Stichwahl hindeutete, gewann Pendarovski im zweiten Wahlgang mit Leichtigkeit. Mehr noch, bereits zuvor öffentlich gemachte Dokumente belegen mehr als deutlich, dass das Außenministerium noch auf anderem Weg direkt in den Prozess einzugreifen suchte.

Dass die britische Regierung in vielerlei Nacht-und-Nebel-Aktionen verwickelt ist, um die Politik und die Wahrnehmung auf dem Balkan zu beeinflussen, ist schlimm genug, selbst wenn man die verdeckte und offene Rolle übergeht, die London bei der blutbeschmierten Aufspaltung Jugoslawiens spielte, der blockfreien, unabhängigen Republik, die einmal den großen Teil dieser Region umfasste. Vor dem Hintergrund dieser Geschichte ist die Umstrukturierung von RTS durch die BBCMA besonders beunruhigend.

Am 23. April 1999, mitten in der lang anhaltenden Bombenkampagne des Westens gegen Serbien, wurde die RTS-Senderzentrale in Belgrad zusammen mit mehreren Radiosendern und elektrischen Einrichtungen im ganzen Land zum Ziel der Zerstörung durch NATO-Raketen. Bei dem Angriff wurden insgesamt 16 Journalisten getötet und 16 weitere verletzt, und viele waren noch tagelang unter den Trümmern begraben.

Angesichts der deutlichen internationalen Verurteilung dieses Bombardements bemühten sich hochrangige Vertreter der USA und Großbritanniens hastig zu erklären, es sei absolut gerechtfertigt. Der damalige Premierminister Tony Blair verteidigte es damit, dass der Sender Teil "des Machtapparats und der Diktatur" des jugoslawischen Präsidenten Slobodan Milošević gewesen sei.

"Die Verantwortung für jeden einzelnen Schritt dieser Aktion liegt bei dem Mann, der diese Politik der ethnischen Säuberung begonnen hat und gestoppt werden muss", fügte er hinzu.

Natürlich sollte der Internationale Gerichtshof für das ehemalige Jugoslawien (ICTY), eine UN-Einrichtung für die Verfolgung von Kriegsverbrechen während der Jugoslawienkriege und deren Tätern, schließlich feststellen, dass jugoslawische Truppen mitnichten eine Politik der ethnischen Säuberung verfolgt hatten, und Milošević, der 2006 in einem UN-Gefängnis starb, sollte posthum in allen Punkten freigesprochen werden.

Der ICTY hat ebenfalls überprüft, ob die Bombardierung von RTS ein Kriegsverbrechen dargestellt hatte, letztlich aber entschieden, dass die Sendungen für die Regierung den Sender zwar nicht zum militärischen Ziel gemacht hatten, der Angriff aber dennoch legitim gewesen sei, weil er darauf gezielt hatte, das Kommunikationsnetz des Staates zu unterbrechen.

Amnesty International bezeichnete diesen Spruch als einen Justizirrtum, noch dazu einen widersprüchlichen, denn im Urteil wurde NATO-General Wesley Clark, der die ganze Kampagne geleitet hatte, mit der Bemerkung zitiert, es sei völlig klar gewesen, dass der Angriff die Sendungen von RTS nur kurzfristig unterbrechen werde, aber "wir dachten, es sei ein guter Schritt, ihn anzugreifen, und die politische Führung stimmte mit uns überein". Tatsächlich war der Sender nur ganze drei Stunden nicht mehr auf Sendung gewesen.

Ein anderer Grund für diesen abscheulichen Vorfall, mit dem sich der ICTY nicht befasste, könnte sein, dass die Berichterstattung des Senders über die beinahe täglichen NATO-Angriffe auf die zivile und industrielle Infrastruktur Serbiens für das Militärbündnis allzu unangenehm war, wenn man bedenkt, dass seine Intervention vermeintlich aus humanitären Gründen erfolgt war. Neun Tage vor der Bombardierung von RTS waren 85 unschuldige Zivilisten getötet worden, als NATO-Kampfflieger einen Flüchtlingstreck aus dem Kosovo bombardiert hatten.

Während die NATO-Sprecher anfänglich behauptet hatten, die Tragödie sei ein "Versehen", veröffentlichte RTS in der Folge die erschreckende Aufzeichnung von den Funksprüchen der Piloten, die die tödliche Last abgeworfen hatten und die wiederholt angewiesen worden waren, den Konvoi anzugreifen, weil er ein "völlig legitimes Ziel" sei, obwohl sie protestiert hatten, sie sähen keine Panzer oder militärische Technik vor Ort, nur Autos und Traktoren. Wenn die Wahrheit das erste Opfer des Krieges ist, so sind die Verbreiter der Wahrheit mit Sicherheit das zweite.

In einer perversen Ironie bemerkte das ICTY doch, dass die NATO die jugoslawische Regierung Wochen davor gewarnt hatte, RTS könne unter Feuer geraten, außer, es sende täglich sechs Stunden unzensierte westliche Medienberichte, um seine Berichterstattung auszubalancieren und den Sender dadurch zu "einem akzeptablen Mittel der öffentlichen Information" zu machen.

Nun, da die widerspenstige Sozialistische Föderative Republik Jugoslawien endgültig in Stücke gehauen ist, hat es Whitehall nicht länger nötig, mit militärischer Gewalt zu drohen, um die Medien auf dem Balkan zur Verbreitung prowestlicher Propaganda anzuhalten. Es schickt einfach BBC-Mitarbeiter in ihre Büros, unter dem betrügerischen Vorwand, Medienvielfalt, Meinungsfreiheit, Demokratie, Bürgerbeteiligung und eine offene Debatte zu fördern, um sicherzustellen, dass sie "akzeptable" Mittel der öffentlichen Information bleiben.

RT DE bemüht sich um ein breites Meinungsspektrum. Gastbeiträge und Meinungsartikel müssen nicht die Sichtweise der Redaktion widerspiegeln.

Kit Klarenberg ist ein investigativer Journalist, der die Rolle von Geheimdiensten bei der Gestaltung von Politik und Wahrnehmung erkundet. Man kann ihm unter @KitKlarenberg auf Twitter folgen.

Mehr zum Thema - Zwei Gesichter der Haager (Un-)Gerechtigkeit

Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.