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USA beschuldigen Russland, in der Ukraine Kriegsverbrechen begangen zu haben – zu Recht?

Die USA beschuldigen Russland, in der Ukraine Kriegsverbrechen zu begehen. Dabei sind die Beweise, die sie dafür vorlegen, mehr als zweifelhaft. Washington verlangt, dass Moskau sich vor dem Internationalen Strafgerichtshof verantwortet, obwohl die USA dieses Gericht selbst nicht anerkennen.
USA beschuldigen Russland, in der Ukraine Kriegsverbrechen begangen zu haben – zu Recht?Quelle: www.globallookpress.com © Maximilian Clarke/Keystone Press Agency

Wie das Portal CNBC heute meldet, beschuldigen die USA Russland offiziell, in der Ukraine Kriegsverbrechen zu begehen beziehungsweise begangen zu haben. Demzufolge gab Außenminister Antony Blinken am Mittwoch bekannt, dass die Regierung der Vereinigten Staaten der Ansicht sei, dass Russland in der Ukraine Kriegsverbrechen begangen hat und strafrechtlich dafür zur Verantwortung gezogen werden sollte.

Behauptungen des US-Außenministers

Dem Portal zufolge wies Blinken erneut auf die angebliche Brutalität des russischen Vorgehens in der Stadt Mariupol hin und verglich sie mit ähnlichen russischen Offensiven in Grosny im zweiten Tschetschenienkrieg und Aleppo während des syrischen Bürgerkriegs.

"Die russischen Streitkräfte haben Wohnhäuser, Schulen, Krankenhäuser, kritische Infrastruktur, zivile Fahrzeuge, Einkaufszentren und Krankenwagen zerstört, wobei Tausende unschuldiger Zivilisten getötet oder verwundet wurden",

behauptete Blinken. Viele der von den russischen Streitkräften getroffenen Gebäude seien "eindeutig als von Zivilisten genutzte Gebäude erkennbar" gewesen, meinte Blinken und führte als Beispiele die häufig erwähnte Bombardierung des Gebäudes einer früheren Entbindungsklinik in Mariupol und eines Theaters an, auf dem "in großen, vom Himmel aus sichtbaren Buchstaben" auf Russisch das Wort "Kinder" zu lesen gewesen sei.

Die Einschätzung der USA beruhe auf öffentlich zugänglichen Informationen und nachrichtendienstlichen Quellen, erläuterte Blinken. Während der Erklärung des Außenministers war Präsident Joe Biden bereits auf dem Weg zum G7-Gipfel, der in dieser Woche in Brüssel stattfindet.

USA setzen auf ein Gericht, dem sie selbst wohlweislich nicht angehören

Blinken vertrat die Ansicht, dass die Frage nach der Schuld oder Unschuld Russlands letztlich vor Gericht geklärt werden müsse. Auch wenn er ihn nicht namentlich erwähnte, ist der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) traditionell für Fälle mutmaßlicher Kriegsverbrechen zuständig.

Die Vereinigten Staaten sind allerdings selbst nicht Mitglied des IStGH. Der Gerichtshof wurde 2002 gegründet, um internationale Kriegsverbrechen, Völkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu verfolgen. Zum Zeitpunkt seiner Gründung führten die USA den Krieg in Afghanistan und bereiteten die Invasion im Irak vor.

Die Entscheidung, diese Einschätzung jetzt zu veröffentlichen, dürfte kaum zufällig erfolgt sein. Das Weiße Haus hat wochenlang eine lange Liste sogenannter "Deliverables" – fertiger Vorschläge – vorbereitet, die Biden zu den Brüsseler Gipfeltreffen mitbringen soll – konkrete Maßnahmen, Positionen und Verpflichtungen der USA, um Amerikas "unerschütterliche Loyalität zur NATO" und seine Unterstützung der Ukraine zu demonstrieren.

Gefärbte Berichterstattung von CNBC

Bemerkenswert an der CNBC-Meldung erscheint aber weniger der abschließende, erklärende Absatz, der das russische militärische Vorgehen in der Ukraine – wie üblich – als "brutal" und "unprovoziert" beschreibt. Zudem wird eines der russischen Kriegsziele als bloß "falscher Vorwand" hingestellt: Die Ukraine entnazifizieren zu wollen, sei besonders zynisch, wenn man bedenke, dass die Ukraine von einem "geliebten Präsidenten", Wladimir Selenskij, "geführt" werde, "der selbst ein jüdischer Nachkomme von Holocaust-Überlebenden ist". CNBC blendet dabei die Geschichte des Putsches in der Ukraine in den Jahren 2013/ 14 und die bestimmende Rolle der ultranationalistischen und faschistischen Parteien und extremistischen Formationen vollständig aus, die sie für den Regimewechsel vor acht Jahren gespielt haben und die sie seither in der ukrainischen Politik spielen.

Pikanterweise illustriert CNBC seine Meldung mit Bildern aus Mariupol, die teilweise sogar vom faschistischen Asow-Regiment stammen. In einer früheren Version des Artikels dienten Bilder des Kiewer Einkaufszentrums "Retroville" dem vermeintlichen Nachweis russischer Kriegsverbrechen. Doch inzwischen ist anhand umfangreichen Videomaterials evident, dass der Gebäudekomplex in Kiew zweckentfremdet und vom Militär und/ oder nationalistischen Formationen genutzt wurde. Anders sind die gewaltigen Explosionen und Zerstörungen nach dem russischen Raketenangriff kaum zu erklären: Das Einkaufszentrum war inzwischen wahrscheinlich als Munitionslager genutzt worden.

Ebenso konnten mittlerweile mehrere detaillierte Analysen der Videos von angeblichen Angriffen auf die Geburtsklinik in Mariupol belegen, dass die Aufnahmen gestellt waren und erst nach der Verlegung der Klinik entstanden. In der Zwischenzeit hatten nationalistische Formationen die Klinikgebäude als Schutz für ihre Stellungen requiriert.

Mehr zum Thema - Häuserkampf in Mariupol: Menschen harren in Treppenhäusern aus, während geschossen wird (Video)

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Auf beiden Seiten des Konfliktes sind zahlreiche Soldaten und Zivilisten getötet worden. Moskau und Kiew haben sich gegenseitig verschiedener Kriegsverbrechen beschuldigt. Tausende Ukrainer sind mittlerweile aus ihrer Heimat geflohen.