Meinung

Chaos-Hauptstadt Berlin: Wie man weitere Einschränkungen als "Lockerungen" verkauft

In Corona-Zeiten ist nichts mehr so, wie es einmal war. Das stetig größer werdende Eingreifen des Staates in das Leben der Bürger ist für viele schon zur Normalität geworden. Alle Maßnahmen werden brav abgenickt. Nun zündet ausgerechnet Berlin am Mittwoch das nächste "Maßnahmenpaket".
Chaos-Hauptstadt Berlin: Wie man weitere Einschränkungen als "Lockerungen" verkauftQuelle: www.globallookpress.com © Christoph Soeder

Von Kaspar Sachse

Eines hat mittlerweile jeder verstanden: In "Zeiten der Pandemie" kann der Staat jederzeit und in einer nie gekannten Geschwindigkeit Grundrechte aussetzen und totalitär in das Leben der Menschen eingreifen, auch wenn die Begründung noch so absurd ist. 

Die Arroganz der Macht einer sich völlig von der Lebensrealität der Bundesbürger in schicken Villen oder maskenfreien Talkshows abgeschotteten Politikerkaste, verknüpft mit den gleichgeschalteten Panik-, Pardon, Qualitätsmedien und ihrer Hofberichterstattung führt zu derart grotesken Schauspielen, wie sie jetzt in Berlin in der nächsten Runde wieder zu beobachten sind. 

Am Samstag traten die Protagonisten eines rot-rot-grünen Senates zusammen, da wirkten die Beschlüsse der Bund-Länder-Konferenz schon wieder weit weg – oder können Sie sich noch daran erinnern? Dazu sind die dominanten Akteure im Senat weder sozialdemokratisch noch "linksliberal" oder "grün" in der jeweils ursprünglichen Bedeutung, die Begriffe sind größtenteils zur Fassade verkommen. Viel mehr haben diese Opportunisten als Teil der Herrschenden Gefallen am neuen, "starken", autoritären Staat und seiner hinzugewonnen enormen Machtfülle gefunden, der jeden Widerspruch nicht nur zur Corona-Politik im Keim erstickt oder wie es Katharina Witt neulich auf den Punkt brachte: "Willkommen zurück in der DDR".

Für Berlin – die Stadt, die bereits vor der Krise "wie eine sanfte Katastrophe" daherkam als "der Ort, an dem nichts funktioniert und trotzdem alles irgendwie immer weiterläuft" – wurden neue "Bestimmungen" bezüglich der "Eindämmung der Corona-Pandemie" für die gut 3,6 Millionen Einwohner, gültig ab Mittwoch, festgelegt.

Nach dem Vorbild Bayerns ist nun eine FFP2-Maskenpflicht an der Tagesordnung.

Ab Mittwoch sollen diese Masken, durch die gerade ältere Menschen schwer atmen können, die mit allerhand ungesunden Chemikalien ausgestattet und zum Teil unter zweifelhaften Arbeitsbedingungen gefertigt werden, in der Hauptstadt verpflichtend getragen werden. Und zwar überall da, wo bisher eine OP-Maske ausreichte.

Konkret also in Bussen, Bahnen, Arztpraxen, Krankenhäusern, Bibliotheken, Kultur- und Freizeiteinrichtungen und, was für den größten Teil der Bevölkerung von Bedeutung sein dürfte, im Einzelhandel. Oder anders ausgedrückt: überall und von allen.

Nachdem zahlreiche Menschen letztes Jahr Masken selbst genäht haben und sich danach mit den zumeist hellblauen "OP"-Masken eindecken mussten, sind nun also FFP2-Masken der neue Goldstandard der "Virenbekämpfung". Je nach Modell kosten sie etwa ein bis fünf Euro – Apotheker haben aus dem staatlichen Steuersäckel im Januar bei der ersten bundesweiten Maskenversandaktion sogar sechs Euro erhalten und sich dabei "dumm und dämlich verdient".

In Berlin leben etwa eine halbe Million Hartz-IV-Empfänger. Wie lange die 1,6 Millionen FFP2-Masken, die der Senat an "Bedürftige" verteilen will, dann reichen werden, kann sich jeder selbst ausrechnen. Länger als einmalig 75 Minuten sollten diese nämlich nicht getragen werden. Und der Rest der Bevölkerung? Der kann sehen, wo er bleibt, die paar Euro mehr in der Krise hat man dann auch noch über.

Die eingeschränkte Lebensqualität – versuchen Sie mal mit so einer Maske eine Stunde in der Bahn zu lesen – durch die sprichwörtlich geraubte "Luft zum Atmen" spielt sowieso schon lange keine Rolle mehr. Und nicht nur die auch vor Corona stets überforderte Berliner Müllabfuhr freut sich über immer mehr Plastikutensilien, sondern auch Fauna und Flora leiden massiv unter Verschmutzung durch den "Corona-Müll". Greta und der Zentralrat der grünen Weltretter*innen [sic!] hat sich aber bislang noch nicht dazu geäußert.

In Bayern, das im Gegensatz zu Berlin viel weitläufiger besiedelt ist, scheint die FFP2-Maskenpflicht offenbar nichts gebracht zu haben. Die 7-Tage-Inzidenzen sind derzeit im Süden sogar höher als in der Hauptstadt. Und auch in Berlin geht die Anzahl der mit oder an Corona Verstorbenen seit Wochen zurück. Bis Ende März starben laut RKI insgesamt in der Bundeshauptstadt 3.046 Menschen an oder mit COVID-19. Das entspricht bei 3,6 Millionen Einwohnern 0,085 Prozent. Davon waren es im gesamten März 2021 insgesamt 222, im Februar noch 522. Die Grippesaison ist nahezu ausgefallen. Für den Senat scheint all das jedoch keine Rolle zu spielen. 

Dazu kommt nun auch die Testpflicht als weiteres "Pandemie-Gadget". Hier sind die Vorschriften bzw. Unklarheiten noch größer als in der Maskenfrage. Beim RBBheißt es dazu:

"Zu beachten ist, dass nicht alle Testzentren auch an Sonn- und Feiertagen geöffnet haben. Apotheken zum Beispiel bieten die Bürgertests nur innerhalb ihrer Geschäftszeiten an. Alle übrigen Anbieter, auch die öffentlichen, können von Testpersonen auch an Sonn- und Feiertagen aufgesucht werden – so auch an Ostern. Die Berliner Eindämmungsverordnung definiert den Begriff 'tagesaktuell' nicht näher. Unklar bleibt damit, ob der Test am selben Tag wie der geplante Ladenbesuch oder der gebuchte Kosmetiktermin gemacht werden muss." 

Für die Wahrnehmung von Dienstleistungen und den Besuch von Geschäften gelten aber nur tagesaktuelle "PoC"-Antigen-Schnelltests, die an offiziellen Teststellen durchgeführt wurden. Für bereits Geimpfte und Menschen, die Corona überstanden haben, gilt die Testpflicht freilich auch. 

Da wird das Shoppingerlebnis demnächst zum ganz großen Event, die Läden werden sich wie in Potsdam kaum vor Kunden retten können – und bei Amazon knallen weiterhin die Sektkorken – falls die unsolidarischen und raffgierigen Angestellten nicht noch ausgerechnet vor Ostern zu streiken beginnen sollten

Grundsätzlich gilt zu den Tests zu bedenken, wie ein sachkundiger Gesundheitsminister Jens Spahn schon letzten Sommer fabulierte:

"Wir müssen jetzt aufpassen, dass wir nicht nachher durch zu umfangreiches Testen – klingt jetzt total … da muss man erst mal um zwei Ecken denken – durch zu umfangreiches Testen zu viele falsch Positive haben. Weil die Tests ja nicht 100 Prozent genau sind, sondern auch eine kleine, aber eben auch eine Fehlerquote haben. Und wenn sozusagen insgesamt das Infektionsgeschehen immer weiter runtergeht und Sie gleichzeitig das Testen auf Millionen ausweiten, dann haben Sie auf einmal viel mehr falsch Positive."

Aber frei nach Adenauer gilt nicht nur bei der CDU: "Was geht mich mein Geschwätz von gestern an?" Und auch Berlins Kultursenator Klaus Lederer, neben Michael Müller (SPD) und Ramona Popp (Grüne) einer der Hauptinitiatoren des neuen Maßnahmenkataloges, hat vermutlich vergessen, was er 2010 in den Blättern für die deutsche und internationale Politik schrieb bzw. scheint er die damals von ihn kritisierte "linke Tradition" nun fortsetzen zu wollen:

"In der neuen 'Linken' scheint die Neu- bzw. Rückbesinnung auf 'das Kollektive', 'die Massen' und ihre Gleichheit zu reüssieren, und manche glauben dabei, man könne den Freiheitsbegriff und die Individualität getrost 'den anderen' überlassen. Diese Herablassung gegenüber Individualismus und individuellen Freiheitsrechten ist eine unschöne linke Tradition."

Der Tagespiegel schafft es freilich noch, die neuen Maßnahmen als zu lasch zu kritisieren, spricht von "Michael Müllers riskanter Abkehr von der Notbremse". Und Bundeskanzlerin Merkel, die hin und wieder apokalyptische Schreckensszenarien aufzeichnet, wenn die Bürger allzu offensichtlich coronamüde sind, schoss bei Anne Will am Montag – nebenbei bemerkt eine "journalistische Kapitulationserklärung" allererster Güte – scharf gegen Müllers angebliche "Lockerungen": 

"Ich weiß jetzt wirklich nicht, ob Testen und Bummeln, wie es jetzt in Berlin heißt, die richtige Antwort auf das ist, was sich zurzeit abspielt." 

Oder anders ausgedrückt: Bei den "Maßnahmen" ist immer noch Luft nach oben. So oder so – die Berliner können sich auf zahlreiche Kontrollen, noch mehr Überwachung, Stress und Kurzatmigkeit freuen – dabei geht es doch seit einem Jahr stets um die Gesundheit der Bürger und um angeblich nichts anderes. Kultur und Gastronomie – das, was die Stadt einmal attraktiv gemacht hat – ist auch weiterhin nicht "systemrelevant". Und wenn wir aus der Krise noch etwas gelernt haben: Einmal eingeführte "Maßnahmen" verbreiten sich auch andernorts per Dominoeffekt und werden so schnell nicht wieder zurückgenommen. Dann mal frohe Ostern! 

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