Studie: Diverse Schnelltests weisen Schwächen bei Omikron-Erkennung auf
Am 12. Februar ist die aktualisierte und angepasste Test-Strategie der Bundesregierung ausgehend von den Verordnungen aus dem Bundesgesundheitsministerium in Kraft getreten. Der Einsatz von PCR-Tests soll demnach reduziert und stattdessen auf Antigen-Schnelltests zurückgegriffen werden. Als Begründung wurde angegeben, dass "aufgrund der aktuell stark steigenden Infektionszahlen die Testkapazitäten noch gezielter als bislang eingesetzt" werden sollen. Auf der Webseite des Gesundheitsministeriums heißt es: "So schaffen wir es, das Pandemiegeschehen im Blick zu behalten, vulnerable Gruppen besonders zu schützen und denjenigen Gewissheit zu geben, die mit Antigen-Schnelltest positiv getestet wurden." Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach wird mit den Worten zitiert:
"Auf dem Höhepunkt der Pandemie setzen wir PCR-Tests gezielter ein. Künftig sollen die Tests nur noch gemacht werden, wenn ein positiver Schnelltest vorliegt. Eine rote Warnmeldung auf der App reicht dafür nicht mehr. Wer Gewissheit über eine Infektion benötigt, bekommt sie."
Aufgrund der verordneten 2G+-Regelung in vielen Bereichen der Gesellschaft sind die medizinischen Labore zu Beginn des Jahres an ihre Kapazitätsgrenzen gestoßen. Diskussionen um die Zuverlässigkeit und Aussagekraft von Antigen-Schnelltests gibt es bereits seit Beginn der Corona-Krise. Eine Studie der Ludwig-Maximilians-Universität hat nun die Leistungsfähigkeit von handelsüblichen Antigen-Schnelltests für die Erkennung einer Infektion mit der Omikron- oder der Delta-Variante untersucht. Das Ergebnis zeigt, dass acht von neun der in der Studie verwendeten Antigen-Schnelltests eine Omikron-Infektion schlechter nachwiesen als eine Delta-Infektion.
Der Münchner Virologe Oliver Keppler von der Ludwig-Maximilians-Universität warnte laut der Deutschen Presse Agentur (dpa) davor, dass "niemals ein negatives Ergebnis als Freifahrtschein" angesehen werden sollte. "Gerade in der Omikron-Welle" seien daher weiter Vorsichtsmaßnahmen "wie das Abstandhalten und das Tragen von Masken" wichtig, um andere und sich zu schützen, so der Leiter der Studie. Die Ergebnisse wurden im Fachmagazin Medical Microbiology and Immunology veröffentlicht. Das Magazin wird über den Springer-Verlag publiziert. Im Januar formulierte Keppler gegenüber der dpa seine persönliche Einschätzung zur Omikron-Variante:
"Eine Verharmlosung von Omikron wäre daher fatal, die häufig zu lesende Einordnung als 'mild' halte ich für brandgefährlich. (...) Auch in Deutschland werden wir bald 200.000 bis 400.000 Neuinfektionen am Tag sehen. Das wird ohne Zweifel unsere Normalstationen in den Kliniken stark belasten und den Regelbetrieb einschränken."
In der Studie wurden insgesamt "115 SARS-CoV-2 PCR-negative und 166 SARS-CoV-2 PCR-positive Atemwegstupferproben (101 omicron, 65 delta (B.1.617.2))" untersucht, die zwischen Oktober 2021 und Januar 2022 gesammelt wurden. Die Untersuchungen haben keine falsch positiven Test-Ergebnisse ergeben. Bei der Testempfindlichkeit hätten sich jedoch Probleme gezeigt: "Bei sehr hoher Omikron-Viruslast (mit einem Ct-Wert kleiner 25) schlugen die Schnelltests bei nur 31 bis rund 78 Prozent der Abstrichproben an. Bei mittlerer Viruslast (mit Ct-Werten zwischen 25 und 30) lag die Trefferquote bei Omikron-Infektionen nur bei null bis gut acht Prozent. Delta-Infektionen erkannten bei sehr hoher Viruslast fast alle Tests zu mehr als 70 Prozent. Bei mittlerer Viruslast lag die Trefferquote hier allerdings auch nur noch bei 0 bis 28 Prozent", so die dpa.
In der Einführung der Studie heißt es, dass "die besorgniserregende Variante (VoC) Omikron" die Pandemie "angeheizt" hätte, wobei "die Zahl der Neuinfektionen trotz steigender COVID-19-Impfraten einen historischen Höchststand" erreichte. Ziel der Studie sei es gewesen, neun verschiedene SARS-CoV-2-Schnelltests, die alle "das Nukleokapsidprotein von SARS-CoV-2 nachweisen" würden, hinsichtlich ihrer analytischen Leistung sowohl mit klinischem Atemwegsmaterial als auch mit kultivierten Viren zu vergleichen. Die Studie resümiert mit Blick auf die vorliegenden Ergebnisse:
"Interessanterweise haben epidemiologische Studien des Robert-Koch-Instituts ergeben, dass 67 % der Personen mit einem negativen RAT-Ergebnis (rapid antigen tests) glauben, dass sie für mindestens 48 Stunden nicht infektiös sind, was ihr Verhalten in Bezug auf präventive Hygienemaßnahmen beeinflussen kann. Zum Teil resultiert diese Wahrnehmung aus zu optimistischen Mitteilungen über die Zuverlässigkeit dieser Testklasse."
Die Empfehlung laute daher, dass es "zu einer sofortigen Neubewertung der Leistung von RATs", also Antigen-Schnelltests, kommen sollte. Weiter heißt es:
"Angesichts der ersten internationalen Berichte [...] und der Ergebnisse unserer Studie erscheinen aktuelle Mitteilungen des Paul-Ehrlich-Instituts und des Bundesministeriums für Gesundheit über die scheinbare Zuverlässigkeit von RATs zum Nachweis einer Omikron-Infektion verfrüht."
Damit beziehen sich die Verfasser der Studie auf Äußerungen vom Januar dieses Jahres. In der Augsburger Allgemeinen hieß es am 11. Januar: "Mit den meisten der derzeit gängigen Antigen-Schnelltests lässt sich auch eine Infektion mit der Omikron-Variante des Coronavirus erkennen. Das sagte ein Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) am Montag in Berlin. Demnach gibt es eine Rückmeldung des für die Zulassung von Medikamenten zuständigen Paul-Ehrlich-Instituts (PEI), wonach 80 Prozent der überprüften Schnelltests auch den Omikron-Typ sicher nachgewiesen hätten." Bis Mitte Dezember 2021 hatten durch das PEI nach eigenen Angaben "245 Antigentests eine Evaluierung", also Untersuchung durchlaufen. 199 Tests bestanden die Untersuchung. Die Empfindlichkeit hinsichtlich Omikron wurde allerdings laut der Ärztezeitung dabei noch nicht untersucht. Im Dezember 2021 hieß es vonseiten des PEI zur Gesamteinschätzung:
"Auf der Grundlage der aktuellen Datenlage geht das Paul-Ehrlich-Institut davon aus, dass die allermeisten der in Deutschland angebotenen und positiv bewerteten Antigentests eine Omikron-Infektion nachweisen können."
Die Äußerungen von Gesundheitsminister Lauterbach zu Jahresbeginn hatten eine entsprechende Diskussion angestoßen. In der ARD-Sendung Bericht aus Berlin sagte Lauterbach am 9. Januar: "Wir wissen nicht genau, wie gut diese Tests für Omikron wirken." Deshalb habe er das PEI veranlasst, "eine Positivliste vorzubereiten mit Tests, die für Omikron besonders geeignet sind beziehungsweise Omikron früh erkennen". Seine Ankündigung wurde ergänzt mit dem Hinweis, dass dies "allerdings einige Zeit in Anspruch nehmen würde".
Wie der Bundesgesundheitsminister fordert nun der Virologe Keppler laut dpa, dass "rasch eine kurze Liste mit gut für den Omikron-Nachweis geeigneten Tests veröffentlicht wird – immerhin seien mittlerweile 580 Schnelltests auf dem Markt". Zehn problemlos verfügbare Tests würden seiner Meinung nach hierfür ausreichen. Seine Empfehlung an das BMG und das PEI lautet:
"Die einäugigen unter den blinden Tests für die Erkennung von Omikron müssen nun rasch durch das Paul-Ehrlich-Institut identifiziert und veröffentlicht werden."
Ende Januar sagte Keppler mit Blick auf den Herbst dieses Jahres, dass er davon ausgehe, dass "die Pandemie auch im Herbst noch nicht überwunden sein könnte". Seine Befürchtung: "Basierend auf den Erkenntnissen der letzten zwei Jahre müssen wir aber davon ausgehen, dass Menschen, die sich jetzt mit Omikron infizieren und eine Impfung ablehnen, im Herbst bereits fast keinen Immunschutz gegen eine neue SARS-CoV-2-Variante mehr haben werden."
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