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Interview zum Handelskrieg zwischen China und USA: China schädigt gezielt Trump-Unterstützer

Der Handelskrieg ist nach Meinung des Experten McCormick bereits in der ersten Phase. Dieser könnte schwerwiegende Schäden für die gesamte Weltwirtschaft nach sich ziehen. Trump zerstört die Möglichkeiten des internationalen Miteinanders, und China schädigt die Trump-Fans.
Interview zum Handelskrieg zwischen China und USA: China schädigt gezielt Trump-UnterstützerQuelle: Reuters © Jonathan Ernst

Barrett McCormick lehrt politische Studien mit dem Fokus auf chinesische Politik an der Marquette-Universität in den USA und ist häufig Gastprofessor an der Shanghai-Universität. Mit RT Deutsch sprach er über die Regierung Trumps und den drohenden Handelskrieg zwischen China und den USA. 

Wie ist die derzeitige Situation zwischen den USA und China in Bezug auf den Handelsstreit?

Der Präsident ist (im Handelsstreit) mehr auf China konzentriert als auf Europa, speziell auch über seinen Berater Peter Navarro, der darüber schrieb, wie schlecht China ist. Aber sich dem chinesischen Stahl anzunehmen, ist für Trump schwierig. Der Streit ist noch nicht eskaliert, aber ich denke, dass im Hinblick auf Trumps Egoismus und Impulsivität sowie dem chinesischen Nationalismus und Xi Jinpings Strategie - beide haben eine "Mach unser Land groß"-Kampagne - der Streit eskalieren kann und dies mit katastrophalen Folgen. 

Ich denke, dass die Trump-Regierung nicht transparent ist. Es gibt hier stets die Möglichkeit der Gefahr eines Richtungswandels. Ich würde gern mehr konsertierte Diskussionen mit Leuten aus den Wirtschaftsabteilungen sehen und einen institutionalisierten Dialog. Es scheint so, als würden sie etwa spontan am Sonntag entscheiden, am Donnerstag nach China zu reisen. Und unter den Delegierten sind Leute mit sehr unterschiedlichen Ideen darüber, was zu tun ist. Sie geben Geheimnisse preis und boykottieren sich gegenseitig. 

In mancher Hinsicht ist das vorgeschlagene Gipfeltreffen mit Kim Jong-un sehr lehrreich, und das enorme Talent der Trump-Regierung besteht darin, uns sehr enthusiastisch werden zu lassen - der Gipfel findet statt, dann wieder nicht. Einer der wesentlichen Punkte, die aber in diese Debatte fielen, ist der, wie ein Abkommen zwischen den USA und Nordkorea aussehen könnte. 

Wenn es darum geht, die wichtigste Frage auszublenden, ist Trump ein Genie. Stattdessen befinden wir uns in einer Art Reality-TV-Show. Inzwischen haben die meisten Leute im politischen Zirkel verstanden, dass sie in der Trump-Regierung nicht erfolgreich sein können. Da kann man einfach keine gute Arbeit leisten. Die Leute, die Teil der Regierung sind, sind Menschen mit sehr geringen Fähigkeiten. 

Ist es Ihrer Meinung nach richtig von einem drohenden "Handelskrieg" zwischen den USA und China zu sprechen? Oder ist das zu weit gegriffen?

Nein, das ist recht plausibel und nicht zu weit gegriffen. Wir befinden uns im frühen Stadium eines Handelskrieges. Es ist aber möglich, dass ein Ausweg gefunden und ein Handelskrieg somit abgewendet wird. Aber nach meiner Einschätzung wird sich der Handelsstreit nur verschlimmern und nicht verbessern. 

Für die chinesische Wirtschaft sind die USA sehr wichtig. Die chinesische Wirtschaft müsste sich jetzt dahingehend ändern, dass sie sich auf "consumer demand" konzentriert. Das größte Problem für die Chinesen stellen die Investitionen in die chinesische Wirtschaft dar. Vielleicht können Projekte wie die "One Belt Road" die Verluste mit den USA ausgleichen, aber das ist schwierig. Es wäre besser, sich in Richtung "consumer demand" zu konzentrieren. Das aber ist ein harter Übergang. 

Was geschah in den späten 1920er und 1930er Jahren? Es wird ähnliche Folgen wie in der Großen Depression haben. Ein Handelskrieg, der der Weltwirtschaft tiefgehenden Schaden zufügt, ist durchaus möglich. 

Wen würde ein solcher Handelskrieg in den USA am meisten treffen? 

Einige Produkte, die China mit Strafzöllen versehen wollen, werden einen regionalen Effekt (in den USA) haben, wie beispielsweise Sojabohnen und Schweinefleisch. Die Steuern auf Flugzeugteile könnten sich wiederum gut für den europäischen Hersteller Airbus auswirken. Vielleicht wird sich hieraus auch ein chinesischer Produzent entwickeln. Die Steuern auf Flugzeugteile würden sich schlecht auf die Region Seattle auswirken. Die größten Verlierer aber werden die amerikanischen Automobilhersteller und Arbeiter sein. Sie werden ihre Autos nicht verkaufen können, diese werden (durch die hohen Kosten der chinesischen Zulieferer) zu teuer. 

Wie stellt die chinesische Presse Trump dar? 

Auf eine Art ist die chinesische Presse, denke ich, viel moderater als die amerikanische. Ich denke, der chinesische Standard ist, dass man in China viel respektvoller mit den Regierungsführern anderer Länder umgeht. Also ist er (Trump) in der chinesischen Presse nicht so sehr von Skandalen umwoben.

Die Chinesen verfolgen einen nationalistischen Narrativ, in dem die westlichen Mächte lernen müssen, China zu respektieren, neu zu denken und ihre Ansichten zu überwinden. Da passt Donald Trump sehr gut hinein. China kann sich als stark präsentieren und sich dem ausländischen Aggressor entgegenstellen. 

Unterscheidet sich die Ansicht der chinesischen Bevölkerung, wenn es um Trump und die USA geht? 

Die Beziehung zur chinesischen Regierung ist keineswegs so wie in Deutschland oder den USA. Es ist also möglich, dass es latente und unausgesprochene Ansichten gibt. Das ist typisch für China. Was wir aber feststellen können, ist, dass es eine beträchtlich große chinesische Öffentlichkeit gibt, die Präsident Xi sehr unterstützt.

China droht mit Vergeltungsmaßnahmen in Falle von amerikanischen Strafzöllen auf chinesische Importe. Auch Brüssel hat eine Liste mit amerikanischen Produkten vorbereitet, die es mit Zöllen versehen könnte. Was wäre ein Szenario eines Handelskriegs? 

Die chinesische Regierung ist weniger mit Verfahren und Gesetzen belegt, wie Donald Trump es ist, sie kann schneller reagieren und effektiver zurückschlagen. Trumps Erfolg ist, was die rechten Medien über ihn schreiben. Wenn er etwas tut und sie darauf antworten, dass Donald Trump sich für das Land einsetzt und es wieder großartig macht, ist das ein Erfolg.

Ich denke, dass die chinesische Regierung sehr gut über die Art der Gegenmaßnahmen nachgeforscht hat, die sie einführen würde. Diese richten sich vor allem auch gegen Menschen, die Trump-Fans sind. Die Sojabohnen, die China ins Visier genommen hat, stammen aus den ländlichen Gebieten, also aus Trump-Unterstützerregionen. Die Bauern-Vereinigungen verstehen, dass es sich wirklich um unglückliche Entwicklungen handelt. Aber ich glaube, dass viele seiner Unterstützer eher eine Stammesidentität haben, für die ist er sehr erfolgreich darin, ein strenger Anführer zu sein - auch wenn dies entgegen der wirtschaftlichen Interessen steht.  

Nach deutschen Einschätzungen werden die höheren Steuern auf Stahl und Aluminium nicht so großen Schaden auf die deutsche Wirtschaft haben wie eine mögliche Erhöhung von Exportsteuern auf deutsche Autos in die USA. 

Steuern auf Stahl- und Aluminium-Importe werden die US-Wirtschaft treffen. Dadurch würden sich auch amerikanische Autos im Vergleich zu deutschen Autos verteuern. Was aber wäre das Resultat, wenn sich die Amerikaner keine BMWs mehr leisten können? Trump ist sehr gut darin, neue Empörung zu stiften und jeden Tag neue explosive Meldungen zu verbreiten. Da ist es sehr schwer, den Blick auf die tatsächlichen Geschehnisse zu behalten. 

Trump hat immer wieder Kritik am chinesischen Umgang mit dem geistigen Eigentum geübt. Und begründet auch hiermit die höheren Zölle. 

Die Chinesen haben auf verschiedenste Weise geistiges Eigentum gesammelt. Die Cyber-Spionage hat enorm zugenommen. Gegen Ende der Obama-Präsidentschaft gab es eine Vereinbarung mit Xi, um dieses Problem anzugehen. Es ist aber sehr deutlich, dass die chinesische Regierung die Politik verfolgt, geistiges Eigentum so schnell wie möglich zu sammeln.

Für viele Amerikaner ist es ein Schock, dass die Chinesen auch im Bereich künstlicher Intelligenz entwickeln. Bei einigen wichtigen Technologien sind die Chinesen sehr gut. Einige der Sachen, die Trump unternimmt, um diese Entwicklung aufzuhalten, sind kontraproduktiv, wie es den Chinesen zu erschweren Visas für die USA zu bekommen. Das ist ein echtes Problem.

Trump scheint keine Strategie zu haben, die wirklich greift. Die amerikanische Mittelklasse hat sehr gelitten. Die europäischen Firmen sind viel besser bei der Ausbildung der Arbeiter. Wenn man eine freie Marktwirtschaft hat und die Industrie unter dem Handel gelitten hat und man den Arbeitern nicht hilft, sich anzupassen, wie es in den USA geschehen ist, dann hilft dies einer Person wie Trump, die die Quelle der Wut anpeilt. 

Zu wenig wurde unternommen, um den Menschen zu helfen, die Kosten des Welthandels zu überwinden. Aber gerade diejenigen, die durch den Welthandel am schlimmsten verletzt wurden, scheinen ein festes Vertrauen in Menschen wie Donald Trump zu haben. 

Was muss jetzt zwischen China und den USA passieren? 

Ich fühle mich immer wieder an den Ersten Weltkrieg erinnert und darüber, wie es zu einem Krieg gekommen ist, von dem ich glaube, dass ihn niemand wollte. Wir nähern uns einer ähnlichen Situation an, in der die Staats- und Regierungschefs Maßnahmen eingeleitet haben, die Konsequenzen haben könnten, die nicht mehr kontrollierbar sind. 

Aber ich versuche, mich damit zu trösten, dass Trump inkompetent, inkonsequent und unberechenbar ist, und diese drei Dinge machen es nicht vorhersehbar, wohin wir gehen. Sein grundlegender Impuls führt uns in eine gefährliche Richtung. 

Die USA forderten von China, zum Jubiläum des Aufstands vom Tiananmen-Platz in Peking, die Herausgabe der genauen Opferzahl und zeigten mit dem Finger auf Peking. 

Die Ereignisse rund um Tiananmen ist ein Moment, an den wir uns erinnern müssen, es war ein Moment, an dem sich die chinesische Politik und chinesische Wirtschaft hätte in eine andere Richtung entwickeln können, damit die Chinesen mehr persönliche und wirtschaftliche Rechte erhalten und die Errungenschaften gerechter verteilt werden. Es ist nicht unvernünftig, an diesen Moment der chinesischen Geschichte zu erinnern. 

Donald Trump bereitet den Chinesen Möglichkeiten auf, der Welt freundlicher zu erscheinen und an Macht und Reichtum zu gewinnen, wie auch im Iran. Eine Welt, wie sie die chinesische Regierung versucht zu erschaffen, ist nicht die Welt, in der manche von uns leben wollen. Trump trägt seinen Teil dazu bei und zerstört die Möglichkeiten der Kollaboration und Solidarität zwischen den Ländern - fern von Demokratie, Gesetz und Menschenrechten. Die USA sind viel schwächer und weniger einflussreich unter Trump, als sie es je gewesen sind. 

Wir bedanken uns für das Interview

Das Interview führte RT-Deutsch-Redakteurin Olga Banach. 

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