Afghanistan-Konflikt: Türkei warnt vor weiterer Flüchtlingskrise
Die türkische Regierung hat ein US-amerikanisches Programm zur Hilfe für afghanische Mitarbeiter in dem Land scharf kritisiert. Zugleich warnte sie vor einer "Migrationskrise", wie AP berichtet. Hintergrund ist die Ankündigung der Biden-Regierung, Tausende weitere Afghanen aufzunehmen, die während des rund 20 Jahre langen Militäreinsatzes für die US-Besatzer gearbeitet hatten.
Das türkische Außenministerium bezeichnete das Vorgehen der USA als "unverantwortlich". Die US-Regierung hatte angekündigt, dass Afghanen zunächst aus eigener Kraft das Land verlassen müssen. Für mindestens zwölf Monate müssten sie in einem Drittstaat unterkommen, während ihr Antrag auf Umsiedelung bearbeitet wird.
Der Sprecher des türkischen Außenministeriums, Tanju Bilgic, sagte am Mittwoch, die US-Erklärung habe die Türkei als Bewerbungsort "ohne Rücksprache" vorgeschlagen. Das türkische Außenministerium erklärte dazu, die Türkei habe "nicht die Kapazitäten, eine neue Migrationskrise im Namen eines Drittlandes zu bewältigen". Das US-Programm werde für eine neue "große Migrationskrise" in der Türkei sorgen und das Leid der Afghanen auf den Migrationsrouten verstärken, teilte das türkische Außenministerium mit.
In Afghanistan weiten sich die Kämpfe zwischen den Taliban und den Kräften der Regierung in Kabul weiter aus. Die Zahl der afghanischen Asylbewerber hat in letzter Zeit rasch zugenommen. Der afghanische Präsident Ashraf Ghani machte vor Kurzem den schnellen Abzug der US-Truppen für die desolate Sicherheitslage im Land verantwortlich. Der US-Abzug aus Afghanistan glich einer Flucht. Erst am Dienstag explodierte eine Autobombe vor dem Haus des Verteidigungsministers in Kabul. Das Haus steht nahe der Grünen Zone, jenem Teil der Hauptstadt, der als "sicher" galt. Die Taliban übernahmen die Verantwortung für den Angriff.
In der Türkei leben bereits rund 3,7 Millionen Flüchtlinge aus Syrien, hinzu kommen den Berichten zufolge bis zu eine halbe Million Afghanen sowie Migranten aus anderen Ländern.
Das Vorrücken der Taliban hat nun auch Folgen für Europa. Die afghanischen Behörden haben der Schweiz Anfang Juli mitgeteilt, dass begleitete Rückführungen von abgewiesenen Asylbewerbern vorderhand bis zum Oktober aufgeschoben werden sollen, berichtet NZZ. Nach den Taliban-Angriffen in Kabul brach die Bundesregierung die Abschiebung von sechs Afghanen ab. Österreich musste auch diese Woche die Abschiebung eines abgewiesenen afghanischen Asylbewerbers stoppen, weil der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg intervenierte.
Zugleich verstärkt Österreich die Überwachung seiner Grenze, da wieder mehr Flüchtlinge über Ungarn ins Land einreisen. Es kommen immer mehr Menschen als illegale Migranten über den Balkan nach Österreich. Erinnerungen an die Flüchtlingskrise 2015 werden wach. Es gibt zurzeit aber Berichten zufolge noch keinen neuen Trend zu massiver Migration aus Afghanistan in die Türkei.
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