Meinung

Erschlagt den Boten: Ist die Warnung französischer Generäle vor islamistischer Gefahr unberechtigt?

Eine Warnung von 20 pensionierten Armeegenerälen, dass "islamistische Horden der Banlieue" Frankreich zum Auseinanderfallen bringen, wurde von der Regierung zurückgewiesen. Aber während terroristische Gräueltaten weitergehen, teilen viele französiche Bürger die Befürchtungen der Militärs.
Erschlagt den Boten: Ist die Warnung französischer Generäle vor islamistischer Gefahr unberechtigt?Quelle: www.globallookpress.com © Mohammed Mosteghanemi / zumapress.com

von Damien Wilson

Obwohl in Frankreich die größte muslimische Bevölkerung Europas lebt, sind die schwelenden Spannungen um den Platz des Islam in der säkularen Republik immer nur eine Schlagzeile vom Überkochen entfernt. Innerhalb nur einer Woche gab es zahlreiche Kontroversen: Über eine gerichtliche Entscheidung, einen Mörder ohne Anklage freizulassen; den Mord an einer Polizistin im Eingang zu ihrer Polizeiwache; und die Warnung von einer Gruppe pensionierter Generäle, dass man durch die Handlungen "islamistischer Horden in der Banlieue" den Zerfall des Landes und einen Bürgerkrieg riskiert.

Ehrlich gesagt, es ist schwer mitzuhalten. Aber während die Funktionäre um Präsident Emmanuel Macron eine Gruppe pensionierter Militärs als erbitterte Rentner abtun, die wahrscheinlich immer noch den Tag betrauern, an dem Präsident Charles de Gaulle Algerien auf den Weg in die Unabhängigkeit brachte – und den 60. Jahrestag eines Putschversuchs seiner Generäle gegen ihn wählten, um ihrem eigenen Unmut Luft zu machen –, verdienen sie einen gewissen Respekt und sogar Anerkennung ihrer Ansichten.

Sie machen kein Federlesen. "Frankreich ist im Zerfall", schreiben die 20 Generale a. D. und weitere 80 Offiziere in einem Brief, der von der Zeitschrift Valeurs Actuelles (Aktuelle Werte) veröffentlicht wurde. Und weiter:

"Im Zerfall durch die islamistischen Horden in der Banlieue, die Teile aus der Nation rausreißen, um sie in Gebiete zu verwandeln, die Dogmen unterliegen, die gegen unsere Verfassung verstoßen. Es ist nicht länger an der Zeit zu zögern, sonst wird der Bürgerkrieg morgen diesem wachsenden Chaos ein Ende setzen. Und die Todesfälle, für die Sie dann die Verantwortung tragen werden, werden in die Tausende gehen."

Sicher eine starke Wortwahl, aber vielleicht haben sie ja recht. Allzu oft findet auf französischem Boden eine weitere islamistische Gräueltat statt. In den letzten vier Jahren haben 14 Angriffe im Namen des radikalen Islam zum Tod von 25 Menschen in Frankreich geführt, weitere 36 Angriffe wurden nach Angaben der Regierung vereitelt.

Der letzte war vergangenen Freitag, als der 49-jährigen Polizistin Stéphanie Monfeture, Mutter von zwei Kindern, in der Eingangshalle der Polizeistation von Rambouillet von einem 36-jährigen tunesischen Staatsbürger die Kehle durchgeschnitten wurde, während er "Allahu Akbar" rief. Kaum überraschend, angesichts des exponierten Tatortes, wurde der Angreifer Jamel G. noch an Ort und Stelle von der Polizei erschossen. Das ist in seiner Natur zwar brutal, jedoch erhielt der Mörder der Polizistin eine umgehende Vergeltungsmaßnahme als Antwort, die in einem gewissen Sinn für Gerechtigkeit gesorgt hat.

Mehr Gerechtigkeit als die Familie und Freunde von Sarah Halimi jemals erfahren werden. Und zwar, weil ein Gericht beschloss, einen 27-jährigen Mann nicht unter Anklage zu stellen, nachdem er seine 65-jährige jüdische Nachbarin, eine pensionierte Ärztin und Kindergärtnerin, angegriffen, erstochen und von ihrem Balkon im dritten Stock geworfen hatte – unter wiederholten "Allahu Akbar!"-Rufen. Denn das Gericht stimmte einem Gremium von Psychiatern zu, gemäß dem Kobili Traoré während des Angriffs auf Frau Halimi im Jahr 2017 so stark mit Marihuana zugedröhnt war, dass er nicht strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden und daher nicht vor Gericht gestellt werden könne.

Kritiker der Entscheidung verglichen den Fall mit dem eines 51-jährigen Mannes aus Marseille, der betrunken und auf Koks an Silvester die französische Bulldogge seines Nachbarn aus einem Fenster im vierten Stock warf und danach behauptete, er könne sich an nichts erinnern. Er wurde zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt, davon ein Jahr auf Bewährung.

Wenn man sich diese grobe Fehlanwendung des Rechts vor Augen führt sowie die nicht nachlassenden, blutigen Angriffe auf normale französische Bürger, die ihrem täglichen Leben nachgehen, beginnt man den Standpunkt der Generäle zu verstehen. Und als General im Ruhestand besteht natürlich keine Notwendigkeit für eine gemäßigte Sprache. Man stelle einfach sicher, dass man die Aufmerksamkeit der Verantwortlichen auf sich zieht und schaut mal, wie sie reagieren. Die Vorsitzende der rechtskonservativen Partei Rassemblement National (Nationale Zusammenkunft), Marine Le Pen, war schnell zur Stelle, um sich hinter die Generäle zu stellen. Sie schrieb:

"Als Bürgerin und als Politikerin unterschreibe ich ihre Einschätzung und teile ihre Sorgen."

Opportunismus, sicherlich. Aber zumindest räumte sie ein, dass die Generäle nicht Unrecht haben. Das ist immerhin mehr als Verteidigungsministerin Florence Parly bereit war zu tun, die es bevorzugte, Le Pen anzugreifen, weil diese offensichtlich versuche, das Militär zu politisieren:

"Die Armee politisieren zu wollen, bedeutet, Frankreich zu schwächen. Schande über diejenigen, die aus persönlichem Interesse Frankreich schwächen. Die Armee der Republik steht im Dienst der Nation. Und niemand anderem."

Und es war nicht nur Le Pen, auf die sie mit dem Finger zeigte. Die grantigen Generäle waren das Hauptziel:

"20 verantwortungslose Generäle im Ruhestand, die nur sich selbst vertreten. Wer sind diese pensionierten Generäle, die behaupten, Frankreich zu verteidigen, wenn sie die Flammen des Hasses entfachen? Wer sind diese pensionierten Generäle, die behaupten, den 'Zerfall' Frankreichs durch die Androhung eines Bürgerkriegs zu bekämpfen?"

Die Verteidigungsministerin beschloss, den Boten zu erschlagen. Angesichts der stetig steigenden Zahl von Terroropfern und der Bemühungen der französischen Regierung, das Vertrauen der Öffentlichkeit im Umgang mit radikalem Islamismus zu gewinnen, hätte Frau Parly vielleicht einen versöhnlicheren Ansatz wählen sollen. Obwohl es einfacher ist, einen Haufen Rentner mit Geringschätzung abzuwerten, hätte vielleicht mehr über die Botschaft nachgedacht werden müssen, die diese abweisende Haltung an die Familien von Stéphanie Montfeture und Sarah Halimi sendet.

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Damian Wilson ist ein britischer Journalist, ehemaliger Redakteur der Fleet Street, Berater in der Finanzindustrie und Sonderberater für politische Kommunikation in Großbritannien und der EU.

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