Corona-Regeln spalten die Gesellschaft in Sydney
Früh reagierte man in Australien auf die COVID-19-Pandemie mit strikten Einreiseverboten sowie Restriktionen und konnte so den Kontinent für einen gewissen Zeitraum vor hohen Zahlen Corona-Infizierter bewahren. Aufgrund des unvermeidlichen Einsickerns der Delta-Variante häufen sich jedoch nun die Fälle, sodass mit neuen Lockdowns versucht wurde, das Pandemiegeschehen wieder in den Griff zu bekommen.
Ende Juni wurden im Bundesstaat New South Wales und in der Millionenmetropole Sydney strenge Regeln eingeführt, die bislang aber nicht bewirkten, den Landesteil vor der bislang schwersten Welle seit Beginn der Pandemie zu schützen. Zudem sind von den Einschränkungen im öffentlichen Leben nicht alle Bewohner gleichermaßen betroffen, da besonders der Westen, wo das höchste Aufkommen positiv getesteter Personen zu verzeichnen ist, von Polizei und Militär am strengsten kontrolliert wird.
Hier lebt aber auch die größte Gemeinschaft aus dem Ausland zugezogener Menschen, denen neben den entstehenden Lockdown-Problemen die Ungleichbehandlung gegenüber den wohlhabenderen Stadtbewohnern im Ostteil von Sydney ohnehin große Sorgen bereitet. Man sähe Fotos und Videos aus Sydneys östlichem Außenbezirk Bondi Beach, wo sich Menschen am Strand befänden, während die Straßen im Westteil absolut leer gefegt seien, bemerkt der Stadtrat Bilal El-Hayek, der aktuell die meiste Zeit des Tages damit beschäftigt ist, gespendetes Essen an Menschen zu verteilen, die keinen Anspruch auf pandemiebedingte Unterstützung haben.
Australiens größte Metropole versucht angestrengt, den bislang schlimmsten Ausbruch in der Krise zu überstehen, doch die härteren Regeln und strengeren Bemühungen seitens Polizei und Militär in den am stärksten betroffenen Regionen lösen besonders bei den schwächsten Bevölkerungsgruppen großen Unmut aus. Seit die Delta-Variante durch einen Flughafenfahrer in Bondi ankam, ist dieses Gefühl besonders spürbar.
Obwohl sich die gesamte Stadt an Australiens Ostküste im Lockdown befindet, wird nur 1,8 Millionen der circa fünf Millionen Einwohner untersagt, ihre unmittelbare Umgebung im Westen der Stadt zu verlassen und ihrer regulären Arbeit nachzugehen. Dort lebende Beschäftigte mit einer Ausnahmegenehmigung müssen sich alle drei Tage testen lassen. Sobald die Wohnung verlassen wird, besteht die Pflicht, eine Maske zu tragen.
In den anderen Stadtteilen blieben dagegen Bauarbeiten und Instandhaltungsarbeiten erlaubt, es gibt weniger Einschränkungen der Bewegungsfreiheit und außerhalb von Gebäuden besteht nicht einmal eine Maskenpflicht. Selbst Schulen, die im Juni geschlossen wurden, bleiben einzig im Westteil Sydneys weiterhin geschlossen, während sie in den übrigen Stadtteilen wieder öffnen können.
Die Gemeinschaften von Flüchtlingen, die sich vor über 40 Jahren ansiedelten, fühlten sich daher von den ungleichen Reglements ins Visier genommen, berichtet Elfa Moraitakis, die sich als Vorstandsvorsitzende von SydWest Refugees der Alterspflege und den Ansiedlungsdiensten für Flüchtlinge verschrieben hat. Viele der aus Syrien und dem Irak zugezogenen Nutzer der Organisation hegen aufgrund der Polizei- und Militärpräsenz zunehmend Zweifel.
"Es fühlt sich für sie wie ein Schock an, glaubten sie sich in einem freien Land angekommen, doch nun sehen sie sich den gleichen Umständen wie in ihren Heimatländern gegenüber", sagt Mervat Altarazi.
Manche äußerten gegenüber der palästinensischen Geflüchteten, die ebenfalls für SydWest arbeitet, dass sie nicht das Virus seien, was viel über die allgemeine Stimmung aussagt.
Die Polizei von New South Wales wollte auf Nachfrage bezüglich der Umstände keine Stellungnahme abgeben, doch erklärte man öffentlich, dass die 300 Mitarbeiter der Streitkräfte im Umgang mit der Bevölkerung geschult und noch dazu unbewaffnet wären, wenn sie bei der "Überprüfung der Einhaltung der Vorschriften" helfen.
Ein ehemaliger Bundesbeauftragter für Rassendiskriminierung, Tim Soutphommasane, warnt davor, dass die falsche Herangehensweise das soziale Gefüge im Westen Sydneys für Jahre untergraben könne. Für ihn stelle das westliche Stadtgebiet bislang das Herzstück eines multikulturellen Australiens dar. Insgesamt haben die verschärften Lockdown-Maßnahmen einen ökonomischen Einschlag hinterlassen, von dem die australische Bundesregierung – die sich selbst den schlechtesten Umfragewerten seit Jahren gegenübersieht – sagt, dass er zu einer zweiten Rezession innerhalb zweier Jahre führen könne.
Allein der Westteil, wo in einigen Vororten drei Viertel der Einwohner aus dem Ausland stammen, trug in der Vergangenheit nach Angaben des Industrieverbandes Business Western Sydney etwa 7 Prozent zur nationalen Wirtschaft von 1,6 Billionen australischen Dollar bei. Wichtige Logistik- und Produktionszentren befinden sich ebenfalls in den Gebieten. Vor dem Lockdown pendelten täglich drei Viertel der etwa eine Million dort lebenden Beschäftigen in andere Stadteile, von denen sich viele jetzt erstmals damit konfrontiert sehen, anstatt eines eigenen Gehaltes Wohlfahrtsspenden entgegennehmen zu müssen.
800.000 Bauarbeitern aus dem Westen möchte die Regierung des Bundesstaates zwar wieder genehmigen, zurück auf ihre Baustellen gehen zu dürfen, jedoch sei dies nur nach einer vollständigen Impfung vorstellbar. Zu der Problematik gesellt sich noch der Umstand, dass aufgrund von Lieferengpässen und veränderten Empfehlungen für Menschen jünger als 40 Jahre gerade erst ein Sechstel dieser Australier beide benötigten Impfungen erhalten hat.
Das Baugewerbe ist nach einem Boom innerhalb der ersten zwanzig Monate der Pandemie nun ebenfalls stark eingebrochen, so dass Hersteller von Ziegelsteinen bereits zwei Fabriken stilllegen mussten. Restaurants, die derzeit ihre Speisen nur "außer Haus" anbieten dürfen, spüren im Westen Sydneys die Auswirkungen der eingeschränkten Bewegungsfreiheit an den weggebrochenen Einnahmen ebenfalls stark, während man skeptisch in den Ostteil blickt.
"Eine Regel gilt im Westen, eine andere Regel im Osten", sagt Abdul Eldick, der zwölf Jahre lang ein libanesisches Restaurant führte.
Er brauche nicht das Geld des Staates. Er könne sein eigenes Geld verdienen, wenn man ihm nur sein Geschäft erlauben würde.
Einer Arbeit nachzugehen könnte in Zukunft jedoch in ganz Australien an eine Impfung gegen das Coronavirus gebunden sein. Premierminister Scott Morrisson gab am heutigen Dienstag – trotz datenschutzrechtlicher Bedenken – neue Leitlinien für Unternehmen bekannt, die es Unternehmern erlauben, den Impfstatus der Angestellten zu erfragen. So erhielten die Unternehmen die Option "Angestellte von ihren Aufgaben fernzuhalten, wenn diese mit Kunden zu tun haben oder mit anderen interagieren, und so das Risiko zu verringern, dass diejenigen, die nicht geimpft sind, COVID-19 am Arbeitsplatz verbreiten", schreibt die Zeitung Sydney Morning Herald.
Als Impfpflicht für Arbeitnehmer könne dieser Umstand aber aus Regierungssicht nicht verstanden werden. Morrison betonte, dass das Impfprogramm in Australien kostenlos und nicht obligatorisch sei, was einen wichtigen Grundsatz darstelle.
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