"Grün", aber sicher? Robert Habeck und die teure Gasversorgung
Der von den Grünen gestellte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hat die Bürger wieder einmal auf steigende Energiepreise eingestimmt. In einem Interview im Deutschlandfunk behauptet er, die Gasversorgung sei ungeachtet gefährlich leergepumpter Speicher sicher. Auch um die Versorgung mit Kohle und Öl brauche man sich keine größeren Sorgen machen: "Dafür haben wir Vorsorge getroffen."
"Verkraftbares Niveau"
Der Minister geht davon aus, dass sich der Gaspreis auf "höherem, aber verkraftbaren Niveau einpendeln" werde. Was immer "verkraftbar" heißen mag – und für wen. Die Bundesregierung werde für Verbraucher und Unternehmen kurzfristig für finanzielle Erleichterungen sorgen. Habeck stellte die Abschaffung der EEG-Umlage sowie Entlastungen über die Sozial- und Steuerpolitik in Aussicht.
Nach der Anerkennung der Volksrepubliken Donezk und Lugansk durch Russland hatte die Europäische Union sich auf die Verhängung einer Reihe von Finanzsanktionen geeinigt, die sich gegen Russland und Repräsentanten der Donbass-Republiken richten und die heute in Kraft getreten sind.
Das vorläufige Aus für die Erdgas-Pipeline Nord Stream 2 habe mit diesen jüngsten EU-Sanktionen jedoch nichts zu tun, betonte Habeck. Beide Vorgänge müssten getrennt betrachtet werden.
Vielmehr stünde eine neue Prüfung an, inwiefern eine Zulassung der Gasleitung und die mit ihr einhergehende "Bündelung der gesamten Gaskapazität in der Ostsee" die Versorgungssicherheit gefährde und Deutschland beziehungsweise die EU ("Europa") geostrategisch verletzbarer mache. Die Versorgung mit Energieträgern stelle sich als sicherheitspolitische Frage dar, behauptete Habeck.
Spekulation
Zwar könne in nächster Zeit "der Markt unruhig werden". Doch hänge das "auch mit der Spekulation" zusammen. Die außenpolitische Situation sei eben "instabil". Daher steige die Nachfrage und auch der Preis. Allerdings, glaubt Habeck, könne sich die Lage "aber auch schnell wieder beruhigen", schließlich gehe der Winter seinem Ende entgegen. Habeck vertrat die Ansicht, andere Länder und Kontinente hätten "weitaus besser und umsichtiger" als Deutschland Vorsorge getroffen. Nun würde aber wieder "mehr Gas auf den Markt" kommen und der Preis sinken. Gleichwohl sei "mit turbulenten Tagen" zu rechnen. Der Gaspreis werde sich dann
"auf einem höheren Niveau als vor dem Winter, aber auf einem Niveau, das verkraftbar ist,"
einpendeln.
Genug Gas?
Ganz überzeugt schien aber selbst der dlf-Moderator nicht zu sein und fragte nach, was im Falle anhaltender Turbulenzen passiere. Ohne darauf einzugehen, setzte Habeck die Beruhigungsrhetorik einfach fort:
"Das Wichtigste ist erst einmal, dass wir genug Gas haben. Dafür haben wir gesorgt. Dafür haben wir viele Vorbereitungen getroffen und haben Einkäufe getätigt und Unternehmen dazu ermutigt, das zu tun, um genau die Krisensituation nicht existieren oder aufkommen zu lassen. Deswegen ist die Gasversorgung auch sicher."
Die Speicher würden eben wieder gefüllt. Der Kinderbuchautor fügte schließlich noch hinzu:
"Wir werden mittelfristig den Hochlauf von Wasserstoff und auch den Einkauf von LNG befördern",
ohne gefragt zu werden oder zu erklären, was denn ein "Hochlauf von Wasserstoff" bedeutet und was es mit dem "Einkauf von LNG" auf sich hat (die umweltschädlichen Folgen dieses Flüssigerdgases aus US-amerikanischer Fracking-Förderung und dessen Seetransports einmal beiseite gelassen).
Gegen den aktuellen Preisanstieg werde man "Entlastung an anderer Stelle schaffen", versprach Habeck, im Ungefähren verbleibend,
"sodass die Belastung, die ja beziffert wird mit ungefähr tausend Euro mehr übers Jahr abgemildert wird an anderer Stelle."
Berlin, nicht Moskau, dreht den Gashahn zu
Auf die Frage, ob Deutschland denn komplett auf russisches Gas verzichten könne, brauchte Habeck eine hörbar lange Denksekunde, bis er frohgemut verkündete:
"Ja, kann es. Aber den Preis haben Sie eben schon angesprochen. Das würde natürlich insgesamt – das würde ja nicht nur Deutschland sein, sondern Europa sein – ein Ausfall am Markt sein, der erst einmal den Preis in die Höhe treibt. Das müsste dann sicherlich noch mal anders, ganz anders kompensiert werden."
Es geht also nur darum, den finanziellen und rechtlichen Rahmen zu schaffen, damit dann teurere Importe von anderen Lieferanten bezogen werden können – und es handelt sich um ein langfristiges Projekt, wie der Minister freimütig gesteht:
"Die Möglichkeiten, dass Deutschland genug Gas bekommt und genug Rohstoffe bekommt, jenseits von russischem Gas und von Importen, sind gegeben, sollten noch verstärkt und ausgeweitet werden. Das sage ich ja seit ein paar Monaten."
Ganz gezielt sollen jahrzehntelange und etablierte Lieferbeziehungen zerstört werden, wenn Habeck fordert, man solle
"jetzt auch nicht das Spiel von Gazprom und von Russland betreiben und zu viel über 'hätte, wenn und aber' spekulieren. Deswegen denke ich, wir haben gute Möglichkeiten, mit den ergriffenen Maßnahmen die Gasversorgung, die Öl- und die Kohleversorgung in Deutschland stabil zu halten. Für die Preise wird es Kompensationsmechanismen geben. Das ist ja alles Menschenwerk."
Politisiertes Genehmigungsverfahren
Schließlich gab der Bundeswirtschaftsminister zu verstehen, dass die Genehmigung ein politischer und kein bloß formaler rechtlicher Akt mehr ist. Einerseits müsse die Bundesnetzagentur prüfen, ob die "wirtschaftlichen Regeln in Europa eingehalten" würden (mit "Europa" meinte Habeck wieder die EU). Demnach dürfe der Inhaber der Leitung nicht der Betreiber der Leitung sein ("Unbundling"). Andererseits müsse der sogenannte "Versorgungssicherheitsbericht", den noch die alte Bundesregierung erstellt hatte und der eine (sicherheits-)politische Bewertung der Leitung sein soll, noch einmal auf den Prüfstand. Zwar sei es "nachvollziehbar, dass mehr Kapazität die Versorgungssicherheit nicht gefährden kann", doch man müsse neu prüfen,
"ob Nord Stream 2, nämlich die Bündelung der gesamten Gaskapazität in der Ostsee, die Versorgungssicherheit von Deutschland und von Europa geostrategisch doch fragiler macht und angreifbarer macht, und das werden wir tun."
Dabei gehe es nicht um ein "Zeitspiel". Dann wurde Habeck überdeutlich, was das Aussetzen des Genehmigungsverfahrens betrifft:
"Die Frage von Sanktionen – das ist jetzt keine Sanktion im klassischen Sinne. Ein politischer Beschluss, dass Nord Stream 2 nicht kommen kann. Ich sage ausdrücklich, das kann immer noch passieren, je nach Entwicklung von dem Krieg zwischen Russland und der Ukraine, und wir müssen da von einem Krieg sprechen."
"Abgestimmt mit den Amerikanern"
Es sei eben kein Spiel auf Zeit, "aber auch keine übertriebene Eile geboten".
Nachdem Habeck über das gesamte Interview den Zusammenhang des Zertifizierungsverfahrens mit der Entwicklung in der Ukraine-Krise hergestellt hatte, leugnete er auf Nachfrage allerdings genau diese Verquickung:
"Am Abend wurde dann das Sanktionspaket der Europäischen Union verkündet, das abgestimmt mit den Amerikanern Personen, Banken und wirtschaftliche Betätigungen betrifft. Das ist ein abgesetzter Vorgang, der auch nicht vermengt werden sollte."
Seine Entscheidung betreffe nur die "Fach- und die Rechtsaufsicht über die Bundesnetzagentur", die zu seinem Amt gehöre.
Auch der Berliner Tagesspiegel kam nicht umhin einzugestehen, dass
"aktuell ... die russischen Rohstoffexporte nicht auf den Sanktionslisten Europas und der USA [stehen]. Zu groß ist die Abhängigkeit. Auch die USA importieren russisches Öl. Fiele diese Quelle weg, würden die Preise für Kraftstoffe steigen."
Doch Abhängigkeit hin oder her, die Marktmechanismen würden bei einem vollständigen Verzicht unweigerlich für steigende Preise sorgen:
"Würde Deutschland und Europa auf russisches Gas verzichten, würden die Preise hier noch einmal enorm steigen."
Es geht also um einen ausgesprochen politischen Preis, den die Bürger für den kompletten Verzicht auf russisches Gas zahlen sollen – ungeachtet aller Kompensationen, die für die absehbare Verteuerung in Aussicht gestellt, aber erst im Nachhinein, wenn überhaupt, gezahlt werden: aus Steuergeldern. Linke Tasche, rechte Tasche. Noch gar nicht eingerechnet sind die steigenden Kosten für die angestrebte "CO₂-neutrale" Klimapolitik, für die Habeck verantwortlich zeichnet.
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