Meinung

Die Verteidiger der Ehre der Annalena B.

Anscheinend hatte Baerbock nicht mit solcher Inquisition gerechnet, sonst hätte sie ihren Lebenslauf vermutlich längst schon selbst bereinigt. Jetzt möchten manche alles kleinreden. Dabei halten sich Parteikollegen noch zurück. Schützenhilfe kommt ausgerechnet aus einschlägigen Medien.
Die Verteidiger der Ehre der Annalena B.Quelle: www.globallookpress.com © Thomas Imo

von Arthur Buchholz

Die "Grünen" waren ja schon immer die Partei, in der man auch ohne vorbildlichen Lebenslauf ganz groß herauskommen konnte. Die älteren Leser denken gerne an Joseph Martin "Joschka" Fischer (Qualifikation: Personentransport) oder Claudia Roth zurück (zwei Semester Theaterwissenschaften).

Auch die aktuelle Generation kennt noch Katrin Göring-Eckardt, ehemals Parteivorsitzende, die nach ein paar Jahren Theologiestudium auch einen eher handfesten Beruf ausgeübt hat.

Und das ist auch gut so! Politik sollte jedem offen stehen, der sich dafür begeistern kann, in einer Gruppierung von machthungrigen Soziopathen die Spitze zu erklimmen. Dazu ist jede Lüge, jede Halbwahrheit, jede Nebelkerze erlaubt.

Man hat sich ja mittlerweile an die Unverbindlichkeit von Politikeraussagen gewöhnt. "Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern?" soll Adenauer gesagt haben, wohl mit dem Zusatz: "Nichts hindert mich, weiser zu werden."

Das will man auch Baerbock wünschen, deren Lebenslauf ja gefühlt täglich "präzisiert und korrigiert" wird. Sollte Adenauer recht haben, könnte sie bis zur Bundestagswahl noch sehr viel weiser werden.

Wer hätte aber gedacht, dass die Leute bei den Stationen des Lebens der Annalena Baerbock nachschauen? Wer hätte denn gedacht, dass man da so genau hinguckt? Nun verkümmert Baerbocks Lebenslauf zu einer Ansammlung von Halb- und Nebenjobs. 

Doch die Verteidiger der Ehre der Annalena B. (Böll hatte es besser formuliert) stehen schon bereit. Denn die Grünen-Anhänger sind erstaunlich dünnhäutig, wenn es um die Kritik an der eigenen Lichtgestalt geht. Es wird relativiert, was das Zeug hält. In der Zeit ist man der Meinung, Baerbock hat "einige Dinge vielleicht etwas zu gut klingen lassen". Ist doch nur eine Bagatelle, die man mal allgemein diskutieren könnte.

Der sonst stets so investigative Georg Restle meint, solch ein aufgemotzter Lebenslauf ist ja keine Katastrophe. Auf eine Sendung zum Thema darf man diesmal also nicht hoffen.

In der taz meint man ganz lapidar, nach dem Weltkrieg hätte man es mit Altnazis ja auch nicht so genau genommen. Ziemlich schräger Vergleich – oder? Die "akademische Heimat" Völkerrecht deutet der Autor auch so um, dass es mehr zu einem Hobby verkommt. Und Hobbys kann man ja viele haben, ist auch Laien nicht verboten. Der Unterschied zwischen einer echten Völkerrechtlerin und einer Hobby-Völkerrechtlerin kann schön an diesem Tweet verdeutlicht werden. Baerbocks Studienbilanz fällt damit aber nur noch deprimierender aus:

Und was sonst als "Whataboutism" verschrien wird, darf hier ruhig man wieder aufgewärmt werden: Der Laschet hat ja damals auch mal (eventuell) Klausuren verbummelt, als er noch an der RWTH in Aachen dozierte.

Das nächste Level in der Ablenkung ist natürlich das Ausspielen der Frauenkarte – oder heißt die jetzt "Gender-Joker"? "Frauen aller politischen Richtungen beobachten übrigens gerade die völlig unsachlichen Kampagnen gegen Baerbock. Die Parteien schrecken damit ihren eigenen Nachwuchs ab", weiß Marina Weisband zu berichten. Wenn man damit "lebenslaufkreative" Frauen wie Baerbock abschreckt, bitte gern!

Bei Katharina Schulze, die mit den Grünen in Bayern ein sagenhaft schlechtes Wahlergebnis eingefahren hatte, ist es ganz klar der Hass gegen Frauen überhaupt, der sich hier mal wieder Bahn bricht. Zugleich bringt sie noch das Kunststück fertig, ihr eigenes Versagen zu bejammern. Chapeau!

Nächsthöheres Level an Wirklichkeitsverweigerung könnte dann der obligatorische Vorwurf sein, jegliche Kritik an Baerbocks Lebenslauf käme sowieso von Nazis. Unter anderem wirft Julia Schramm, die auch selbst gerne mehr Erfolg haben möchte, diese Nebelkerze.

Tatsächlich tut man doch denjenigen keinen Gefallen, die sich eine ordentliche Qualifikation durch Arbeit verdient haben, wenn man jetzt eine Person durchwinkt, die ihren Lebenslauf eben nicht nur ein bisschen hier und da, sondern systematisch aufgeblasen hat.  

Einige vermeintliche Tugenden scheinen sich doch noch erhalten zu haben, allen Ablenkungsversuchen zum Trotz: Wer Politiker werden will (das unterstellt der Schreiber dieser Zeilen jetzt einfach mal Frau Baerbock), der wird von A bis Z durchleuchtet. Was mussten sich schon Merkel, Laschet, Scheuer, Merz, Nahles, Spahn, Esken und viele andere anhören? Das will der Medienbetrieb so. Und das soll auch so bleiben. Denn wenn jemand schon im Kleinen lügt, wie soll man ihm dann im Großen vertrauen können?

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