Analyse aus den USA: Pharmakonzerne erhöhten Arzneimittelpreise 2022 um mehr als das Tausendfache
Die US-Pharmaindustrie hat die Arzneimittelpreise in diesem Jahr um das 1.186-Fache erhöht. Dies geht aus einer Analyse der US-Organisation "Patients for Affordable Drugs" (zu Deutsch: Patienten für erschwingliche Arzneimittel) hervor. Dabei handelt es sich um eine Interessengruppe, die sich für eine Deckelung der Preise für verschreibungspflichtige Medikamente einsetzt. Die Organisation veröffentlichte ihre Analyse am Mittwoch.
Trotz Rekordgewinnen haben die Pharmaunternehmen allein zwischen dem 24. Juni und dem 5. Juli dieses Jahres die Preise für 133 Produkte erhöht, so die Gruppe, die zugleich darauf verwies, dass der durchschnittliche Preisanstieg für 2022 bei fünf Prozent lag. Allein im Juli hätten demnach 64 Arzneimittelhersteller ihre Preise erhöht.
Auch bei Unternehmen wie dem US-Pharmariesen Pfizer, der mit seinem COVID-19-Impfstoff noch nie dagewesene Gewinne eingefahren hat, seien laut "Patients for Affordable Drugs" dennoch Preise für andere Medikamente weiter in die Höhe gegangen. So habe zum Beispiel allein das Leukämie-Medikament "Besponsa" von Pfizer seit Beginn der COVID-19-Pandemie vier Preiserhöhungen erfahren und kostet jetzt 21.056 Dollar pro Ampulle.
Ein anderer Konzern, Amgen, hat seinen Preis für das Präparat Enbrel, das zur Behandlung von Autoimmunerkrankungen eingesetzt wird, seit dem Erwerb der Rechte an dem Medikament im Jahr 2002 so oft und so stark erhöht, dass dieser Anstieg sogar über der rekordverdächtigen Inflationsrate in den USA liegt. Zwischen der Übernahme und 2020 erhöhte Amgen den Preis des Medikaments 27 Mal, bis es schließlich 5.554,96 US-Dollar pro Monat kostete, was eine Steigerung von 457 Prozent gegenüber dem ursprünglichen Preis darstellt. Allein in diesem Jahr erfolgten zwei weitere Erhöhungen, obwohl ein Ausschuss des US-Repräsentantenhauses im Jahr 2020 die Preisgestaltung von Amgen untersucht und die Praktiken des Arzneimittelherstellers scharf verurteilt hatte.
Der Gründer von "Patients for Affordable Drugs", David Mitchell, wies darauf hin, dass die US-Bürger durch die wirtschaftliche Flaute im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie noch darum kämpften, über die Runden zu kommen. Derweil würde die Pharmabranche damit fortfahren, "die Arzneimittelpreise ohne Rücksicht auf die Gesundheit und das finanzielle Wohlergehen der Amerikaner zu erhöhen". Mitchell wies darauf hin, dass die Deckelung der Kosten für verschreibungspflichtige Medikamente im gesamten politischen Spektrum breite Unterstützung genieße, und warf die Frage auf, warum allerdings bisher nichts unternommen worden sei.
Zwar haben die Demokraten im US-Senat Anfang dieses Monats einen Gesetzentwurf eingebracht, der die staatliche Krankenversicherung Medicare zu Preisverhandlungen mit Pharmaunternehmen verpflichten würde. Doch Kritiker haben bereits darauf hingewiesen, dass das Gesetz nur für diejenigen gilt, die im Medicare-Programm der Regierung eingetragen sind. Angesichts der Tatsache, dass 2020 nur 18,4 Prozent der US-Amerikaner bei Medicare versichert waren, bleibt der Großteil der Arzneimittelverbraucher ohne jegliche Möglichkeit, ihre eigenen Rezeptkosten zu drücken.
Die Gesetzesvorlage könnte auch die Arzneimittelhersteller dazu verleiten, ihre neuen Produkte noch teurer zu machen, da die Unternehmen erst dann über die Preise verhandeln müssen, wenn das Medikament bereits seit mindestens sieben Jahren auf dem Markt ist.
Fast die Hälfte der neuen verschreibungspflichtigen Markenpräparate wird mit einem Jahrespreis von 150.000 Dollar oder mehr auf den Markt gebracht, heißt es in einem Artikel, der letzten Monat im Journal of the American Medical Association veröffentlicht wurde. Die Autoren stellten außerdem fest, dass die neu eingeführten verschreibungspflichtigen Arzneimittel zwischen 2008 und 2021 Jahr für Jahr jeweils 20 Prozent mehr kosteten.
Die Vereinigten Staaten haben das teuerste Gesundheitswesen der Welt, obwohl die Behandlungsergebnisse im Vergleich zu allen anderen Industrieländern schlechter sind. Die Lebenserwartung der US-Amerikaner ist niedriger als die aller anderen Industrienationen, obwohl die Ärzte in den USA besser bezahlt werden als in anderen Industrieländern.
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