Die Phrasendrescher der EU und ihr Wunsch nach einem sozialen Europa
von Pierre Lévy
Ihr abschließender Text bejubelt und preist den zukünftigen "Reformkurs für eine gerechte, nachhaltige, stabile gemeinsame, integrative, zügige und kohärente Erholung, (die) die Wettbewerbsfähigkeit, Resilienz und soziale Dimension Europas und seine Rolle in der Welt stärken wird". Dies alles im Hinblick auf die "Verwirklichung der sozialen und wirtschaftlichen Aufwärtskonvergenz". Und die Staats- und Regierungschefs erklärten: "Wir sind entschlossen, die Umsetzung der europäischen Säule sozialer Rechte (…) weiter zu intensivieren". Für diejenigen, die es vergessen haben sollten, die besagte "Säule" wurde im November 2017 in der schwedischen Stadt Göteborg feierlich verabschiedet.
Damals sagte der frisch gewählte Emmanuel Macron, das französische Sozialmodell solle sich an Schweden orientieren, um "die Konfliktträchtigkeit" zwischen den Sozialpartnern zu reduzieren. Vier Jahre später bleibt der Herr des Élysée-Palastes im Gleichklang mit Brüssel bei seiner Meinung: "Die Sozialpartner (müssen) in den Aufbau des sozialen Europas von morgen einbezogen werden". Am 29. April versammelte er zur Vorbereitung des Gipfels alle französischen Gewerkschafts- und Arbeitgeberführer, ohne dass auch nur einer fehlte.
Wäre da nicht die Realität von Millionen von Arbeitern, Angestellten, Arbeitslosen und jungen Menschen, die in Schwierigkeiten oder Zukunftsängste geraten sind, so könnte einem das regelmäßige Auftauchen des komischen "sozialen Europas" schon spaßig vorkommen. Bereits 1997 hielten die europäischen Sozialisten und Sozialdemokraten, die in Großbritannien, Frankreich und bald Deutschland an die Macht kamen, ihren Kongress in der schwedischen Stadt Malmö mit dem Slogan ab: "Europa wird sozial sein oder es wird nicht sein". Die Folge ist ja bekannt.
Das soziale Europa ist ein Betrug. Erstens, weil die europäische Integration von Anfang an im Interesse der Wirtschaftsoligarchien konzipiert wurde, um den Völkern ihre politische Souveränität wegzunehmen. Zweitens, weil jeder Gewerkschafter weiß – oder wissen sollte –, dass kein Fortschritt für die Arbeitswelt jemals erreicht worden ist, außer durch Kampf, und schon gar nicht von oben gewährt wurde.
Mit dem Mythos wird jedoch ein Ziel verfolgt: Es ist der Versuch, einen "Konsens zu schaffen", wie der französische Präsident es ausdrückt. Das Gleiche gilt für eine andere Idee, die zweifellos die Massen aufrütteln wird: die "Konferenz über die Zukunft der EU", die am 9. Mai in Straßburg feierlich eröffnet wurde.
Und wenn es darum geht, über die eigene Zukunft zu phantasieren, baut die Union eine typische unglaubliche Maschinerie: eine Vollversammlung mit 108 nationalen Abgeordneten, 108 Mitgliedern des Europäischen Parlaments, 54 Vertretern der Staaten, Delegierten der Kommission, des Wirtschafts- und Sozialausschusses, der Sozialpartner und der NGOs. Plus 108 normale Bürger. Das Plenum wird mit Panels, einer IT-Plattform, einem Exekutivkomitee, einer dreiköpfigen Präsidentschaft ausgestattet ... All dies soll in der ersten Hälfte des Jahres 2022 münden, also unter französischer EU-Präsidentschaft (und kurz vor den Präsidentschaftswahlen in Frankreich).
Emmanuel Macron ist stolz darauf, der Initiator dieses Geniestreichs gewesen zu sein (wie schon 2018 bei der großen EU-weiten Debatte, an die sich niemand mehr erinnert), und plant eine Vorbereitung besagter Debatte in Frankreich: Im Herbst sollen Regionalkonvente die designierte Bürger zusammenbringen. Genau wie der sogenannte "Bürger-Klimakonvent". Damals ging es um die Frage "wie" (nicht "ob") man die CO2-Emissionen reduzieren muss. In ähnlicher Weise wird die Frage nun sein, wie man die EU verschönern kann – und sicher nicht, ob man ihre Existenz in Frage stellen soll.
Diese pathetischen Gesten sind recht lustig: Sie unterstreichen die Verwirrung der Eliten angesichts der Unzufriedenheit der Bevölkerung mit ihrem europäischen Integrationsprojekt. Das unterstreicht Michel Barnier auf seine Weise: Der ehemalige EU-Chefunterhändler für den Brexit führt derzeit seinen Wahlkampf mit der Warnung: der Austritt Großbritanniens sei kein Unfall gewesen. Wenn es auch für dieses Land zu spät sei, so sei noch Zeit, um einen Ausstieg anderer Staaten zu vermeiden, vorausgesetzt, diese "Bedrohung" werde, insbesondere in Frankreich, ernst genommen.
Emmanuel Marcon, der 2017 als Herold Europas in den Élysée einzog, mahnt nun seinerseits zum "Widerstand gegen den herrschenden Defätismus".
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