von Kaspar Sachse
Derzeit überdeckt eine Debatte um "Grundrechte für Geimpfte", deren politisch-mediales Wording und Framing äußerst bedenklich ist, fast alle anderen Themen. Sogar die mittels der fragwürdigen PCR-Tests ermittelten und lange Zeit tagein, tagaus zur besten Sendezeit verkündeten "Corona-Neuinfektionen" spielen kaum noch eine Rolle – sind sie doch zurückgegangen, freilich unmittelbar wegen der erfolgreichen "Corona-Bundesnotbremse".
Dafür scheint mittlerweile die lang angekündigte Wirtschaftskrise nun direkt vor der Tür zu stehen und tritt zwar unterschiedlich intensiv, aber stetig im Leben vieler Bundesbürger zutage. Nachdem unmittelbar durch die "Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie" etwa eine Million Soloselbständige, Gastronomen und Mittelständer ihre Jobs verloren hatten, schlagen nun kaputte Lieferketten und schlichtweg fehlende Rohstoffe ins Kontor.
Zahlreiche Branchen kämpfen mit fehlenden Rostoffen und zerstörten Lieferketten
Zahlreiche Branchen sind dabei betroffen: Süßwarenfabrikanten genauso wie Möbelbauer, Hersteller von Elektrogeräten – und besonders Autobauer. Während beispielsweise die Kölner Ford-Werke ihre Produktion allein aufgrund fehlender Halbleiter-Chips drosseln müssen, sind auch fast alle übrigen großen deutschen Autobauer irgendwie betroffen: Volkswagen, Audi, Daimler und BMW hatten deshalb bereits Produktionseinschränkungen angekündigt.
Da während des Auto-Absatzeinbruchs zu Beginn der "Coronakrise" zahlreiche Elektronik-Hersteller ihre Produktion auf Unterhaltungselektronik umgestellt hatten, fehlen nun im zuletzt wieder anlaufenden Autogeschäft Bauteile. Dieser Engpass bei Chips könnte noch Jahre andauern. Das wiederum könnte den Handelskrieg zwischen den USA und China weiter befeuern, unter dem vor allem auch Deutschland leidet, wie Matthias Kremp im Spiegel schreibt. Die Konsequenz: Die Verfügbarkeit zahlreicher Konsumgüter könnte stark zurückgehen.
Inflation auf Rekordkurs
Das zeigt sich bereits jetzt im Einzelhandel. Wer aufmerksam durch die Supermärkte geht, wird nicht nur deutlich höhere Preise bei Lebensmitteln feststellen, sondern auch kleinere Verpackungen: So wird beim Müsli aus der Kilo-Packung eine mit 750 Gramm oder beim Parmesan aus der Tüte mit 200 Gramm-Tüte eine mit 150 Gramm – auch wenn die Verpackung oftmals deutlich größer ist, als es der Inhalt erfordern würde. Als Preistreiber gelten Fleisch, Getreide, Erdgas und Erdöl, Stahl, Metalle oder Holz, deren Preise sich innerhalb der letzten 12 Monate zum Teil sogar bisweilen verdoppelten.
Ist Deutschland sowieso bereits Weltmeister, was die Preise für private Stromverbraucher angeht, so hat sich auch dieser Fakt "seit Corona" noch weiter verschärft: Verdammt zum Homeoffice und Homeschooling, verbrauchten die Deutschen 2020 notgedrungen besonders viel Strom – eine Entwicklung die irgendwie gar nicht zum "ach so grünen" Zeitgeist passen will – und zahlten dafür neue Rekordbeträge. Die Verbraucher mussten im vergangenen Jahr zusammen rund 37,8 Milliarden Euro für Elektroenergie ausgeben – und das im Niedriglohnland Deutschland, dank der Agenda 2010.
Doch auch Gas und Heizöl stiegen in den Kosten: Im Vergleich zum Dezember 2020 verteuerte sich allein bis Ende Februar laut dem Vergleichsportal Verivox Heizöl um 12 Prozent und Gas um 5 Prozent. Als wichtigste Preistreiber gelten das Auslaufen der befristeten Mehrwertsteuersenkung, die Einführung der CO2-Abgabe auf fossile Brennstoffe sowie generell gestiegene Großhandelspreise.
Bleibt der Stromverbrauch 2021 annähernd konstant, werde der Rekord von 2020 demnächst nochmals übertroffen, so das Portal t-online. Bei zunehmender, erzwungener Digitalisierung auf allen Ebenen ist davon wohl auf jeden Fall auszugehen. Und auch bei den Nettokaltmieten ist in den letzten 24 Monaten ein nahezu konstanter Aufwärtstrend zu beobachten, der sich durch die Zurückweisung des Berliner Mietendeckels ruckartig noch weiter beschleunigen dürfte:
Das alles treibt die Inflationsrate in Deutschland auf schon lange nicht mehr gekannte Höhen. Gemessen als Veränderung des Verbraucherpreis-Index (VPI) zum Vorjahresmonat – wird sie im April 2021 voraussichtlich +2,0 Prozent betragen. Im Januar betrug die Inflation 1 Prozent zum Vorjahresmonat, im Februar lag sie bei 1,3 Prozent und im März noch bei 1, 7 Prozent. Der Trend ist also eindeutig und zeigt seit der Jahreswende stetig nach oben.
Dazu kommt die ständige Anhebung der Krankenkassenbeiträge wegen der Überalterung der Gesellschaft, gegen die die Politik der Regierenden nicht einmal ansatzweise ein Mittel gefunden hat, ganz im Gegenteil: Corona hat gezeigt, wie zutiefst kinderfeindlich eine weitgehend kinderlose Bunderegierung vorgeht und wie gleichgültig ihr zukünftige Generationen sind – die vermutlich bis an Ihr Lebensende den angehäuften Schuldenberg durch höhere Steuern abzutragen haben.
Arbeitslosigkeit und Kurzarbeit
Für April 2021 gibt die Agentur für Arbeit die aktuelle Arbeitslosenzahl mit 2.771.000 an. Im Vergleich zum April des vorigen Jahres hat sich die Arbeitslosenzahl um 127.000 erhöht. Die Arbeitslosenquote verzeichnet im Vorjahresvergleich ein Plus von "nur" 0,2 Prozentpunkten, so das früher so genannte Arbeitsamt. Allerdings war bereits der April 2020 auch schon massiv von der Corona-Krise gezeichnet. Deren Folgen belaufen sich offiziell auf ein Plus von etwa 500.000 Arbeitslosen oder 1,1 Prozentpunkten bei der Arbeitslosenquote.
Nicht in diese schöngerechnete Statistik fallen jedoch diejenigen Erwerbslosen, die derzeit Qualifizierungsmaßnahmen der Arbeitsagenturen und Jobcenter absolvieren – das sind laut des Portals Nordbayern etwa 800.000 Menschen, die man fairerweise zu der offiziellen Arbeitslosenzahl hinzurechnen sollte. In der offiziellen Zählung fehlen zudem alle Personen ab einem Alter von 58 Jahren, die seit mindestens zwölf Monaten bereits Arbeitslosengeld II beziehen und in dieser Zeit keine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung angeboten bekamen.
Seit April 2020 bis April 2021 hat sich diese Zahl allein im Bundesland Berlin mehr als verdoppelt: 77.346 Frauen und Männer sind mindestens ein Jahr ohne Arbeit, knapp 41.000 mehr als ein Jahr zuvor. Die Berlin-Brandenburger Agenturleiterin Ramona Schröder sagte dazu am 29. April 2021:
"Der deutliche Anstieg der Langzeitarbeitslosigkeit ist klar ein Corona-Effekt. Das zieht sich über mehrere stark betroffene Branchen wie Hotellerie und Gaststätten, zum Teil auch Handel und Dienstleistungen wie Reinigung, Reisebüros oder auch der Messebau."
Darüber hinaus werde nach vorläufigen hochgerechneten Daten der Bundesagentur für Arbeit in diesem Monat für etwa 3,27 Millionen Lohnabhängige konjunkturelles Kurzarbeitergeld gezahlt.
Stellenabbau und Insolvenzverschleppung
Die hier genannten Zahlen könnten aber noch deutlich ansteigen. Denn sogar in "systemrelevanten" Branchen werden weiter Stellen abgebaut. Einer Umfrage im April des Deutschen Berufsverbands für Pflegeberufe zufolge gaben 32 Prozent von knapp 3.600 Befragten an, häufiger darüber nachzudenken, ihren Pflegeberuf ganz aufzugeben. Fast ein Drittel der Befragten arbeitet auf einer Intensiv- oder COVID-19-Station, so die Tageschau.
Im Verlaufe dieser von der WHO ausgerufenen Pandemie bauten private Klinikbetreiber wie Ameos, Sana, Helios bereits Pflege-Personal ab oder schlossen gar ganze Krankenhäuser, um den Profit zu steigern, wie Jan Korte von Die Linke jüngst im Bundestag hervorhob. Eine Farce sondergleichen: Dieselbe Große Koalition, die das politisch beflügelte, begründet nun seit über einem Jahr den Ausnahmezustand damit, dass das Personal und die Zahl der Intensivbetten überlastet werden könnten und nimmt gleichzeitig schulterzuckend soziale, wirtschaftliche und gesellschaftliche Verwerfungen nie gekannten Ausmaßes in Kauf.
Das wird sich noch stärker spätestens in der zweiten Jahreshälfte zeigen: Denn über ein Jahr hatte die Bundesregierung die gesetzliche Meldepflicht für drohende Insolvenz überschuldeter Unternehmen ausgesetzt. Seit Monatsbeginn greift diese Meldepflicht nun wieder. Nachdem die Zahl der Unternehmenspleiten in der Krise also lange Zeit künstlich niedrig gehalten und somit öffentlich ausgeblendet wurde, rechnen Insolvenzexperten jetzt mit einem – gelinde ausgedrückt – "spürbaren Anstieg".
Und dass, obwohl sich durch Corona in die Pleite getriebene Unternehmen durch eine Gesetzesnovelle weiterhin selbst sanieren dürfen – ohne externen Insolvenzverwalter. Insolvenzexperten wie die Wirtschaftsauskunft Creditreform und das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) rechnen jedoch angesichts des Auslaufens der Sonderregelung mit einem deutlichen Anstieg der Firmeninsolvenzen im zweiten Halbjahr 2021. Auch Arbeiter und Angestellte in Deutschland könnten in den nächsten Monaten die Folgen von Firmensanierungen und/oder "Abwicklungen" deutlich zu spüren bekommen.
Das Finanzsystem liegt bereits auf der Intensivstation
Dazu kommt eine Geldmengenausweitung der EZB im letzten Jahr sowie im ersten Quartal dieses Jahres, die bisher ihresgleichen sucht. Das globale Finanzsystem, das bereits seit der Finanzkrise 2008/09 durch munteres Gelddrucken wie ein Patient im künstlichen Koma noch am Leben gehalten wird, hat die Aktienkurse seitdem in nie gesehene und von jeder Realwirtschaft vollständig entkoppelte Höhen getrieben – inklusive weltweiter weiterer Umverteilung dieses Reichtums von unten nach oben – zu den Eignern solcher Papiere.
Passend dazu stiegen auch in den USA die kreditfinanzierten Aktienkäufe auf ein Rekordhoch. Zuletzt war das stets vor den ganz großen Crashs der Fall, wie das Handelsblatt schreibt.
Ausblick
Es sieht also nicht unbedingt gut aus, und ein vorsorglicher Blick auf die Jahre 1923 und 1929 bis 1933 und darüber hinaus kann nicht schaden. Schaut man sich dazu die Wahlprogramme der Grünen, der Linken und der SPD sowie die Rekordverschuldung für die nächsten Jahre dank Finanzminister "Bazooka-Olaf" Scholz an, so ist auch klar: Der Mittelstand wird auch weiterhin wie nie zuvor zur Kasse gebeten, denn an die ganz "oben" kommt sowieso keiner ran und bei denen "unten" ist nichts zu holen.
Da spielt es auch keine Rolle, dass Deutschland in puncto Steuern und Abgaben bereits seit 2020 sogar global der Spitzenreiter ist, während "Corona" für eine kleine Finanz- und Wirtschaftselite auch hierzulande ein goldenes Zeitalter anbrechen ließ: Big Pharma, Big Tech und Big Money freuen sich über jeden weiteren Tag Lockdown.
Es bleibt also spannend, ob wir es noch bis zur Bundestagswahl ohne katastrophal spürbare Auswirkungen der geschilderten Entwicklungen schaffen werden. Denn Solidarität ist keine Einbahnstraße und schon manche Wirtschaftskrise hat – ganz an den Herrschenden und ihrer Vogel-Strauß-Politik vorbei – über Nacht eine "neue Normalität" geschaffen – und zwar im Sinne der einfachen Leute.
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