Die Propaganda der Anderen: Schäuble warnt vor russischer Einflussnahme – und vor RT
von Arthur Buchholz
Eigentlich muss man auf Wolfgang Schäuble ein wenig sauer sein. Da bemüht man sich als russischer Propagandist sieben Tage in der Woche, Monat für Monat, jahrein, jahraus, Deutschland endlich zu destabilisieren, und nur kurz vor den Wahlen wird die Arbeit gewürdigt. Ein wenig mehr Anerkennung würde man sich da schon wünschen.
Schäuble jedenfalls sagt der dpa: "Wir wissen, was mit Fake News alles angestellt werden kann. Und wir wissen aus der Erfahrung zurückliegender Wahlen in anderen Ländern, dass hier ein richtiger Propagandakrieg geführt wird."
Na, wenigstens das fällt ihm auf. Mit Freuden erinnern wir uns ja an den informativen Beitrag der Deutschen Welle von 2018 mit dem tollen Titel: "Fünf Strategien des Protestverhaltens bei den russischen Präsidentschaftswahlen".
"Zu Hause bleiben, wozu Nawalny auffordert, oder den Stimmzettel ungültig machen, wie Chodorkowski vorschlägt? Wie unterscheidet sich ein Boykott von einer Protestwahl, und wie wird sich die Entscheidung auf den Wahlprozess auswirken?"
Ganz ehrlich, Herr Schäuble, der Artikel war wunderbar. Zu gerne würden wir auch so etwas in Deutschland machen, aber noch trauen wir uns nicht. Man will ja nicht als Plagiator dastehen.
Aber dafür findet sich schon eine Lösung. Der Russe ist erfinderisch. Schäuble sagt weiter: "Was mir konkret Sorgen macht, ist, dass es einen relativ großen Teil der Bevölkerung gibt, der zwar an sich gut integriert ist, aber sich – was legitim ist – teils oder überwiegend aus ausländischen Medien informiert."
Wir verstehen deine Sorgen, Wolfgang. Die Ausländer sind anfällig für Fake News, weil die halt ein bisschen doof sind und ständig RT und ARD verwechseln. Da kann man doch (wieder!) von der Deutschen Welle lernen. Schon seit Langem sendet die DW im Baltikum nicht nur unter eigenem Logo, sondern schiebt seine Formate gleich den staatlichen Sendern unter:
"In den baltischen Ländern sollen TV-Angebote für die russischsprachige Bevölkerung ausgebaut werden. In Lettland beispielsweise sprechen 40 Prozent der Bevölkerung Russisch und beziehen regelmäßig Nachrichten aus russischen Quellen. Die Deutsche Welle stellt den baltischen Partnern unter anderem ihr russischsprachiges TV-Nachrichtenmagazin 'Geofaktor aktuell' zur Verfügung."
DW-Chef Peter Limbourg frohlockte damals: "Mit unseren Programmlieferungen in russischer Sprache tragen wir dazu bei, dass die Menschen in diesen drei Staaten die Informationen russischer Medien besser einordnen können."
Na, Gott sei Dank. Vielleicht sollte man die DW auch gleich verstärkt im Inland einsetzen, damit man auch hier diese russischen Medien besser einordnen kann. Sicher ist sicher. Sonst könnte es ja sein, dass RT bei Demonstrationen in Berlin mal so etwas Ähnliches wie das hier vom Stapel lässt:
"Moskau, raus auf die Straße! Nein, es ist offenbar noch nicht zu Ende. Und ein Polizist hat unseren Korrespondenten während des Drehs absichtlich angerempelt (er konnte aber standhalten)."
- Москва, выходи! Нет, еще, похоже, ничего не закончилось. А полицейский специально толкнул нашего корреспондента плечом во время съемки (тот успел сгруппироваться) pic.twitter.com/BCqC3Y10dw
— DW на русском (@dw_russian) July 27, 2019
Das sollte sich RT lieber nicht erlauben. Aber haben Sie es bemerkt? Schon wieder die Deutsche Welle! So langsam erkennt man ein Muster, oder etwa nicht? Ja, man hört die Kritiker schon rufen: "DW ist aber was ganz anderes als RT." Propaganda machen eben immer nur die anderen. Ein Medium wie RT sei aber "ganz offensichtlich kein Sender, der den Grundsätzen von Medienfreiheit auch nur annähernd entspricht", sagte Schäuble.
Schäuble auf Biden-Pfaden? Wie soll ein Sender der Medienfreiheit entsprechen? Entsprechen nicht eher Länder einer Medien- beziehungsweise Pressefreiheit? Oder wie ist dieser Satz zu verstehen: "Insofern hat der Zustand der Pressefreiheit in Ländern wie Russland oder der Türkei auch Einfluss auf Wählerinnen und Wähler in Deutschland"? Ist das jetzt eine Warnung an RT oder an die Deutsche Welle?
Herr Schäuble, klären Sie uns auf!
Mehr zum Thema - Pressefreiheit mal anders – Wie die Deutsche Welle "russischer Propaganda" Paroli bietet
RT DE bemüht sich um ein breites Meinungsspektrum. Gastbeiträge und Meinungsartikel müssen nicht die Sichtweise der Redaktion widerspiegeln.
Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.