Deutschland

Russland im Koalitionsvertrag: Neuer Wein in alten Schläuchen

Die neue Bundesregierung reicht Russland die Hand und schlägt erneut engere Zusammenarbeit vor. Am alten Konzept, wonach Russland in der Ukraine die europäische Friedensordnung gefährde, wurde allerdings nichts geändert. Im Koalitionsvertrag wird auch die Treue gegenüber den USA erneut bekräftigt.
Russland im Koalitionsvertrag: Neuer Wein in alten SchläuchenQuelle: Reuters

Im Koalitionsvertrag, auf den sich Union und SPD geeinigt haben, findet sich auch eine längere Passage zur geplanten Russland-Politik. Darin heißt es: “Deutschland hat ein nachdrückliches Interesse an guten Beziehungen zu Russland.”  Im wirtschaftlichen Austausch bestehe "ein großes Potenzial".

Allerdings bedauere man die derzeitige russische Politik, die mit der "völkerrechtswidrigen Krim-Annexion und dem Eingreifen im Osten der Ukraine einen erheblichen Rückschritt" bedeute. Auch zu einem Abbau der Sanktionen gegen Russland nehmen die Parteien Stellung:

Bei der Umsetzung der Minsker Vereinbarungen, sind wir zu einem Abbau der Sanktionen bereit und werden darüber einen Dialog mit unseren europäischen Partnern führen“.

Besonders bemerkenswert ist allerdings das Bekenntnis zur Vision eines gemeinsamen Wirtschaftsraums von Lissabon bis Wladiwostok, "von der beide Seiten und ganz Europa profitieren könnten"

"Ziel unserer Politik gegenüber Russland bleibt eine Rückkehr zu gegenseitigem Vertrauen und friedlichem, auf Interessenausgleich basierenden Beziehungen, die wieder eine enge Partnerschaft ermöglichen", fasst das Papier zusammen und setzt damit weiterhin auf „zivilgesellschaftliche Zusammenarbeit" mit den Ländern der sogenannten „östlichen Partnerschaft“.

Das Vorhaben wurde mit Wollwollen in deutschen Wirtschaftskreisen aufgenommen. So lobte das IHK ausdrücklich das Festhalten der künftigen Regierung auf dem gemeinsamen Wirtschaftsraum von Lissabon bis Wladiwostok – eine Idee, die auf das Konzept des "gemeinsamen europäischen Hauses" des ersten und letzten Präsidenten der UdSSR Michail Gorbatschow zurückgeht.  

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Nicht so bei den bekennenden Transatlantikern von Die Welt. Das Blatt wirft der Koalition vor "das strategische Konzept des Kremls" übernommen zu haben. Es ginge originär um den wirtschaftlichen und politischen Raum von Vancouver bis Wladiwostok, schreibt Richard Herzinger. Ziel Putins sei aber einen Keil zwischen Europa und den Vereinigten Staaten zu treiben. Für ihn trage das Papier eindeutig "sozialdemokratische Handschrift".

Die russischen Experten sehen hingegen die Regierungsbeteiligung der Sozialdemokraten nicht so bedeutend für die allgemeine deutsche Außenpolitik. Sie würden die Beschlussfassung nicht beeinflussen können, sagt der Politologe Wladimir Brüter dem russischen Internetportal gazeta.ru. Die Richtung werde künftig nach wie vor von der Bundeskanzlerin vorgegeben, die in der Regierung traditionell eine russlandskeptische Linie vertritt. Nichtsdestotrotz, ihr Vorteil bestünde darin, dass alle wissen, was man wann von ihr erwarten kann, so Brüter.

Der verteidigungspolitische Sprecher der Partei Die Linke Alexander Neu sieht im Hinblick auf die alten Passagen zu Minsk II und der Krim, keinen Fortschritt in der Russlandpolitik. Zwar schlage die Bundesregierung nun neue Töne gegenüber den USA, denen sie erneut die Bündnistreue bestätigt hat,  sieht diese aber zunehmend als Konkurrenten an. Sie werde aber auch unter der neuen alten Koalition "Gewehr bei Fuß bei den Amerikanern" stehen, wie sie unter Steinmeier und Gabriel als Außenminister trotz ihrer Kontaktpflege zu Russland gestanden hatten, so Neu im Interview mit Radiosputnik.

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