Meinung

COVID-19: Massenmedien melden Hirnschäden und Infarkte – doch dafür gibt es bislang wenig Evidenz

Massenmedien veröffentlichen zunehmend Geschichten über die möglichen neurologischen Auswirkungen von COVID-19. Dies führt zur Beunruhigung der Menschen – ohne entsprechende Beweise. Doch neben den Medien tragen auch die Forscher dazu bei.
COVID-19: Massenmedien melden Hirnschäden und Infarkte – doch dafür gibt es bislang wenig EvidenzQuelle: Gettyimages.ru © Andrew Brookes

von Peter Andrews

Jeder weiß inzwischen, dass sich COVID-19 in der überwiegenden Mehrheit der Fälle als mild oder gar asymptomatisch darstellt. Doch der Guardian, der die ungehinderte Verbreitung sensibler Informationen befürchtet, hat einen beiläufigen Angriff auf die Mehrheit der Öffentlichkeit gestartet, die sehr wohl weiß, dass sie von COVID persönlich wenig zu befürchten hat. Indem sich der Guardian dabei an eine Studie aus einer Nischenzeitschrift klammert, zieht er mit Begeisterung Verbindungen zwischen leichten Fällen von COVID-19 und "schweren Hirnerkrankungen".

Die Quelle dieser Reportage – oder dieses journalistischen Mülls – ist ein einziger Forschungsartikel, der am 8. Juli in Brain veröffentlicht wurde, einer neurologischen Zeitschrift, die von der Oxford University Press herausgegeben wird, die ihrerseits eine Abteilung der Universität Oxford ist. Es handelt sich um eine recht bekannte Publikation auf diesem Gebiet, die nach der Bewertung durch SCImago Journal Rank die viertgrößte Fachzeitschrift für Neurologie ist (gemessen an den Referenzen pro Artikel erscheint sie jedoch nicht einmal unter den ersten 100).

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RT berichtete zuvor über eine ähnliche Studie an 153 Patienten mit positivem Coronatest-Befund in Großbritannien, die eine Reihe möglicher neurologischer Symptome aufwiesen. Ältere Patienten litten an Schlaganfällen, Hirnblutungen und einem demenzähnlichen Syndrom, während die jungen Patienten "veränderte psychische Zustände" wie Angst, Depression, chronische Müdigkeit und Verwirrung aufwiesen.

Ich will nicht abgedroschen klingen. Doch gehören Angst, Depression und Verwirrung nicht einfach zum Erwachsenwerden? Gibt es nicht eine Menge John-Hughes-Filme darüber? Ich erinnere mich definitiv daran, wie Molly Ringwald an einem Morgen kämpfte, um aus dem Bett zu kommen ...

Und was die Älteren betrifft: einen ehemals aktiven und lebhaften 80-Jährigen für drei Monate zu Hause (oder noch schlimmer andernorts) einzusperren, ihnen zu verbieten, ihre Familien zu sehen, und sie ständig mit fadenscheinigen Statistiken über den Tod ihrer gesamten Generation zu bombardieren – und dann nicht überrascht sein, einen Anstieg des "demenzähnlichen Syndroms" zu sehen?

Regelmäßige Bewegung und ein aktives soziales Leben sind für viele alte Menschen der beste Schutz vor den Verwüstungen des Alters – und das ist gut dokumentiert (auch in Zeitschriften wie Brain).

Neben The Guardian gibt es noch weitere, die bei diesen Geschichten mit von der Partie sind: die BBC, The Conversation und alle anderen haben lange, glänzende "Stücke zum Nachdenken" mit Schlagzeilen der Art "Wie COVID-19 das Gehirn schädigen kann" veröffentlicht. "Gedächtnisstörung" ist ein weiteres dieser neuen "COVID-19-Symptome", mit denen Diagnosen aufgeblasen werden können, wo immer sie gebraucht werden. Wie viele von Ihnen haben während dieses endlosen "Lockdowns" vergessen, welcher Wochentag heute ist? Über eine "übermedizinalisierte" Sprache sollte man hier sprechen.

Die Wissenschaftler, die hinter der Arbeit stehen, haben bereits einen Namen für diesen Ableger von COVID erfunden: "Adem" oder "Akute disseminierte Enzephalomyelitis". Sie werden noch viel mehr darüber hören, während das Virus selbst dahinschmilzt. Wie viele andere neurologische Erkrankungen kann sich Adem auf so ziemlich alles beziehen, was sie wollen. Derart vage ist die Beschreibung.

Sieh genau hin ...

Eine andere mögliche Erklärung für all diese merkwürdigen "COVID-Nebenerscheinungen", die sich jede Woche auszuweiten scheinen, ist Folgende: Wenn man sich intensiv genug auf die Suche nach etwas begibt, wird man es zwangsläufig finden. Wenn man riesige Ressourcen in Assoziationsstudien über jede Person steckt, die als COVID-Fall registriert wurde (oder glaubt, COVID gehabt zu haben), wird man alle möglichen Korrelationen aufwerfen, von denen nicht alle kausal sein werden.

Nichts davon bedeutet, dass COVID das zentrale Nervensystem nicht beeinflussen kann. Richtige Beweise, die zeigen, dass COVID-19 zu Hirnstörungen beiträgt, können sich mit der Zeit durchaus aufbauen. Aber es gibt ein Problem mit dieser Art von Wissenschaft, eine Art Ultrafokussierung auf eine Handvoll klinischer Fälle, die von weit und breit hergenommen werden und die anscheinend bereits vor Beginn der Forschung über diejenigen "Assoziationen" (Verbindungen/Zusammenhänge) entschieden hat, die sie dann im Anschluss finden wird.

Unternehmen wie die BBC und der Guardian müssen nicht zweimal aufgefordert werden, sich wie hungrige Hunde auf diese "Ergebnisse" zu stürzen. Denn die Gehirne ihrer Wissenschaftsredakteure sind fleißig dabei, neue Schlagzeilen zu erfinden, um die Massen in Angst und Schrecken zu versetzen und zu kontrollieren.

Die überwiegende Mehrheit der Beweise deutet immer noch darauf hin, dass SARS-CoV-2 ein Atemwegsvirus ist, das sich vor allem in den Lungenzellen vermehrt hat. Und wenn es um das Gehirn geht, schädigen die Beschränkungen durch die Lockdown-Maßnahmen den Verstand mit weit größerer Wahrscheinlichkeit als das Virus.

Peter Andrews ist ein irischer Wissenschaftsjournalist und Schriftsteller mit Sitz in London. Er ist diplomierter Biowissenschaftler mit Schwerpunkt Genetik.

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